Jahresrechnung im Gemeinderat

Leimen sonnte sich 2017 in der guten Konjunktur

So viel Gewinn wie noch nie – Die Konzernschulden stiegen dennoch

06.11.2018 UPDATE: 07.11.2018 06:00 Uhr 1 Minute, 23 Sekunden

Die Sanierung der innerstädtischen Georgi-Tiefgarage war 2017 mit rund zwei Millionen Euro einer der Investitionsschwerpunkte. Foto: Alex

Von Thomas Frenzel

Leimen. Es waren glänzende Zahlen, die Oberbürgermeister Hans D. Reinwald und Kämmerer Bernd Veith dem Gemeinderat präsentierten. Es waren die Zahlen von gestern, es war die Jahresrechnung 2017. Es war ein Ergebnis mit noch nie da gewesenen Superlativen: Der Verwaltungshaushalt warf einen Überschuss von 11,29 Millionen Euro ab, die Rücklagen wurden mit 3,41 Millionen gestärkt, Kredite um 3,44 Millionen zurückgeführt und 3,0 Millionen an neuen Krediten weniger aufgenommen als geplant. Doch nicht alles, was glänzt, ist Gold. Darauf verwies Dieter Heinzmann, Leimens oberster Rechnungsprüfer.

Hintergrund

Gemeinderat rät zu Vorsicht

Überschüsse in stolzer Millionenhöhe. Diese weist die Jahresrechnung 2017 aus. Dass diese Zahlenkolonnen im Gemeinderat zum Auftakt der internen Haushaltsberatungen für 2019 präsentiert wurden, war gewiss kein Zufall. Und

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Gemeinderat rät zu Vorsicht

Überschüsse in stolzer Millionenhöhe. Diese weist die Jahresrechnung 2017 aus. Dass diese Zahlenkolonnen im Gemeinderat zum Auftakt der internen Haushaltsberatungen für 2019 präsentiert wurden, war gewiss kein Zufall. Und dies spiegelte sich in den dazugehörigen Wortmeldungen wider.

> Hans D. Reinwald, der Rathauschef, erkannte ganz klar: "2017 haben wir etwas Speck angesetzt." Im Verwaltungsgeschäft seien alle Planansätze der Einnahmenseite übertroffen worden. Die Konsequenz: eine rekordverdächtige Zuführung von 11,3 Millionen an den Vermögenshaushalt. Da dies aber nicht nur auf eigene Verdienste zurückzuführen sei, gelte es weiterhin, vorsichtig nach vorne zu schauen. Gleichzeitig gelte es einen "Hauch von Optimismus zu wagen".

> Richard Bader (CDU) hat ein so gutes Ergebnis wie 2017 in seinen 30 Stadtratsjahren noch nicht erlebt. Die Rückführung der Pro-Kopf-Verschuldung im Kernhaushalt von 1374 auf 1268 Euro nannte er "eine Momentaufnahme". Jedenfalls dürfe sich Leimen von dem herausragenden Jahr 2017 nicht blenden lassen: "Es kommt auch wieder mal anders." Kritisch beäugte er den Bereich der städtischen Wohnungen und deren Mieteinnahmen. Hier werde ein Kostendeckungsgrad von gerade 28 Prozent erzielt - ganz anders als beim Bestattungswesen, das mit einem Kostendeckungsgrad von 84 Prozent "nicht so schlecht" da stehe.

> Peter Sandner (SPD) sah die gute Jahresrechnung 2017 "stark relativiert" von der Zehn-Jahres-Planung und deren Investitionen in Kindergärten, Schulen und Rathausplatz. Selbst wenn die Konjunktur auch weiterhin sprudle, ließen sich alle vorgesehenen Projekt nicht ohne neue Kredite stemmen: "Wir müssen abwägen, was wir uns leisten können." Er verwies auch auf den Schuldenanstieg bei den städtischen Eigenbetrieben wie Wasserwerk oder Abwasserbeseitigung, der von den Bürgern getragen wird: "Die Schulden fließen direkt in die Gebühren."

