"Spatzen halten sehr viel von der Moderne"
Mit seinem "Vogelhäuschen" kam Frank Altmann in die engere Wahl des Walldorfer Kunstpreises

Offenbar ist eine gefiederte Familie schon eingezogen: Das "Vogelhäuschen" auf dem Lindenplatz ist Frank Altmanns ironischer Beitrag zum Kunstpreis Walldorf. Foto: Pfeifer
Walldorf. (seb) Dem Vogel von heute genügt das gemütlich-rustikale Ambiente traditioneller Vogelhäuser nicht mehr. Es darf schon etwas raffinierter sein, mit Flachdach und kubistischer Kaskadenstruktur, von den Gestaltungselementen her zwar minimalistisch, dabei aber innen geräumig und offen, immer noch aus Holz als Werkstoff der Zukunft, aber mit den klaren Linien und leuchtenden Primärfarben eines Mondrian gestaltet, ganz klar an der Bauhaus-Ästhetik orientiert, dabei aber mit verspieltem Avantgarde-Touch.
Das "Vogelhaus", mit dem Frank Altmann (Foto: privat) in die engere Wahl beim Kunstpreis Walldorf kam, hängt an einem Baum auf dem Lindenplatz, beim Parkplatz eines Discounters. Kaum einem Passanten dürfte es auffallen, schließlich ist man mit Besorgungen beschäftigt. Aber die Vogelwelt hat Notiz genommen, ist offenbar inzwischen ebenso anspruchsvoll wie manch ein Bewohner der Neubaugebiete, in denen würfelförmige Energie-Plus-Häuser das Desiderat sind.

"Ironisch-intellektuell" nennt Walldorfs Kunstbeauftragter Hartmuth Schweizer das Kunstwerk. "Auf witzige Weise nimmt Frank Altmann Bezug auf zeitgenössische Konzepte." Der Untertitel des Werknamens lautet nämlich "Versuchsanordnung, um herauszufinden, was Spatzen von der Moderne halten". Daher sei das Häuschen derart platziert und seine Öffnung so gehalten, dass nur kleinere heimische Vögel es nutzen können. Nachdem eine gefiederte Familie vor Kurzem beim Einzug beobachtet wurde, ist für Schweizer klar: "Spatzen halten sehr viel von der Moderne."
Und bei allem Schmunzeln dürfen ruhig Mühe und Einfallsreichtum gewürdigt werden, die ins Vogelhaus flossen. Sympathisch auch die extreme Zurückhaltung, so Schweizer. Der Gestaltungs-Pomp ist angesichts der geringen Größe des Häuschens gar nicht so pompös. Er steht natürlich im Kontrast zur Funktion, so wie sich manch Akteur oder Werk etwa in der Kunstszene vielleicht weit selbstgefälliger spreizt, als die Substanz rechtfertigt.
Oder anders gedacht: Darf Kunst nicht auch noch im Kleinsten und scheinbar Unwichtigsten gelebt werden? Dürfen originelle, zum Nachdenken anregende, provokante, kritische oder einfach witzige Elemente nicht auch jeden Alltagsmoment bereichern?
Verspielt-hintersinnige Kritik am Popanz der Kunstschaffenden liegt Frank Altmann, 1981 in Villingen-Schwenningen geboren. Das hat er Schweizer zufolge beispielsweise bei seiner Abschlussarbeit an der Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe gezeigt, bei Rektor Ernst Caramelle. Dem schloss sich ein Studium am Centro Nacional de las Artes/ENPEG in Mexiko-Stadt an. Für seine Arbeiten hat Altmann unter anderem das Stipendium Baden-Württemberg erhalten.



