Sportvereine wollen die dritte Halle
SGL-Vorsitzender Kanzler und TVG-Vorsitzender Fleckenstein im RNZ-Interview über eine dritte Halle und die Machbarkeitsstudie

Sowohl Sachsenhalle als auch Heinrich-Beck-Halle sind ausgelastet, sagen Rüdiger Kanzler (li.) und Marco Fleckenstein. Foto: Kreutzer
Von Annette Steininger
Hirschberg. Sie sind die Vorsitzenden der größten Hirschberger Vereine: Marco Fleckenstein (37) für den Turnverein "Germania" Großsachsen (1300 Mitglieder) und Rüdiger Kanzler (52) für die Sportgemeinde Leutershausen (1200 Mitglieder). Die TVG- und SGL-Chefs eint ein Wunsch: nach einer dritten Sporthalle. Im Interview äußern sie sich zur Machbarkeitsstudie für die Hallen. Sie erklären auch, wo sie den idealen Standort für eine weitere Halle sehen.
Herr Fleckenstein, Herr Kanzler, Sie sitzen hier vereint beisammen: Bilden TVG und SGL auch mit Ihrer Meinung zu einer dritten Halle eine Einheit?
Fleckenstein: Dritte Halle hört sich prinzipiell schon mal gut an (schmunzelt). Welcher Verein möchte denn weniger Kapazitäten?
Kanzler: So ist es. Es ist jetzt Spitz auf Knopf.
Hintergrund
> Die Hallen-Machbarkeitsstudie: Das Planungsbüro Kopp-Architekten hat dem Gemeinderat am 5. Februar die verschiedenen Möglichkeiten vorgestellt.
> Als nächster Schritt soll eine Kommission gebildet werden, die realistische
> Die Hallen-Machbarkeitsstudie: Das Planungsbüro Kopp-Architekten hat dem Gemeinderat am 5. Februar die verschiedenen Möglichkeiten vorgestellt.
> Als nächster Schritt soll eine Kommission gebildet werden, die realistische Vorschläge zur Umsetzung ausarbeitet. Sobald die Gemeinde vom Bund einen Bescheid über den Förderantrag zum Hallenanbau an die Sachsenhalle erhalten hat, will sie "schnellstmöglich" diese Kommission einladen. In einer ersten Sitzung wird es laut Hauptamtsleiter Ralf Gänshirt darum gehen, alle Ehrenamtlichen auf eine Informationsbasis zu bringen, um dann darauf aufbauend in die Diskussion einzusteigen. ans
Ist es beim TVG auch "Spitz auf Knopf"?
Fleckenstein: Wir können nur das nutzen, was da ist. Die Halle ist, sei es jetzt bei uns in Großsachsen oder sei es in Leutershausen, von 17 bis 21 Uhr voll. Wir haben den "Sterzwinkel" als Neubaugebiet noch dazubekommen, in das vor allem junge Familie ziehen. Da sehe ich beim Kinderturnen und allgemein beim Nachwuchs eine Welle auf uns zukommen. Und wir können nur das anbieten, was wir haben. Wenn das Angebot aber immer geringer wird, wird der Ort auch immer unattraktiver.
Mussten denn schon Abstriche beim Angebot gemacht werden?
Kanzler: Ja, wir mussten schon Kinder beim Kinderturnen abweisen, weil die kleine Turnhalle der Martin-Stöhr-Schule schon voll war. Das ist schon traurig.
Fleckenstein: Die Situation hatten wir zum Glück noch nicht, aber wir haben eben nur das Sportangebot, das wir seit Jahren haben. Trendsportarten oder auch "ganz normale Geschichten" wie Basketball oder auch Volleyball können wir nicht anbieten. Wir haben schlichtweg nicht die Kapazitäten. Die Raumsituation lässt einfach nicht mehr zu. Jetzt könnten Menschen auch sagen: Warum baut der Verein nicht einfach selbst?
Eine interessante Frage ...
