Eppelheim

Welches Spiel treibt Dieter Mörlein?

Ehemaliger Bürgermeister ist "Bevollmächtigter" eines umstrittenen Bauträgers

15.08.2018 UPDATE: 16.08.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 33 Sekunden

Spielt die Sache herunter: Dieter Mörlein. Foto: sg

Von Anja Hammer

Eppelheim. Ex-Bürgermeister Dieter Mörlein ist in zwei umstrittene Bauprojekte in Eppelheim verstrickt - nämlich in die als "Sultan-Akin-Paläste 1 und 2" bezeichneten Häuser in der Pestalozzi- und der Spitalstraße. Hinter vorgehaltener Hand ist sogar von möglicher "Vorteilnahme im Amt" die Rede. Die Empörung ist groß.

Dass es der frühere Rathauschef geschafft hat, sich ins Gespräch zu bringen, ist dieses Mal nicht ganz freiwillig. Sein Handeln kam dieser Tage zufällig ans Licht. Und zwar schrieb das Landratsamt an die Akin-Wohnbau-Gesellschaft in Neckarsulm, die für die beiden Häuser verantwortlich ist. Eine Kopie ging an das Eppelheimer Rathaus. Der brisante Inhalt: In dem Schreiben ist von Akins "Bevollmächtigten, Herrn Dieter Mörlein" die Rede.

In der Spitalstraße besteht derzeit ein Baustopp. Denn die Stadt klagt gegen die Baugenehmigung. Zudem wurde festgestellt, dass der Bau nicht den genehmigten Plänen entspricht. Foto: Alex

Was es damit auf sich hat? "Zur Frage der Bevollmächtigung können wir uns im konkreten Fall aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht äußern", heißt es aus dem Landratsamt. Auch die Firma Akin gibt sich zugeknöpft. "Zu Unternehmensstrukturen rede ich mit keiner Presse der Welt - das haben wir nicht nötig", sagt Ali Akin, der Sohn und eigenen Angaben zufolge die "rechte Hand" von Geschäftsführer Ahmet Akin.

Mörlein selbst spielt die Sache herunter. "Ich tue nichts Illegales", betont er. Er habe der Firma Akin lediglich einen Kontakt vermittelt - wohlgemerkt für ein Grundstück in Heidelberg. "Ich bin da nicht angestellt und bin bis jetzt noch nicht bezahlt worden." Er habe die Personengesellschaft "Dieter Mörlein Projektentwicklung" gegründet" und berate den Bauträger "ab und zu"; er sei "noch keinen Monat für Akin tätig". Mörlein weiter: "Daraus lasse ich mir keinen Strick drehen."

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Martin Gramm. Foto: sg

Mit der Angelegenheit in Eppelheim habe er nichts zu tun, sagt er zunächst auf RNZ-Nachfrage. Im weiteren Gesprächsverlauf spricht er dann aber von einer "allgemeinen Vollmacht", die er von Akin erhalten hätte: "Damit ich Sachen klären kann", auch für die Gebäude in der Spital- und der Pestalozzistraße. Die dortigen Probleme kenne er "erst seit drei Tagen". Er habe aber zu Akin, damit meint er wohl Geschäftsführer Ahmet Akin, gesagt, er müsse aufpassen und die Baugrenzen einhalten. Wobei der Ex-Bürgermeister die erfolgte Überschreitung gegenüber den Bauplänen als "lächerlich", "Kleinigkeit" und nur "tellergroß" erachtet.

Bürgermeisterin Patricia Rebmann. Foto: sg

Alles andere als eine "Kleinigkeit" sehen die Bürgervertreter darin. Selbst die CDU, die Mörlein mehrfach in dessen Bürgermeisterwahlkämpfen unterstützt hatte, wendet sich nun von ihm ab. "Ich bin persönlich enttäuscht", sagt Trudbert Orth, Vorsitzender der CDU-Fraktion. Lange habe seine Partei gut mit Mörlein zusammengearbeitet. "Aber was er jetzt macht, ist moralisch verwerflich!" Mit der Firma Akin habe die Stadt schon immer Probleme, auch zu Mörleins Zeiten. Und nun stelle er sich auf die Gegenseite. Dass Mörlein schon im Amt die Interessen von Akin vertreten hat, will der Christdemokrat Mörlein nicht unterstellen. "Aber die Vermutung liegt nahe."

Renate Schmidt. Foto: sg

Ähnlich äußert sich Renate Schmidt. Die SPD-Chefin meint zu Mörleins Rolle in der Sache: "Das zeigt, dass er gegen die Interessen seiner ehemaligen Stadt steht - und das ist heftig!" Sie erinnert sich, dass Mörlein, als er noch im Chefsessel des Rathauses saß, stets gesagt habe, man könne nichts gegen Akin unternehmen. Sie befürchtet weiter, dass ein Teil des Problems, dass ein Gebäude auf Gemeindegrund ragt, dem Alt-Bürgermeister geschuldet sein könnte. "Vielleicht hat er ja die Erlaubnis gegeben", so Schmidt.

