Viele Investitionen prägen den Haushalt 2022
Der Gemeinderat verabschiedete das Zahlenwerk einstimmig. Die GLH- und SPD-Räte wollen ihr Sitzungsgeld für den Kulturparkett-Beitritt spenden.

Von Annette Steininger
Hirschberg. Gemeinderäte wie Besucher fanden am Dienstag erstmals ein übersichtliches, schickes Leporello zum Haushalt auf ihren Plätzen vor. Nicht zuletzt deshalb hörten Kämmerin Claudia Keil und ihr Team an diesem Abend viel Lob. Auch wenn es, gerade durch die kritischen Stellungnahmen von Grüner Liste Hirschberg und SPD zunächst nicht so aussah, stimmte das Gremium dem Haushaltsplan 2022 einstimmig zu.
Keil hatte zuvor noch einmal die Eckdaten und die Veränderungen gegenüber dem Entwurf erläutert. So wies sie unter anderem auf die positive Entwicklung hin: Der Gewerbesteueransatz konnte um 900.000 Euro auf 4,4 Millionen Euro erhöht werden und verbessert dadurch das Ergebnis. Sie machte aber auch deutlich, dass man nie weiß, wie sich diese Einnahmen entwickeln und dass sie sich auf die Folgejahre auswirken, beispielsweise bei den Schlüsselzuweisungen. "Wir wollen hier auf Sicht fahren." Größter Einnahmeposten bei den Steuern bleibt der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer mit 7,6 Millionen Euro.
Hintergrund
> Geplantes Haushaltsvolumen: rund 36 Millionen Euro.
> Geplante Kreditaufnahme: vier Millionen Euro.
> Voraussichtlicher Schuldenstand: (31. Dezember 2022) 8,3 Millionen Euro; pro Kopf 846 Euro. (1. Januar 2022: 4,6 Millionen Euro, 466 Euro pro
> Geplantes Haushaltsvolumen: rund 36 Millionen Euro.
> Geplante Kreditaufnahme: vier Millionen Euro.
> Voraussichtlicher Schuldenstand: (31. Dezember 2022) 8,3 Millionen Euro; pro Kopf 846 Euro. (1. Januar 2022: 4,6 Millionen Euro, 466 Euro pro Kopf).
> Größte Einnahmeposten bei den Steuern: Gemeindeanteil an der Einkommensteuer: 7,6 Millionen Euro; Gewerbesteuer: 4,4 Millionen Euro.
> Für Baumaßnahmen sind 9,6 Millionen Euro (Vorjahr: 6,5 Millionen) eingeplant. Darin enthalten sind unter anderem: Neubau Kindergarten "Storchennest" 3,1 Millionen Euro, Sanierung der Heinrich-Beck-Halle 1,8 Millionen Euro, Umstellung Straßenbeleuchtung auf LED, 709.000 Euro, Baumaßnahme Sportzentrum 550.000 Euro, Sanierung Haus "Am Mühlgraben 3" – Fachwerk 355.000 Euro, Straßenbau Hauptstraße zwischen Fenchel- und Raiffeisenstraße 407.000 Euro, Kanalsanierung Hauptstraße zwischen Fenchel- und Raiffeisenstraße 420.000 Euro, Parkplatz Rathaus 278.400 Euro, Kanal – Inlinersanierung 275.000 Euro, Baumaßnahme Feldwege 260.000 Euro, Anbau Trainingshalle und Mehrzweckraum Sachsenhalle 200.000 Euro, zweigleisiger Ausbau kommunale Anteile 190.000 Euro. (ans)
Solche Einnahmen sind auch dringend nötig angesichts von Investitionen von 11,5 Millionen Euro, allein 9,7 Millionen Euro davon für Baumaßnahmen. Eine Kreditaufnahme in Höhe von 4,4 Millionen Euro ist eingeplant, wobei es sich dabei lediglich um eine Ermächtigungsgrundlage handele, erläuterte Keil. "Von einer tatsächlichen Neuverschuldung kann man aber erst am Ende des Jahres reden", betonte die Kämmerin.