Fleckenstein: Das ist unmöglich. Wir haben natürlich mal Hirngespinste gemacht. Es ist aber eine ganz einfache Rechnung, und nach einer Minute ist der Spaß vorbei. Das ist in der heutigen Zeit einfach nicht mehr möglich. Da müssten wir vom Mitgliedsbeitrag in ganz andere Sphären, was meiner Meinung nach die falsche Entwicklung wäre. Es müsste sich dann komplett in die Richtung kommerzieller Sportklub oder Fitnessstudio bewegen und weg von einem normalen Verein entwickeln.
Kanzler: Wir sind eigentlich bei der Gemeinde gut aufgehoben, da will ich nicht rummakeln.
Sie sind vereint, was Ihren Wunsch nach einer dritten Halle angeht, sind Sie es denn auch beim Standort?
Fleckenstein: Da bin ich völlig emotionslos. Ich nehme, was wir bekommen können. Jede zusätzliche Kapazität, egal ob in Leutershausen oder Großsachsen, wäre mir willkommen.
Kanzler: Für mich wäre der ideale Standort das Sportzentrum. Das habe ich auch dem Gemeinderat so gesagt. Park-, Lärm- und Anwohnersituation sind an der Heinrich-Beck-Halle kritisch. Wenn Spiel ist, dann ist hier alles zugeparkt. Ginge man an einen Standort außerhalb, fielen diese Probleme weg. Klar, bei der Vorstellung der Machbarkeitsstudie für die Hallen wurde auch gesagt: Ohne Geländekauf geht ein Standort rund ums Sportzentrum nicht. Das sollte man sich aber nochmals genau ansehen. Da ist die Hallenkommission gefragt.
Fleckenstein: Ich bin kein Freund vom Sportzentrum.
Warum?
Fleckenstein: Ich mag einfach die Situation, dass die Hallen bei den Schulen sind. Kurze Wege für die Kinder. Wir nehmen uns sonst auch was vom Charme des Ortes. Klar, ich weiß, bei euch (zu Kanzler) ist die Parksituation schwierig.
Kanzler: Wenn bei euch Spiel ist, ist die aber auch nicht so toll.
Fleckenstein: Das stimmt, aber das nehme ich in Kauf. Der Hauptsinn und -zweck der Halle ist meiner Meinung nach ein anderer: eben Sport, Breitensport. Und das gehört in den Ort rein. Das wäre sonst wie in den Städten: Man schiebt alles nach außen, und innen wird nur noch gewohnt. Und ich sehe Folgekosten, die nicht in der Studie enthalten sind: Die Kinder müssten dann ja runter ins Sportzentrum gebracht werden.
Kanzler: Müssten sie nicht. Die anderen zwei Hallen sind ja weiter existent. Es geht ja nur um eine Trainingshalle.
Fleckenstein: Ob das dann aber wirklich so praktiziert wird?
Die Gemeinde hat ja aber schon einen Förderantrag beim Bund für einen Anbau an die Sachsenhalle gestellt. Ist damit die Standortfrage aus Ihrer Sicht schon entschieden?
Fleckenstein: Da habe ich keine Meinung zu. Dafür stecke ich zu wenig in der Lokalpolitik. Das müssen die Leute beantworten, die dieses Spiel spielen.
Kanzler: Wenn Fördermittel fließen und wenn Bautätigkeit kommt, dann hätten wir nichts gegen einen Anbau an der Sachsenhalle.
Aber das wäre dann ja sicher das Aus für eine Halle im Bereich des Sportzentrums?
Kanzler: Ich würde nie nie sagen (lacht).
Fleckenstein: Es ist doch einfach wichtig, dass etwas passiert.
Kanzler: Das meine ich auch.
Fleckenstein: Das Schlimmste, was uns passieren könnte, wäre, dass die Hallen irgendwann gesperrt werden, weil sie baufällig sind. Dann geht überhaupt nichts mehr.
Der Sanierungsbedarf der Heinrich-Beck-Halle fällt laut Studie mit 2,2 Millionen Euro deutlich höher als derjenige der Sachsenhalle aus, der mit 900.000 Euro aber auch nicht gering ist. Wie sehr merken das die Nutzer Ihrer Vereine?