Trudbert Orth. Foto: sg

Martin Gramm von den Grünen sagt: "Mein Puls ist auf 200 und ich habe einen solchen Zorn im Bauch." Was ihn und viele andere beunruhige: "Wie viel Wissen hat der ehemalige Verwaltungschef aus dem Rathaus mitgenommen, um es profitorientiert zu vermarkten?" Mit Schrecken denke er an andere Freiflächen in Eppelheim, auf denen weitere "Sultanspaläste" entstehen könnten.

Die einzige, die sich noch zurückhält, ist Bürgermeisterin Patricia Rebmann: "Dass sich der Alt-Bürgermeister auf die andere Seite stellt, irritiert mich in hohem Maße", sagt sie lediglich. Ansonsten will sie sich nicht äußern. "Es soll nicht so aussehen, als hätte ich Vorbehalte gegen den Altbürgermeister", sagt sie diplomatisch.

Hintergrund

Weshalb zwei Häuser für Ärger sorgen

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Weshalb zwei Häuser für Ärger sorgen

Die Geschichte um die umstrittenen Bauprojekte der Akin-Wohnbau-Gesellschaft beginnt im Jahr 2016 in der Pestalozzistraße. Noch in der regulären Amtszeit von Dieter Mörlein entsteht dort, an der Ecke zur Rudolf-Wild-Straße, ein Mehrfamilienhaus. Inzwischen ist das Haus längst bewohnt - und in der Spitalstraße entsteht derzeit ein ähnliches Haus, ebenfalls von Akin-Wohnbau.

Das sagt die Stadt

Dem Gemeinderat war das Haus in der Pestalozzistraße von Anfang an ein Dorn im Auge. Immer und immer wieder sprechen die Bürgervertreter "die Pestalozzistraße", wie sie das Reizthema zunächst nennen, in öffentlichen Sitzungen an. Es passt in ihren Augen dort nicht hin, ist zu groß. Doch es lässt sich nichts machen: Es gibt eine gültige Baugenehmigung des Landratsamtes. Die Stadt fühlt sich übergangen. Mit dem neuen Akin-Projekt in der Spitalstraße spitzt sich die Lage zu: Von "Sultan-Akin-Palast 1 und 2" ist nun die Rede. Auch bei der Spitalstraße legt die Stadt Einspruch gegen die vom Landratsamt erteilte Baugenehmigung ein. Erfolglos. Das will sich die Stadt nicht länger bieten lassen: Sie hat Klage beim Verwaltungsgericht in Karlsruhe eingereicht. Nur: "Ein solches Verfahren dauert lange", weiß Bürgermeisterin Patricia Rebmann - nicht zuletzt aus eigener Erfahrung. Für das Projekt gebe es inzwischen aber einen Baustopp. Derweil ist der Streit über das Gebäude in der Pestalozzistraße ebenfalls noch nicht ausgestanden. "Es wurde - wie in der Spitalstraße - entgegen der eingereichten Pläne gebaut", sagt Rebmann. Derzeit läuft ein nachträgliches Genehmigungsverfahren. Wieder hat die Stadt Widerspruch eingereicht. Zumal nach Auffassung der Verwaltung die Balkone in öffentlichen Grund hineinragen: Zur Kantstraße hin befindet sich eine kleine Grünanlage mit Bänken.

Das sagt das Landratsamt

Die Behörde des Rhein-Neckar-Kreises verteidigt beide Baugenehmigungen. Das von der Stadt oft ins Feld geführte Argument "zu groß" gelte weder in der Pestalozzi- noch in der Spitalstraße. "Eine ,Überbauung’ von Baugrenzen ist nicht erfolgt, weil sich das Gebäude auf einem Grundstück befindet, für das es keinen Bebauungsplan und somit auch keine festgesetzten Baugrenzen gibt, die überschritten hätten werden können", sagt die Sprecherin des Landratsamtes Silke Hartmann. Zur Pestalozzistraße führt sie weiter aus: "Da bei der Bauausführung von den genehmigten Unterlagen abgewichen wurde, hat der Bauherr vor rund einem Jahr einen weiteren Bauantrag zur nachträglichen Legalisierung des bereits errichteten Gebäudes eingereicht." Die Unterlagen sind mittlerweile vollständig eingegangen, eine Entscheidung sei aber noch nicht erfolgt. Hartmann: "Es müssen eventuell noch weitere Änderungen an dem Gebäude vorgenommen werden, weil Details so, wie sie zur Ausführung kamen, nicht genehmigungsfähig sind." Ähnlich äußert sich die Sprecherin zum Bauvorhaben in Spitalstraße: "Auch dieses Gebäude wurde nicht genehmigungskonform errichtet, so dass auch hierfür, aufgrund einer Verschiebung des Gebäudekörpers zur Spitalstraße hin, Anfang August ein weiteres nachträgliches Baugenehmigungsverfahren eingeleitet wurde." Zudem verweist die Sprecherin auf die laufende Klage.

Das sagt Akin-Wohnbau

"Es handelt sich bei den Bauprojekten in Eppelheim um laufende Verfahren, die wir nicht kommentieren wollen", heißt es per E-Mail auf eine RNZ-Anfrage. (aham)

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