In den darauf folgenden Stellungnahmen zeigten sich die Fraktionen zumindest dahingehend einig, dass der Haushalt einige Sanierungs- und Bauprojekte beinhaltet, die auch dringend notwendig sind. Allerdings sah es dann in der Gesamtbewertung teilweise anders aus: Während Oliver Reisig (FDP) beispielsweise drauf hinwies, dass man das Geld "nicht in unnötigen Luxus, sondern ausschließlich in den Erhalt der kommunalen Infrastruktur" investiert, sah Claudia Helmes (GLH) doch einige "schwer nachvollziehbare" freiwillige Projekte.
Sie und Thomas Scholz (SPD) monierten das zu geringe Engagement der Gemeinde in Sachen Klimaschutz und zeigten sich enttäuscht von den abschlägig beschiedenen Haushaltsanträgen wie auch demjenigen für den Beitritt zum Kulturparkett Rhein-Neckar, durch den Bedürftige einen kostenlosen Zugang zu einigen Veranstaltungen erhielten. Für den ersten kommunalen Mitgliedsbeitrag bieten die Räte der beiden Fraktionen nun an, ihre Sitzungsgelder zu spenden. Scholz wunderte sich rückblickend einmal mehr: "Wie kann man so einen Antrag ablehnen? Wie kann man sich wundern, wenn wir dann von sozialer Kälte sprechen?"
Überhaupt gab es einige Wort-Scharmützel zwischen dem "bürgerlichen Lager" aus FW, CDU und FDP sowie demjenigen aus GLH und SPD. Dabei zeichnete sich auch ab, dass das geplante Neubaugebiet an sich und die Debatte um den Anteil an bezahlbarem Wohnraum die Grabenkämpfe erneut verstärken könnte. Thomas Götz (CDU) jedenfalls betonte, dass es "um die nachhaltige Steigerung unserer Einkommensteuer geht". Überhaupt hielt er das Steigern von Steuereinnahmen für unerlässlich.
Den Freien Wählern sei es wichtig, möglichst viele der geplanten, aber insbesondere bereits begonnen, Maßnahmen umzusetzen, betonte Alexander May. Weil die Gemeinde nach wie vor finanziell auf soliden Beinen stehe, "sollten wir optimistisch und voller Tatendrang in die Zukunft blicken".
CDU: Hirschberg ist ertragsstark
In der Wirtschaft würde man sagen: "Hirschberg ist ertragsstark", bilanzierte CDU-Haushaltsredner Thomas Götz. Angesichts der Aufwendungen sah er es aber als erforderlich an, "dass der Haushalt im Sinne von nachhaltig besseren Ergebnissen in den nächsten Jahren nur über steigende Steuereinnahmen gestaltet werden kann". Wie dies geschehen soll, erläuterte er ebenfalls: durch die beschlossene Erweiterung des Gewerbeparks und mittels eines Neubaugebiets. Letzteres hält die CDU auch für erforderlich, damit junge Familien durch ihren Zuzug einer Überalterung entgegenwirken. Die von der Verwaltung als unabdingbar gesehene Bedarfs- und Wirtschaftsanalyse hält sie nicht für notwendig. "Der Bedarf ist da, das weiß jeder." Dafür plädiert die CDU aber für eine Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsrichtlinie hin zu mehr Flexibilität. Dies im Hinblick auf den aktuell relativ hohen Sanierungsstau, den Hirschberg nach und nach abbaut.
Götz machte in seiner Rede auch seinem Unmut über die Haushaltsanträge von GLH und SPD Luft. So hätte die CDU im Hinblick auf die zahlreichen Projekte und die dadurch bedingte hohe Belastung der Verwaltung nur drei Anträge mit Einsparungen von 100.000 Euro gestellt. GLH und SPD hätten zehn Anträge gestellt, teils mit seitenweise Begründungen. Davon seien die meisten Themen schon auf dem Weg, würden nicht zu Einsparungen führen oder seien untauglich für Haushaltsberatungen. Auch machte er in Bezug auf die ablehnende oder kritische Haltung von GLH und SPD gegenüber Gewerbepark und Neubaugebiet deutlich: "Wenn ich kein Geld habe, das ich einsetzen kann, werden die Kosten für Umwelt- und Klimaschutz noch viel größer."