Kanzler: Die motzen rum, jeden Tag.
Fleckenstein: Es ist kein Luxus.
Kanzler: Für Renovierungen wird in der Gemeinde zu wenig gemacht. Da wird in der Schule für Millionen-Beträge einiges getan, der evangelische Kindergarten wird neu gebaut und vor einigen Jahren war es das Hilfeleistungszentrum. Aber für Ausbesserungen macht man definitiv zu wenig. Hätten wir einen handballbegeisterten Bürgermeister, hätte sich bei den Hallen längst was getan.
Was bemängeln denn die Nutzer konkret?
Kanzler: Bei uns im Wirtschaftsraum gibt es zwar seit Oktober eine neue Theke, aber die Kühlung ist kaputt, und der Handwerker kommt nicht in die Puschen. Die Sanitäranlagen sind in keinem guten Zustand. Der Unterbau der Tribüne gehört auch mal aufgefrischt. Und die Turnmatten sind teilweise 40 Jahre alt. Neue Trainingsmaterialien würden allen guttun. Ist längst überfällig.
Fleckenstein. Vordergründig schaut die Sachsenhalle noch halbwegs gut aus, aber wenn man energetisch da rangeht, das ist ein Energiegrab. Die klimatischen Bedingungen im Sommer erschweren die Ausübung des Sportes. Schwierig sind auch die fehlenden Lagermöglichkei- ten.
Und was für Probleme gibt es noch?
Kanzler: Es gibt Probleme mit dem Harz (Anm. d. Red.: Handballer nutzen Harz, um den Ball griffiger zu machen und die Ballkontrolle zu erhöhen).
Fleckenstein: Oh ja, die Probleme mit dem Harz kennen wir auch. Da klebt der Boden, worüber sich Tischtennis- oder Badminton-Spieler nicht unbedingt freuen. Aber ich muss mal eine Lanze für die Handballer brechen. Seit Thomas Zahn neuer sportlicher Leiter der Ersten Handballmannschaft ist, ist es deutlich besser geworden.
Kanzler: Wir haben extra dafür eine Stelle geschaffen. Der Reinigungsdienst ist da hinterher, dass nicht mehr alles voller Harz ist. Schließlich sind wir dem Breitensport auch was schuldig.
Was sollte aus Ihrer Sicht von den Sanierungen möglichst schnell angegangen werden?
Fleckenstein: Vom Zustand seid ihr (blickt zu Kanzler) als Erstes dran.
Kanzler: In jeder Ecke der Beck-Halle muss was gemacht werden. Der Hallen-Boden wäre dringend, der ist nämlich teilweise nicht mehr putzbar. Die Schutzschicht ist schon aufgebraucht. Das geht aber nur, wenn wir eine Ausweichmöglichkeit haben.
Die erforderlichen Sanierungsarbeiten sind ja Teil der Machbarkeitsstudie, die nun vorliegt. Wie stark waren Sie selbst dabei involviert und was war Ihren Vereinen dabei wichtig?
Fleckenstein: Wir sind im Vorfeld nach dem Bedarf gefragt worden. Es war aber schon vorher jedem, der bis drei zählen kann, klar, dass wir eine dritte Halle brauchen. Ich habe gesagt: Eine dritte Halle kriege ich locker alleine voll. (zu Kanzler:) Ihr ja auch!
Kanzler: Stimmt. Wir haben schon die Handball-A- und -B-Jugend teilweise nach Heddesheim ausgelagert. Teilweise werden auch Spieler abgeworben, weil die Situation hier nicht ideal ist. Wir sind einfach Oberlippe - Unterkante hier. So habe ich das auch der Gemeinde gesagt. Wir haben als schönes Beispiel für eine gelungene Halle die "Harres"-Großsporthalle in St. Leon-Rot ins Spiel gebracht. Und diese Möglichkeit ist ja auch in die Studie eingeflossen.
Gab es bei den Ergebnissen etwas, das Sie überrascht hat?
