Glasfaser in Mühlhausen

Ärger vor dem ersten Klick

Noch weit bevor das schnelle Glasfaser-Internet in Mühlhausen läuft, gibt es Unmut wegen Vertragsfragen und über mangelhafte Baustellen

13.09.2022 UPDATE: 13.09.2022 06:00 Uhr 3 Minuten, 49 Sekunden
Die Arbeiten des externen Baupartners der Deutschen Glasfaser sorgen in Mühlhausen derzeit für Unmut auf Seiten der Bürgerschaft. Doch auch wegen der Leitungswege in den Häusern gibt es Kritik. Foto: Helmut Pfeifer

Von Tobias Törkott

Mühlhausen. Der Ärger bei einigen Bewohnerinnen und Bewohnern Mühlhausens ist groß. So groß, dass sie sich an die örtliche CDU gewandt haben. "Wir haben Beschwerden entgegengenommen und uns dem Problem angenommen", so Fraktionschef Hans Becker. Denn das Vorgehen des Unternehmens Deutsche Glasfaser (DG), das den Ausbau für das schnelle Internet im Ort mit einem externen Baupartner vorantreibt, würde zu einem "erheblichen Vertrauensverlust" führen. Von einem einseitigen Aufkündigen von vertraglich festgelegten Punkten schreibt der CDU-Ortsverband in einem Brief an Bürgermeister Jens Spanberger. Was ist geschehen?

Ein Blick zurück: Mehr als 40 Prozent der Mühlhausener Haushalte hatten sich bis Ende des Jahres 2021 dafür entschieden, einen Vertrag mit der Deutschen Glasfaser abzuschließen. Schnelles Internet ohne teure Baugebühren erhofften sich die Kundinnen und Kunden. Nun setzt bei einem Teil aber etwas Frust ein. Denn die Arbeiten und die Kosten, um das Kabel vom sogenannten Hausübertragungspunkt (HÜP; dort kommt das Glasfaserkabel von der größeren Leitung am oder im Haus an) zum Anschluss im Haus, dem sogenannten Glasfaser-Teilnehmeranschluss (GF-TA; von dort geht es über eine Schnittstelle zum Router), zu ziehen, müssen nun die Anwohnerinnen und Anwohner aufbringen. Dabei war das anders abgesprochen, oder?

Zumindest ist das der Tenor, der aus dem Brief der CDU an die Mühlhausener Verwaltung hervorgeht. Darin heißt es, dass die Verträge neben der Inbetriebnahme auch die "Herstellung des Leitungsweges durch einen Baupartner zwischen dem HÜP und dem GF-TA (....) beinhaltete." Von einem Zusatz-Paket für etwa 80 Euro ist die Rede. Das sei bei Info-Veranstaltungen so signalisiert worden, dass dies abgeschlossen werden könnte, erklärt Becker. Auch er hat einen Vertrag mit der Deutschen Glasfaser und fragt sich nun, wie er die Leitung im Haus vom Übertragungspunkt weiter verlegt.

Die Deutsche Glasfaser baut nicht selbst, sondern kooperiert mit sogenannten Baupartnern. "In Mühlhausen haben wir einen neuen Baupartner, der das Servicepaket leider nicht anbietet", erklärt ein DG-Sprecher der RNZ. "Bei der Hausbegehung wird die Installation und Position des sogenannten Haus-Übergabepunktes besprochen und dokumentiert. Dann kann in der Regel das Servicepaket Leitungsweg beim Baupartner hinzugebucht werden", teilt der Sprecher mit. Anderweitig buchbar sei das nicht. "In unseren Verträgen ist dieses Servicepaket nie inkludiert."

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Generell würden sich nach Meinung des Unternehmens die meisten Kunden selbst um die Vorbereitung des Leitungsweges von HÜP zu GF-TA kümmern. Der Weg dazwischen ist Sache der Kundschaft oder wird eben über das zusätzliche Servicepaket abgedeckt. Die Installation von Übertragungspunkt und Teilnehmeranschluss sind im Vertrag festgehalten. Außerdem: "Bis zu 20 Meter Glasfaserkabel stellen wir den Kunden für ihre Inhouse-Verkabelung auf jeden Fall zur Verfügung", so der Sprecher. Generell werde meist weniger benötigt.