SPD: Verzug bei Zukunftsthemen
Die SPD sei mit vielen Entscheidungen der Gemeinderatsmehrheit bei den Haushaltsberatungen "ausdrücklich nicht einverstanden", betonte Fraktionsvorsitzender Thomas Scholz. Dennoch stimmte sie "zähneknirschend" und "nach langer Überlegung" dem Haushalt 2022 zu. Aus Sicht der Sozialdemokraten gerät Hirschberg bei zentralen Zukunftsthemen wie dem Umwelt- und Klimaschutz in Verzug. Und die Gemeinde bleibe in wichtigen Bereichen hinter ihren Möglichkeiten zurück.
Während Scholz die Kommune beim Abbau des Sanierungsstaus generell auf einem guten Weg sah, ärgerte er sich über die Ablehnung des SPD- und GLH-Antrags, Gelder für die Sanierung der Alten Villa einzustellen. So könne man zwar argumentieren, dass Weiteres aus Kapazitäts- und Kostengründen nicht angegangen werden könne. "Aber wenn es niemanden kümmert, dass sich Aufwand und Kosten eines speziellen Parkplatzes verdreifachen und wenn urplötzlich Beachfelder und Pumptracks im Haushalt auftauchen, wenn dann ganz plötzlich auf die Schnelle noch eine Traglufthalle gefordert wird", so Scholz, "dann muss es auch möglich sein, dass wir, die SPD und die GLH die dringende Sanierungsbedürftigkeit eines denkmalgeschützten, historischen und ortsbildprägenden Gebäudes wie der Alten Villa zur Sprache bringen". Ein nachträgliches Kopfschütteln auch zur Ablehnung der Gelder für Sanierungen der Parkplätze und für den Beitritt zum Kulturparkett Rhein-Neckar. Hier wollen nun GLH- und SPD-Fraktion das Mitgliedsgeld für das erste Jahr spenden. Auch die von der Mehrheit abgelehnten Klimaschutzanträge kritisierte Scholz: "Hirschberg stagniert bei den wesentlichen Kennzahlen seit vielen Jahren."
FDP: Haushalt ist richtungsweisend
"Wir stehen vor einem richtungsweisenden Haushalt", fand FDP-Fraktionsvorsitzender Oliver Reisig. Er hoffte darauf, dass sich die wirtschaftliche Situation nun verbessert und die künftigen Haushalte nicht mehr von so großer Unsicherheit geprägt seien. Den jetzigen wertete er als "wieder sehr konservativ" geplant, was er lobte. "Die Liste der notwendigen Ausgaben ist lang." Reisig sprach von einer "historisch hohen Investitionstätigkeit der Gemeinde". Angesichts der Kritik von GLH und SPD, dass zu wenig für den Klimaschutz getan würde, fand der Liberale deutliche Worte und warf "der grünen Einheitsfraktion" vor, Nebelkerzen zu zünden. "Denn bei allen berechtigten und notwendigen Anstrengungen, die wir in diesem Bereich leisten müssen, muss das Ganze auch irgendwie finanziert werden. Und hier haben wir in den letzten Jahren sehr wenig aus der grün-roten Ecke gehört."
Reisig verwies auf "die komplett richtige Entscheidung", den Gewerbepark durch eine Erweiterung zu stärken. "Ohne die Einnahmequelle Gewerbesteuer könnten wir den Investitionsplan der nächsten Jahre kaum stemmen." Die Liberalen hätten als einzige bewusst darauf verzichtet, ausgabensteigernde Anträge zu stellen. So seien die Eckpfeiler für die nächsten Jahre eh schon gesetzt. Dass nun der Zugang zum Friedhof Großsachsen von der RNV-Haltestelle Süd aus angegangen werden soll, hält die FDP angesichts der explodierenden Baupreise derzeit nicht für das richtige Signal. Dagegen freuen sich die Liberalen aber, dass für "ihr Herzensthema" Digitalisierung 50.000 Euro eingeplant sind. Die FDP wünscht sich, dass 2022 der Grundstein gelegt wird, damit Bürger künftig einfache Bescheinigungen online beantragen können.
