Bürger und Bauern protestierten vergebens
Die Gemeinderat stimmte mit Mehrheit für eine Gewerbeentwicklung im Gebiet Hintere Mult.

Protest im Vorfeld der Gemeinderatsentscheidung: Doch die Appelle an Oberbürgermeister Manuel Just (r.), die Entscheidung zu verschieben, verpufften. Foto: Dorn
Von Stefan Kern
Weinheim. Es war eine beeindruckende Protestparade, die sich da vor dem Rolf-Engelbrecht-Haus aufbaute. Über 20 Traktoren und ein Spalier aus rund 80 Menschen mit Plakaten erinnerten die Stadträte auf dem Weg zu ihrer Sitzung eindringlich an die Tragweite ihrer Entscheidung hinsichtlich des Gewerbegebiets Hintere Mult. Letztendlich war der Protest vergebens - der Gemeinderat fasste mit 24 Ja- zu 14 Nein-Stimmen den Satzungsbeschluss, den Landwirte und engagierte Bürger verhindern wollten.
Das eindringlichste Symbol der Demonstration im Vorfeld der Entscheidung waren jedoch zwei kleine Körbe vor dem Eingang zum Rolf-Engelbrecht-Haus, zwischen denen jeder Stadtrat hindurch musste. In dem einen Korb lagen ein paar Betonbrocken und ein Luftfilter, im anderen Milch, Eier, Kartoffeln und Apfelsaft. Niemand, so Landwirtin Iris Großhans, könne auf lange Sicht von Beton leben.
Für Letizia Stalf war es wichtig, hier Flagge zu zeigen. Der Bericht des Biodiversitätsrates habe doch eindrücklich gezeigt, wie der Mensch an dem Ast säge, auf dem er sitze. Jeden Tag würden laut Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit rund 60 Hektar Land in Deutschland verloren gehen. Das entspreche einer Fläche von weit über 80 Fußballfeldern pro Tag. "Das kann doch nicht ewig so weiter gehen", betonte Stalf. "Am Ende wird dieser Weg unser aller Zukunft zerstören." Und damit liegt die junge Frau, die für die Grünen für den Gemeinderat kandidiert, exakt auf der Linie des Organisationsbündnisses, bestehend aus dem Bauernverband Weinheim, der BI Breitwiesen, dem Verein Landerlebnis und der Schutzgemeinschaft Hintere Mult.

Protest im Vorfeld der Gemeinderatsentscheidung: Doch die Appelle an Oberbürgermeister Manuel Just (r.), die Entscheidung zu verschieben, verpufften. Foto: Dorn
Die Demonstranten appellierten fast schon verzweifelt an die Ratsmitglieder, ihre Entscheidung noch einmal zu überdenken. Rolf Bitzel, selbst betroffen mit zwei Hektar Fläche, auf der er Mais, Weizen und Zuckerrüben anbaut, ist davon überzeugt, dass mit Entscheidungen wie dieser die Zukunft kommender Generationen verbaut werde. Jochen Großhans gibt zu Bedenken, dass immer geringere Flächen eine immer intensivere Landwirtschaft zur Folge hätten.
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Susanne Trösche (CDU) zeigte sich von dem Protest sichtlich beeindruckt. Wobei die Demonstranten bei der CDU-Stadträtin natürlich offene Türen einrannten. Kämpft sie doch schon lange für den Erhalt der Böden. Auch Wolfgang Metzeltin (SPD) und Elisabeth Kramer (GAL) erklärten, dass es "eine extrem schwierige Entscheidung" sei. Man sehe die Argumente der Gegner - und sie hätten auch Gewicht. Aber das gelte auch für die Argumente der Befürworter eines Gewerbeparks.
Kurz vor Beginn der Sitzung erläuterten Arnulf Tröscher (Vorsitzende von Landerlebnis) Ingrid Hagenbruch (BI Breitwiesen), Iris Großhans und Fritz Pfrang (Bauernverband) Oberbürgermeister Manuel Just noch einmal ihre Argumente und appellierten an ihn, die Entscheidung wenigstens zu vertagen - letztendlich vergebens.