"Modernes Theater" und "Brennessel" öffnen heute wieder
Warum und wie sie das tun, erklärt Betreiber Alfred Speiser im RNZ-Interview

Von Günther Grosch
Weinheim/Hemsbach. Ob echte Filmperlen oder fette Blockbuster, Action- und Animationsfilme, Drama, Fantasy, Science Fiction, Horror, Thriller, Western, Komödie oder Roadmovie: Quer durch alle Filmgenres ist das Kinovergnügen seit Mitte März den Coronaverordnungen zum Opfer gefallen. Die Vorhänge blieben geschlossen. Vorstellungen wurden abgesagt. Die Kinoleinwände blieben fast drei Monate lang dunkel. Bereits fest terminierte Premieren mussten verschoben, die Dreharbeiten für neue Filme unterbrochen werden.
Jetzt können sich die Cineasten und Popcorn-Fans endlich freuen. Denn seit Pfingstmontag dürfen auch in Baden-Württemberg Kinos, Lichtspielhäuser und Filmtheater wieder öffnen. Zum "Re-Start" gibt es allerdings noch viele ungeklärte Fragen. Die RNZ sprach mit Alfred Speiser, dem Betreiber des "Modernen Theaters" in Weinheim und der "Brennessel" in Hemsbach, der ab Donnerstag, 4. Juni, die Filmprojektoren wieder anwirft.
Herr Speiser, sind Sie überrascht oder genervt von der Kurzfristigkeit der Erlaubnis zum Wiedereröffnen? Haben Sie damit bereits zu diesem Zeitpunkt gerechnet?
Baden-Württemberg war ein spezieller Fall. Am Dienstag, 19. Mai, wurde vom Kultusministerium der 1. Juni, also kein normaler Kinostarttag, als Eröffnungsmöglichkeit bekannt gegeben, um sieben Tage später zunächst zurückgenommen und nach der letzten Kabinettssitzung erneut bestätigt zu werden. Auflagen für Kinos sind – Stand 1. Juni – nicht bekannt. Wir verfahren hilfsweise wie die Gastronomie. Meine Skepsis gegenüber der Fähigkeit der Politik, konstruktiv aus dem Lockdown herauszukommen, hat sich mehr als bestätigt. Dass man Kinoeröffnungen zur Ländersache gemacht hat, ist angesichts der Tatsache, dass es Bundesstarts gibt – also kein neuer Film in einem einzelnen Land starten kann – völlig hirnrissig. Diese Vorgehensweise schadet der gesamten Kinolandschaft.
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Hintergrund
Das "Moderne Theater" zeigt von Donnerstag, 4., bis Mittwoch, 10. Juni, täglich die Familienfilme "Trolls 2" (15.30 Uhr), "Onward" (16.15 Uhr) und "Jumanji: The Next Level" (17 Uhr, s. Rubrik "Termine"). Kinder unter zwölf Jahren dürfen nur in Begleitung eines Erwachsenen ist
Das "Moderne Theater" zeigt von Donnerstag, 4., bis Mittwoch, 10. Juni, täglich die Familienfilme "Trolls 2" (15.30 Uhr), "Onward" (16.15 Uhr) und "Jumanji: The Next Level" (17 Uhr, s. Rubrik "Termine"). Kinder unter zwölf Jahren dürfen nur in Begleitung eines Erwachsenen ist Kino. Der Eintritt beträgt fünf Euro pro Person, das "Opening-Package" (mittleres Popcorn und Getränk) kostet ebenfalls fünf Euro.
In der Brennessel gibt es vom 4. bis zum 10. Juni täglich "Emma" (20 Uhr) und "Die perfekte Kandidatin" (20.30 Uhr) zu sehen. Am Samstag und am Sonntag laufen "Die Wiese" (17 Uhr) und "Zu weit weg" (17.30 Uhr). keke
Wie sieht Ihre Planung, soweit Sie das schon sagen können, aus?
Wir starten am Donnerstag, 4. Juni, als normalem Kinostarttag im "Modernen Theater" in Weinheim mit Kindervorstellungen und in der "Brennessel" in Hemsbach mit Abendvorstellungen. Wie es in der Woche ab dem 11. Juni weitergeht, wissen wir heute noch nicht.
Gibt es unterschiedliche Öffnungsszenarien? Werden alle Säle bespielt? Wie sieht es mit den Abstandsvorschriften aus? Lohnt sich in diesem Zusammenhang im Augenblick eine Öffnung überhaupt?
Die Vorstellungen liegen in beiden Kinos mindestens zeitlich weit auseinander. So können sich kommendes und gehendes Publikum nicht begegnen. Durch die Abstandsregel von 1,50 Meter in alle Richtungen verringert sich das Platzangebot um 75 Prozent. Man kann immer nur zu zweit oder alleine sitzen. Wirtschaftlich ist es an sich nicht vertretbar zu öffnen. Eine weiter bestehende Schließung wäre weniger verlustreich. Wir wollen aber unser Versprechen halten, zu öffnen, wenn es wieder erlaubt ist. Wegen fehlender neuer Filme und unverhältnismäßiger Personalkosten bei "Vollbetrieb" beginnen wir aber erst einmal nur mit einer Vorstellung pro Filmsaal.
Wie schnell kommen Sie an neue Filme heran?
Frühestens Mitte Juli wird es fürs Mainstream-Kino wieder einen nennenswerten Neustart geben. In der "Brennessel" ist dies schon Anfang Juli der Fall. Angesichts einer Auslastungsgrenze von 23 Prozent spielt das aber fast schon keine Rolle mehr. Seit Mittwoch geben wir die Programme für die Woche ab dem 4. Juni bekannt. Für die "Brennessel" gibt es am Donnerstag ein "Corona-Notprogramm Juni 2020".

Auf was müssen sich die Kinobesucher einstellen?
Einlass gibt es nur mit Mundschutz, die Gäste müssen 1,50 Meter Abstand voneinander halten. Die Desinfektion ist gesichert. Namenslisten müssen erstellt werden. Die Filme werden, wie gesagt, in gebührendem zeitlichem Abstand voneinander gestartet. Dadurch entstehen keine Warteschlangen. Wer an seinem Platz sitzt, kann die Maske abnehmen. Getränke gibt es in Flaschen, Popcorn wird in zwei fertigen Verpackungseinheiten vorbereitet. Sonstige Süßwaren sind sowieso verpackt.
Mit welchen Gefühlen sehen Sie der Wiedereröffnung entgegen?
Bisherige Wiedereröffnungen in Hessen verzeichneten katastrophale Zahlen. Wir rechnen allerdings mit mehr Gästen wegen der außergewöhnlichen Bindung der Menschen zu unseren Kinos.
Planen Sie wie schon in den Vorjahren auch für diesen Sommer wieder Kino auf der Weinheimer Wachenburg und dem Atrium der Sparkasse Rhein Neckar Nord?
Wir werden im Innenhof der Wachenburg vom 9. bis zum 21. Juni das erste Open-Air-Kino der Saison 2020 im Großraum veranstalten. Leider dürfen wir aber nur 100 Personen hereinlassen, obwohl trotz Gastroauflagen mehr ginge. Auch dabei handelt es sich um eine weitere Regelung, die bar jeder Vernunft ist. Was mit unseren traditionellen Open-Airs passiert, hängt von der Regelungswut unserer Politiker ab. Unter den derzeit geltenden Bedingungen sehen wir dafür keine Chance.