Fleckenstein: Ja, das breite Spektrum.
Kanzler: Dass es so umfangreich wird, hätte ich nicht erwartet. Und dass das Maximum kalkuliert worden ist. Ich habe keinen Sponsor an der Hand, aber durchaus mal darüber nachgedacht, ob man nicht einfach die Firma Goldbeck fragt. Dann wäre vielleicht eine Goldbeck-Halle direkt an der Autobahn mit angegliedertem Trainingszentrum und Gastronomie plus Bürgerhaus denkbar. So hätten wir mal ein richtiges Prestigeobjekt für Hirschberg.
Sie haben das Thema "Sponsoren" angesprochen. Wäre das nicht ein denkbarer Weg?
Kanzler: Ja, das habe ich schon ins Spiel gebracht, aber es muss halt ein Sponsor auch da sein.
Fleckenstein: Ich bin da eher pessimistisch. Wenn Sie hören, was so ein Stadion-Sponsoring in der Ersten Bundesliga bringt, dann stehen aber immer noch 18 Millionen von 25 Millionen Euro da, die erwirtschaftet werden müssen. Wenn sich aber ein Sponsor derart einbringen wollen würde, wären wir mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn wir uns dagegen wehren würden. Aber ich glaube es nicht; da fehlt mir schlicht die Fantasie dafür.
Ihnen nicht, Herr Kanzler, oder?
Kanzler: Es gibt hier ja auch Firmen, die Kulturveranstaltungen anbieten, die eine solche Halle dann nutzen könnten.
Fleckenstein: Aber es muss ja auch wirtschaftlich genutzt werden. Und da ist die Region mit den kulturellen Angeboten ziemlich stark. Es wirtschaftlich zum Erfolg zu führen, wäre zwar machbar, aber schwierig. Es wäre eine weitere große Herausforderung für die Gemeinde. Ebenso gehe ich davon aus, dass in diesem Jahr sich erst einmal wenig passieren wird, da wir ja einen Bürgermeisterwechsel haben werden.
Apropos Herausforderung: Um die Lizenzauflagen für die Zweite Liga zu erfüllen, müssten noch einmal 300.000 Euro in die Heinrich-Beck-Halle investiert werden. Träumt man da angesichts der Kostenhöhe dennoch den Traum Zweite Liga weiter?
Fleckenstein: Als Sportler ist man immer dazu geneigt, nach oben zu streben. Macht man das nicht, sollte man aufhören. Wirtschaftlich ist das eine ganze Frage. Wir wären jetzt erst mal froh, wenn wir die Dritte Liga halten könnten.
Kanzler: Wenn man die Hallen saniert, sollte man es gleich richtig machen.
Wir träumen jetzt mal weiter: Wie würde denn Ihre perfekte dritte Halle aussehen, mal ganz unabhängig von den Kosten, die sich ja auf 24,3 Millionen Euro für die "größte Lösung" belaufen?
Kanzler: Standort Sportzentrum, erweiterbare Trainingshalle oder Dreifeldhalle wie in St. Leon-Rot samt angegliedertem Kulturzentrum. Das würde natürlich nur mit Sponsor gehen.
Fleckenstein: Ich bin nicht für die große Lösung. Auch wenn es ein Parkplatz-Problem gibt: Ich bin ein Freund der kurzen Wege. Den Anbau an die Sachsenhalle halte ich für zweckmäßig. Hier gibt es die Kostenvorteile, da die Infrastruktur beispielsweise für die Heizung und Lüftung vorhanden ist. Und es muss von der Gemeinde auch kein Grundstück gekauft werden.
Werden Sie sich als Teil der eigens für die Hallen eingerichteten Kommission weiter für den Traum der dritten Halle einsetzen?
Fleckenstein: Ich habe noch keine Einladung dazu erhalten. Wenn es losgeht, wird der aber TVG mit einem sachkundigen Vertreter dabei sein.
Kanzler: Ich habe auch noch keine Einladung erhalten. Aber ich gehe auf jeden Fall in die Kommission.