Das Unternehmen kooperiert nun mit lokalen Fachhändlern. Einer davon ist laut dem online einsehbaren DG-Shopfinder Euronics Spiess aus Rauenberg. Diese externen Firmen können dann die Vorarbeiten im Haus übernehmen. Dass nun deutliche Mehrkosten drohen, davon geht man bei der Deutschen Glasfaser nicht aus. "Dass sich die Kunden an einen weiteren Servicepartner wenden müssen, stellt aber sicherlich einen gewissen Mehraufwand dar", so der Sprecher.

Für CDU-Politiker Becker war das Servicepaket jedoch ein wichtiger Aspekt: "Wäre das fraglich gewesen, hätten einige bestimmt anders entschieden", glaubt Becker. Bürgermeister Jens Spanberger hat sich auf RNZ-Nachfrage bereits an die Deutsche Glasfaser gewandt: "Wir haben um eine Lösung erbeten, da das Paket so beworben wurde."

Nicht nur das Verlegen der Leitungen in den Häusern stößt der Mühlhausener Bürgerschaft sauer auf. Auch die Arbeiten an den Gehwegen, unter die die Leitungen kommen, sorgen für Ärger. "Es wird Glasfaser verlegt und danach sieht es aus wie Kraut und Rüben", beschwert sich ein Anwohner per Mail bei der RNZ. Auch in den sozialen Medien wird mit Kritik nicht gespart. Alles sei "krumm und schief". Pflastersteine würden nur mit einem Hammer festgeklopft. Doch es gibt auch Verständnis für die Arbeiter, die bereits im Hochsommer "bei Hitze zu Niedriglöhnen schuften mussten", ist in einer Facebook-Gruppe zu lesen. An welchen Vorwürfen etwas Wahres dran ist, ist schwer festzustellen.

Fakt ist, dass seit Anfang vergangener Woche ein Baustopp in Mühlhausen gilt. Das bestätigten ein Sprecher des Unternehmens und Bürgermeister Spanberger, der darauf hinweist, dass es noch keine Abnahme der Straßen, in denen Kabel verlegt wurden, mit der Glasfaser oder deren Baupartner gegeben habe. "Erst dann muss der Gehweg ordnungsgemäß sein", so Spanberger. Und auch der Sprecher betont: "Nach Beendigung der Tiefbauarbeiten erfolgt die Abnahme aller öffentlichen Oberflächen durch die Kommune." Die ausgehobenen Gräben würden meist am selben Tag verschlossen, zunächst provisorisch, so der Glasfaser-Sprecher. Man überprüfe die Baustellen regelmäßig. Und er wirbt um Verständnis: Zeitweise Belastungen ließen sich "aufgrund der Komplexität und hohen Bauintensität trotz exakter Planung und Vorsorge nicht immer vermeiden."

Im Rathaus scheint man die Kritik der Anwohnerinnen und Anwohner vernommen zu haben, auch wenn die Gemeinde nichts mit den Arbeiten zu tun hat. Ein Bautrupp rücke ab, der nächste sei noch nicht da. Das dauere alles, versucht Spanberger die Wogen zu glätten. "Wir als Verwaltung nehmen das alles mit und prüfen das", erklärt er und verspricht: "Die Mängel werden beseitigt." Die Deutsche Glasfaser selbst ist "zuversichtlich", dass zeitnah "entlang eines mit der Kommune definierten Maßnahmekatalogs" weitergearbeitet werden könne, so der Sprecher. Wann genau, das steht nicht fest.

Bei den aktuellen Arbeiten werden Grundlagen im Untergrund geschaffen, um auch die Häuser später ans Glasfaser-Netz anzuschließen für die noch kein Vertrag abgeschlossen wurde. "Prinzipiell versuchen wir, die Leerrohr-Infrastruktur so weit wie möglich an die Hauswand heranzuführen", erklärt der Sprecher. Derzeit wird auch in den Nachbargemeinden Malsch und St. Leon-Rot gebaut. Wann es in Rauenberg und Dielheim losgehen kann, ist noch unklar. Laut dem DG-Sprecher stehen für Rauenberg in dieser Woche Gespräche an. Und das Hauptnetz, das sogenannte Backbone-Netz, um die Gemeinden an das Glasfaser-Netz anzuschließen, soll noch 2022 fertiggestellt werden.

Bürgermeister Spanberger sieht die gesamte Baumaßnahme in Mühlhausen, allen Widrigkeiten zum Trotz, weiterhin positiv. Die Arbeiten könnten zwar runder laufen, er sagt aber: "Glasfaser ist wichtig für die Gemeinde. Sonst haben wir kein schnelles Internet."

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