Hirschberg-Leutershausen

Solidarität am letzten Gastro-Wochenende

Die RNZ besuchte den "Löwen" am Abend vor dem Lockdown.

02.11.2020 UPDATE: 03.11.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 7 Sekunden
Verena Gölz vom „Löwen“ (stehend) freute sich über die Unterstützung der Gäste: BDS-Vorsitzender Andreas Well (re., am Tisch), seine Frau Traudel und Reinhold Ost, Seniorchef des Getränkemarkts, gingen am Sonntag noch einmal im Gasthof „Zum Löwen“ essen. Foto: Dorn

Von Nicoline Pilz

Hirschberg-Leutershausen. Das letzte Kochkässchnitzel und der letzte Teller Wildgulasch mit Knödeln: Am Sonntagabend bereiten sich Gäste und Mitarbeiter im Gasthof "Zum Löwen" in Leutershausen gleichermaßen auf den zweiten Corona-bedingten Lockdown vor. "Schön war’s noch mal, macht es gut und bleibt gesund", sagt eine Geburtstagsgesellschaft von sechs Personen beim Rausgehen.

An einem anderen Tisch spricht eine Besucherin Juniorchef Christian Gölz gegenüber bedauernd vom "Zwangsurlaub", in den jetzt auch die Gastronomie wieder geschickt werde. "Die Akzeptanz ist da, das Verständnis nicht", meint Gölz später im Gespräch mit der RNZ. Er sagt, man nehme es natürlich, wie es komme: "Wenn es der Gesundheit dient …". Aber er hoffe, dass die vom Gesetzgeber verordnete Schließung nicht länger als vier Wochen dauere und auch, dass der Abholservice wieder gut laufe. "Einige Gänsebestellungen haben wir schon – der November ist einer unserer stärksten Monate", meint Gölz. Der fehle nun, genauso wie das Weihnachtsgeschäft und die Veranstaltungen übers Jahr.

"Klar, der Staat hilft, aber ob das reicht?" Gölz prophezeit eine Welle an Insolvenzen ab März kommenden Jahres. Er selbst ist überzeugt: "Wir schaffen das – auch die anderen im Ort." Der "Löwe" hat mit seinem Essensangebot in der Gaststube, dem Abholservice und Hotelzimmern mehrere Standbeine. Geschäftsreisende kämen noch, stellt der Juniorchef erleichtert fest.

Der Wille zum Durchhalten ist da, die Zweifel aber auch. "Wir hoffen, dass alles gut geht." Überrascht seien er und die Kollegen schon, dass der zweite Lockdown in der Gastronomie so schnell durchgewunken worden sei, obwohl die Speiselokale keine Infektionstreiber sein sollen.

Auch interessant
Leutershausen: Kindergarten-Rohbau soll im Dezember stehen
Lockdown in Hirschberg: Hirschberger Wirte sind enttäuscht von der Politik
Hirschberg: Richard May sorgt sich um seine Freunde in Nepal
DRK Hirschberg: Ehrenvorsitzender Wolfgang Schwerin "Ich habe nie die Stunden gezählt"

Am Samstag und am Sonntag seien die Anfragen der Stammgäste noch einmal so hoch gewesen, dass er manche habe abweisen müssen, erzählt er. Sie alle seien solidarisch und hätten dem Familienbetrieb alles Gute für die nächsten Wochen gewünscht.

Gelebte Zeichen der Solidarität auch beim BDS-Vorsitzenden Andreas Well, seiner Frau Traudel und Reinhold Ost, Seniorchef des Getränkemarkts. "An diesem letzten Abend wollten wir hier noch mal essen gehen", sagt Andreas Well. "Vier Wochen gehen noch", meint seine Frau, doch Well wiegt den Kopf. Für das "FantasTisch" sei der neuerliche Lockdown sicher grenzwertig.

Und auch das Hotel "Krone" in Großsachsen sei übel dran, jetzt wieder herunterfahren zu müssen, obwohl da ein "Riesenapparat" dranhänge. Reinhold Ost sagt, er habe viel Bier im Lager, das eigentlich für die Gastronomen gedacht war. Schon nach dem vorzeitig beendeten Mathaisemarkt habe er ein halbes Jahr gebraucht, um seine Bestände zu verkaufen.

Auch Christian Gölz spricht vom Rotwein, der jetzt länger eingelagert ist, als gedacht. "Wir unterstützen die Gastronomie auf jeden Fall", betont Andreas Well. Das Löwen-Angebot "Gans to go" werde man sicher in Anspruch nehmen, versichert Traudel Well.

Und Reinhold Ost meint, er stelle einen Teil seines Zauns am Getränkemarkt zur Verfügung, damit die Gastronomen dort ihre Speisekarten für einen Liefer- und Abholservice anheften können.

Kurz nach 20 Uhr kommen immer wieder neue Gäste, die leergewordene Plätze besetzen. Christian Gölz blickt auf die Uhr: Noch gut eineinhalb Stunden, dann wird der "Löwe" leer sein. Von zehn Mitarbeitern muss er für drei Kurzarbeit beantragen. Die anderen reduzieren ihren Stundenumfang. "Wir sind ein Familienbetrieb, wir kriegen es hin", sagt Gölz noch einmal. Und kann den nächsten vier Wochen doch etwas Gutes abgewinnen: "Ich habe jetzt mehr Zeit für meinen Sohn."

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.