Hirschberg-Leutershausen

Früher wuchs hier der Tabak auf 44 Hektar

Scheunen zeugen von der einst so wichtigen Einnahmequelle

05.04.2018 UPDATE: 06.04.2018 06:00 Uhr 1 Minute, 36 Sekunden

Von Stefan Zeeh

Hirschberg-Leutershausen. Sie sind im Ortsbild von Leutershausen nicht zu übersehen, die großen, teils aus Stein, meist aber aus Holz errichteten Scheunen oder Tabaktrockenschuppen. Sie erzählen von einer Zeit, in der der Anbau und die Weiterverarbeitung von Tabakpflanzen eine wesentliche Einnahmequelle für die Landwirte an der Bergstraße war. Der historische Ortsrundgang in Leutershausen weist mit den Stationen vier und fünf auf diesen, den Ort einst prägenden Tabakanbau hin.

Dabei steht die aus Ziegelsteinen errichtete Scheune in der Mittelgasse (Station vier) nicht nur für den Tabakanbau. Die Ziegelsteine stammen vermutlich aus der bis etwa 1926 betriebenen Ziegelbrennerei Leutershausen, die sich im Bereich des Schriesheimer Tors befand. Der Ton stammte aus einer Grube nördlich des heutigen Rathauses. Auffallend ist an dieser Scheune, dass die Ziegelreihen nicht durchgängig sind. In regelmäßigen Abständen fehlt ein Ziegel in der Reihe, was für eine bessere Durchlüftung des Bauwerks und somit für eine schnellere Trocknung der darin aufgehängten Tabakblätter sorgt.

Wesentlich schlichter gehalten sind die großen hölzernen Tabakschuppen, die an den verschiedenen Stellen im Ortskern anzutreffen sind. Diese für die Bergstraße und Südpfalz typischen Gebäude wurden im 19. und 20. Jahrhundert errichtet. In diesen wurden die Tabakblätter, die auf den sogenannten Bandeliers aufgezogen waren, zum Trocknen aufgehängt. Für den Tabakanbau in der Gemeinde steht auch die Station fünf, der Hof von Fritz Bletzer an der Kreuzung von Mittel- und Kreuzgasse. Um den großen Innenhof gruppieren sich eine Tabakscheune, Stallungen und das Wohnhaus. Vom einstigen Tabakanbau zeugt in dem Hof, außer der großen Tabakscheune, in den Sommermonaten höchstens noch ein Exemplar der Kulturpflanze.

Denn der Tabakanbau ist etwa seit dem Jahr 2011 aus der Region verschwunden. Die Ursache dafür ist der Rückgang der Subventionen für den Anbau von Tabak, den im Jahr 2003 die damalige Landwirtschaftsministerin Renate Künast eingeleitet hatte. Eine jahrhundertelange Tradition ging damit zu Ende, die in der Region in der Mitte des 17. Jahrhunderts ihren Anfang genommen hatte. In Leutershausen wurde Tabak ab dem frühen 18. Jahrhundert angepflanzt. Im 19. Jahrhundert nahm der Tabakanbau durch die Förderung des Badischen Staats immer mehr zu.

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Zunächst wurden die Tabakblätter zu Kau- und Schnupftabak verarbeitet, ab Mitte des 19. Jahrhunderts zu Zigarren, später auch zu Zigaretten. Um 1960 erfuhr der Anbau in der Region durch die Blauschimmelkrankheit einen starken Einbruch. Nachdem die Tabakbauern diese Pilzkrankheit durch entsprechende Bekämpfungsmaßnahmen in den Griff bekommen hatten, weitete sich der Anbau von Tabakpflanzen aber wieder aus. Um die Jahrtausendwende waren diese alleine in Leutershausen auf einer Fläche von 44 Hektar Tabak zu finden.

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