> Ralf Frühwirt (GALL) sah so gut wie keine eigenen positiven Beiträge bei den erfreulichen 2017er Zahlen: Die eine Hälfte der guten Zuführung sei Einmaleffekten auch bei der Gewerbesteuer geschuldet, die andere Hälfte der guten Konjunktur. Umso dringlicher gelte es, sich um die Ausgaben zu kümmern. Und: Die steigenden Konzernschulden müssen genauso im Blick behalten werden wie die außerplanmäßigen Mehrausgaben unter anderem bei den Festen und Märkten. Andernfalls bleibe dem Gemeinderat nichts anderes mehr übrig als "abzunicken, was er eh nicht mehr ändern kann".

> Rudolf Woesch (FW) sah - anders als Frühwirt - durchaus einen Anlass "einmal happy zu sein", wenngleich mit Maß und Vorbehalt beim Blick in die Zukunft. Schlicht "sensationell" nannte er die 2017 erzielte Zuführung an den Vermögenshaushalt, zumal die Ausgangslage für das vergangene Jahr doch "sehr beschissen" ausgesehen habe.

> Klaus Feuchter (FDP) hielt es für nötig, "Salz in die Suppe zu streuen". Die Konzernschulden der Stadt beliefen sich auf über 3000 Euro pro Kopf, trotz Mehreinnahmen seien diese Schulden gestiegen. Das einmalige Plus bei der Gewerbesteuer dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Zahl der Gewerbesteuerzahler nicht steige. Für die diskutierten Investitionen der kommenden Jahre gelte es zu bedenken, dass die städtische Bauverwaltung - wie 2017 bewiesen - gar nicht in der Lage sei, mehr als ein Volumen von acht Millionen pro Jahr zu verbauen. (fre) 

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Der Haushalt fürs laufende Geschäft, der Verwaltungshaushalt, schloss 2017 mit 65,46 Millionen Euro ab; das sind über 7,56 Millionen mehr, als im Planansatz vermerkt waren. Zu verdanken war dies vor allem der guten Konjunktur. Sie ließ auch für Leimen die Steueranteile sprudeln und dazu die Gewerbesteuer. Unterm Strich gab es Veith zufolge 7,5 Millionen an Mehreinnahmen und 3,7 Millionen an Minderausgaben.

Freilich: Einmaleffekte spielten hier eine große Rolle, wie auch Rechnungsprüfer Heinzmann anmerkte. Durch einen vom Regierungspräsidium gerügten Buchungsfehler schlägt der Verlustausgleich für den Bäderpark mit 1,9 Millionen erst im Folgejahr - sprich: 2018 - zu Buche. Und die im letzten Quartal 2017 um gut 2,95 auf 8,95 Millionen gesprungene Gewerbesteuer wird sich so schnell nicht mehr wiederholen.

Wie dem auch sei: Nach Worten des Kämmerers konnten 2017 im städtischen Kernhaushalt die Schulden um 2,4 auf 34,5 Millionen Euro zurückgeführt werden. Und die Rücklagen kletterten gleichzeitig auf 7,5 Millionen Euro.

Dabei wurde dennoch ganz ordentlich investiert, wenngleich weniger als ursprünglich vorgesehen: In Baumaßnahmen flossen 8,08 Millionen Euro, ein Minus gegenüber dem Planansatz von 1,66 Millionen. Zu den - in den Zahlenkolonnen der Jahresrechnung vermerkten, aber deshalb nicht zwingend schon realisierten - Großprojekten zählten unter anderem die Sanierung der Georgi-Tiefgarage in Leimen-Mitte, der Ausbau der Geschwister-Scholl-Schule in St. Ilgen, das neue Rathaus und die Turmschule. Alles in allem belief sich der Vermögenshaushalt auf 15,62 Millionen Euro.

Dass bei so viel "Sonne auch Schatten bleiben", merkte Rechnungsamtschef Heinzmann an: Derweil 2017 die Schulden im städtischen Kernhaushalt gesunken seien, waren sie beim "Konzern Stadt" - also inklusive der diversen Eigenbetriebe - auf über 80 Millionen gestiegen. Und die zum Jahresende 2017 erfolgte Stärkung der Rücklagen sei bitter nötig gewesen: Schon im laufenden Jahr 2018 würden sie schon wieder halbiert.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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