GLH: Engagierter Klimaschutz fehlt
Die Grüne Liste Hirschberg sieht im Haushaltsplan einige für sie "schwer nachvollziehbare teure, gerade auch freiwillige Projekte", betonte Haushaltsrednerin Claudia Helmes. "Dagegen vermissen wir den Willen, eine engagierte Klimaschutzpolitik und die Auflösung des Sanierungsstaus ambitionierter anzugehen." Helmes machte deutlich, dass Klimaschutz keine Bürde, sondern eine Investition in die Zukunft sei. Hinsichtlich der von der Mehrheit abgelehnten Klimaschutz-Anträge appellierte sie: "Wenn wir die vorgegebenen Ziele erreichen wollen, wie sie Bund, Land und Kreis einfordern, müssen wir uns weit ambitioniertere Ziele setzen."
Hinsichtlich des von den Freien Wählern kritisierten "GLH-Wunschkonzertes" erinnerte sie an den erfolgreichen FW-Antrag zur Traglufthalle mit möglichen Kaufkosten von 150.000 Euro und 30.000 Euro für den jährlichen Unterhalt. "Ein hoher Betrag für einen Vorschlag, von dem noch nicht einmal klar ist, ob er benötigt wird", urteilte Helmes. Und machte klar: "Das Wunschkonzert von GLH und SPD mit dem Kulturparkett Rhein-Neckar wäre uns billiger gekommen." Mit 1470,75 Euro hätte man Menschen mit geringem Einkommen die kostenlose Teilhabe an Kultur in der Region ermöglicht. Daher würden die beiden Fraktionen anbieten, den ersten kommunalen Mitgliedsbeitrag von den Sitzungsgeldern zur Verfügung zu stellen.
Zum Haushalt allgemein meinte Helmes, dass die Gemeinde am Ende des Jahres besser dastehe als gedacht. "Dass wir noch einmal glimpflich davongekommen sind, haben wir nicht unserer politischen Intelligenz zu verdanken." Die Landesregierung habe die Gemeinde in Coronazeiten nicht im Stich gelassen.
FW: Finanziell auf soliden Beinen
Der Haushaltsredner der Freien Wähler, Alexander May, sieht Hirschberg nach wie vor finanziell auf soliden Beinen stehen. "Der Neuverschuldung durch die Aufnahme von Fremdmitteln, was nach wie vor zu günstigen Konditionen möglich ist, stehen neu entstehende Sachwerte gegenüber." May zählte auch die vielen Investitionen vor allem in Sanierungen auf und betonte: "Mehr geht aber im Moment nicht." Das sollten auch GLH und SPD verstehen.
Die Freien Wähler freuten sich darüber, dass sie mit ihrer Prognose, die Gewerbesteuereinnahmen seien sehr vorsichtig eingeplant gewesen, Recht behielten. "Dass wir uns auch in den schwierigen Zeiten, wie wir sie in den vergangenen zwei Jahren erlebt haben, auf die Gewerbesteuer verlassen können, zeigt die Qualität unserer Betriebe. Diesen können wir nach der Entscheidung der Bürgerschaft im Frühjahr 2021 zum Glück eine Perspektive bieten."
May ging auch auf den positiv beschiedenen FW-Antrag zur Traglufthalle ein. Hier würden sie sich für eine baldige Diskussion im Ausschuss einsetzen – mit dem Ziel, im Herbst eine zusätzliche Trainingsmöglichkeit zu bekommen, "die den seit langen Jahren bestehenden Engpass schon vor der Erweiterung der Sachsen- halle in 2024 reduziert". Auch begrüßen die FW die 100 00 Euro, die nach Abzug der Subventionen, für eine Pumptrack-Anlage vorgesehen sind. Hier werde Geld in eine Altersgruppe investiert, die vielleicht in den vergangenen Jahren etwas vernachlässigt worden sei. Kritisch sah May trotz der unterstützenswerten Arbeit den Kostenanstieg bei ÖPNV, Musikschule und VHS. Es sei begrüßenswert, wenn die Einrichtungen diesen verlangsamen könnten, um die Kommunen zu entlasten.