Hirschberg

Radeln gegen die Gewerbepark-Erweiterung

Rund 55 Teilnehmer demonstrierten am Samstag auf dem Fahrrad. Der Rad-Korso fuhr mit Mundschutz und Plakaten durch Hirschberg.

07.03.2021 UPDATE: 08.03.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 17 Sekunden
Auf ihren Drahteseln radelten die Corso-Teilnehmer durch Hirschberg. Von der Alten Turnhalle aus ging es über den Park & Ride“-Parkplatz des Gewerbeparks bis zur geplanten Erweiterungsfläche. Foto: Dorn

Von Marco Partner

Hirschberg. Sie starten mit Fahrradklingeln, Sonnenschein und guter Laune. Rund 55 Teilnehmer schwingen sich am Samstag auf den Sattel, um mit einem Rad-Korso für den Erhalt der Ackerfläche zu werben. "Wir wollen ein Zeichen setzen, gegen Flächenfraß und Versiegelung", sagt Manfred Maurer von der Bürgerinitiative, welche für den 14. März einen Bürgerentscheid erwirken konnte und nun die Corona-konforme Demo gegen die geplante Erweiterung des Gewerbegebiets auf die Beine gestellt hat.

"Rettet das Ackerland", "Kein Weiter so wie bisher!", "Wo ist Klimaschutz und Lebensqualität?", ist auf den selbst entworfenen Plakaten zu lesen. "Wir lieben die Natur", steht auf dem Drahtesel samt Kinderanhänger von Lisa Glökler geschrieben, dazu ist eine Biene und eine Blume gemalt. "Mir geht es um die Zukunft der Kinder. Um eine Natur, die atmet. Statt Wirtschaftswachstum brauchen wir Frischluftzufuhr, Grundwasser und eine vielfältige Tierwelt", sagt die Mutter aus Leutershausen, als sie sich am Treffpunkt vor der Alten Turnhalle in Großsachsen einfindet.

Von Kindern bis Senioren trudeln immer mehr Pedalritter ein. Bunte Luftballons sind an manche Räder gespannt, fast wirkt es wie ein großer Frühlingsausflug. Aber es ist für alle Teilnehmer ein seltsam ungewohnt gewordenes Gefühl, in solch großer Menge zusammenzustehen. Mit Maske, ohne Parolen auf den Lippen. Nur die Redner setzen den Mundschutz ab. "Sie vernichten unseren Boden, lassen Wald und Felder roden", singt Arnulf Tröscher von der BI, ehe sich der Fahrrad-Korso in Bewegung setzt.

Wie eine bunte Perlenkette ob der Luftballons und leuchtenden Ordnerwesten wirkt die Rad hinter Rad fahrende Parade, die bei Spaziergängern und Passanten für erstaunte Gesichter sorgt. Über die Feldwege geht es zum "Ort der Begierde", wie Maurer es scherzhaft formuliert, am "Park & Ride"-Parkplatz des Gewerbeparks wird der erste Stopp eingelegt. Von dort kann Wiebke Dau-Schmidt über die Bahngleise auf das Gewerbegebiet in Heddesheim blicken, wo erst eine Erweiterung um 3,5 Hektar beschlossen wurde. In Hirschberg sollen es 10 Hektar sein. "Der Hunger nach Fläche ist ungebrochen", betont sie, und regt gleichzeitig an, bereits vorhandene Gewerbeflächen besser zu nutzen: durch Aufstockung oder Leerstandsbekämpfung auf interkommunaler Ebene.

Auch interessant
Hirschberg: Die beiden Lager konnten nicht zusammenkommen
Hirschberg: Kritik am bestehenden Gewerbegebiet und an Aussagen von Rifcon
Gewerbepark-Erweiterung Hirschberg: Munterer Schlagabtausch zum Bürgerentscheid (plus Video)
Hirschberg: "Leitlinien in Ortspolitik nicht angekommen"
Bürgerinitiative Hirschberg: So viel hätte die Gemeinde in den letzten 27 Jahren eingenommen

Sodann macht sich der bunte Fahrrad-Zug ein Bild vom bestehenden Gewerbepark. Eine Dach- und Fassadenbegrünung großer Gebäude ist eigentlich seit 2002 ökologische Vorgabe. Doch außer Hecken, ein paar Bäumen und Gestrüpp sieht man wenig. "Dem Versprechen, dass ein ökologisches Gewerbegebiet entstehen soll, glauben wir nicht", so Dau-Schmidt. "Denn bisher ist ja auch nur wenig umgesetzt worden."

Am Zielpunkt angekommen blickt man auf ein weites Feld, das sich von den Bahngleisen bis zur Autobahn erstreckt. Gänseblümchen wachsen hier neben Grasbüscheln und Luzernen, es weht ein kalter Wind, und überall sind kleine Mauselöcher zu entdecken. "Es ist ein Bio-Boden, ohne chemische Pflanzenschutzmittel oder Mineraldüngung. Der Boden wird denunziert, aber er ist zum Beispiel für die Grundwasserbildung sehr wertvoll,", erklärt Tröscher. Als "Königin der Futterpflanzen" bezeichnet er die Luzerne. Der ewige Klee liefere nicht nur Proteine für Rinder und Co., und sei somit ein wichtiger Ersatz für Soja-Importe aus Brasilien. Es sorge auch unmittelbar für einen CO2-Ausgleich, da das Kohlendioxid in den tiefen Wurzeln gebunden wird.

Auch Joel Möller (20) aus Weinheim nimmt an dem Korso teil. Der Aktivist von Fridays for Future befürchtet, dass bei einem Gewerbepark II am Ende nur wenige profitieren, zum Leidtragen vieler. Zudem habe die Corona-Pandemie aufgezeigt, dass die Nachfrage nach Büroräumen eher rückläufig ist. "Wir sollten künftigen Generationen noch Spielräume geben. Möglichkeiten, um zu gestalten, und nicht alles zubauen", findet auch Monika Maul-Vogt von der Grünen Liste, ehe sich die Parade langsam auflöst, und die Teilnehmer über die Felder die Heimreise antreten.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.