Eilentscheidungen oder Notfallsitzungen
Die Handlungsfähigkeit der Stadt Wiesloch ist aktuell gesichert - Schwierig wird es, wenn es um Bebauungspläne geht

Wiesloch. (hds) Sitzungen des Gemeinderats fallen wegen der Corona-Krise aus, ebenso die vorbereitenden Treffen der Ausschüsse. So jetzt auch in Wiesloch geschehen, die für Mittwoch dieser Woche einberufene Zusammenkunft der Stadträte wurde abgesagt. Wie ist dennoch die Handlungsfähigkeit der Stadt gewährleistet?
"Es besteht nach der Gemeindeordnung die Möglichkeit, sogenannte ’Eilentscheidungen’ auch ohne Treffen des Gemeinderats zu treffen, entweder durch mich oder Bürgermeister Ludwig Sauer", so Oberbürgermeister Dirk Elkemann auf RNZ-Anfrage. Er betonte ausdrücklich, dass die Sitzungen der kommunalen Gremien nicht von dem allgemeinen Versammlungsgebot betroffen sind. "Wir können und müssen selbst entscheiden, ob und wie wir Sitzungen einberufen", so Elkemann. Allerdings habe man sich wegen der aktuellen Situation dazu entschieden, die Sitzung am 25. März abzusagen.
Bezüglich der Möglichkeit, Eilentscheidungen zu treffen, erläuterte der Rathauschef die in der Weinstadt praktizierte Vorgehensweise. "Es geht in erster Linie darum, die durch Verzögerung von Beschlüssen entstehenden Schäden von der Stadt abzuwenden", betonte Elkemann. Er sei jedoch bei dieser Art des Vorgehens in enger Abstimmung mit den Mitgliedern des Gemeinderats. Entscheidend sei in jedem Fall die "Dringlichkeit" im Einzelfall. So werden jetzt beispielsweise Aufträge für den laufenden Neubau der Gemeinschaftsschule und die Sanierung der Realschule vergeben – ohne dabei den Gemeinderat mit einzubeziehen. Dabei geht es in erster Linie darum, vorgegebene Zeitfenster einzuhalten, um im Spätsommer dieses Jahres pünktlich mit dem Schulbetrieb beginnen zu können.
"Wir haben uns die Tagesordnung der jetzt abgesagten Sitzung angeschaut und dabei festgestellt, dass einige Punkte durchaus zeitlich nach hinten verschoben werden können", sagte der OB. So wird es unter anderem keine Eilentscheidung in Sachen "Sichere Abstellmöglichkeiten für Fahrräder im Stadtgebiet" geben, auch der Beschluss über den Wirtschaftsplan der Stadtwerke kann zu einem späteren Zeitpunkt gefällt werden. Sollten kurz- und mittelfristig jedoch wichtige Beschlüsse anstehen, kann das über ein sogenanntes "Umlaufverfahren" geschehen. Dabei werden die Mitglieder des Gemeinderats über geplante Entscheidungen informiert und um eine Stellungnahme gebeten. "Sollte es zu Widersprüchen und anderen Meinungen kommen, müssten wir solche Themen dann tatsächlich in einer realen Sitzung regeln", betonte Elkemann.
Schwierig wird es bei Beschlussfassungen zu anstehenden Bebauungsplänen. "Da muss nach den geltenden gesetzlichen Vorschriften die Öffentlichkeit mit dazu kommen, dafür gibt es strenge Regularien." Wie Elkemann ergänzte, werden derzeit andere Räumlichkeiten überprüft, um dort eventuelle Sitzungen mit "großem Abstand" zwischen allen Beteiligten durchführen zu können, um so ein Risiko für alle Beteiligten zu minimieren. "Wir denken dabei an den Staufersaal im Palatin. Das hatten wir bereits für die Sitzung am 25. März in Erwägung gezogen."
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Sollte sich die derzeitige Situation verschärfen und noch länger andauern, stehen Alternativen zur Verfügung. So könnte die Anzahl der Stadträte auf eine den Mehrheitsverhältnissen angepasste Größe – proportional zur Fraktionsstärke – verkleinert werden. Ob solche Möglichkeiten allerdings angesichts einer komplizierter gewordenen Zusammensetzung der Gremien noch durchführbar ist, muss individuell in jeder Stadt und Gemeinde entschieden werden. Auch Notfallsitzungen sind unter den derzeitigen Gegebenheiten denkbar. Wenn beispielsweise weniger als die Hälfte der stimmberechtigten Ratsmitglieder, und das aus unterschiedlichen Gründen, erscheinen, ist das Gremium nicht beschlussfähig. In einer zweiten Notfallsitzung, die dann einberufen werden müsste, reichen dann drei stimmberechtigte Ratsmitglieder einschließlich Oberbürgermeister oder Bürgermeister aus.
Im Wieslocher Rathaus, dessen Pforten für den allgemeinen Publikumsverkehr seit mehr als einer Woche geschlossen sind und nur solche Personen mit vereinbartem Termin oder in dringenden Angelegenheiten Zutritt erhalten, wurden unterschiedliche Sicherheitsvorkehrungen getroffen. "Wir haben viele, wo es möglich ist, ins Homeoffice geschickt und in den jeweiligen Teams zudem sowohl eine räumliche als auch zeitliche Entzerrung vorgenommen." Elkemann erläuterte das am Beispiel des Finanzbereichs. "Hier wechseln wir die Anwesenheiten so, dass gewährleistet werden kann, dass sich keine Personen aus diesem Bereich direkt begegnen, um bei möglichen Infektionen einen Ausfall des gesamten Bereichs zu verhindern." Man arbeite daher derzeit eben mit einer Minimalbesetzung.
Für den Oberbürgermeister selbst sind die Tage durch digitale Kommunikation gekennzeichnet. Die Zahl der Mails habe naturbedingt extrem zugenommen, reale Termine finden nicht statt und mit den Kollegen sei er in regem Austausch – per Telefon oder Videokonferenz. "Da gibt es viele Themenbereiche, die es zu besprechen gilt." Er nannte unter anderem das Verhalten bei den Kindergartengebühren. Dabei zeichnet sich derzeit ab, dass im kommenden Monat die Abbuchung nicht getätigt wird.



