Explosive Entdeckung an der Brückenbaustelle (plus Video)
Arbeiter stießen am Mittwoch auf drei Weltkriegsgranaten auf der Großbaustelle - Kampfmittel-Beseitigungsdienst im Einsatz

Von Anja Hammer
Eppelheim. Nach etwa zweieinhalb Stunden gab Stephan Bechberger Entwarnung: "Alles in Ordnung, es ist keine Evakuierung notwendig." Auf die Aussage des Ersten Polizeihauptkommissars und Einsatzleiters folgte am Mittwoch um 17.41 Uhr das große Durchatmen. Am Nachmittag waren Bauarbeiter dort, wo bis vor Kurzem die Hauptstraße in die Straßenbahnbrücke zum Heidelberger Pfaffengrund überging, auf drei Granaten aus dem Zweiten Weltkrieg gestoßen.
In Eppelheim laufen derzeit die Bauarbeiten auf Hochtouren: Die Hauptstraße wird in Richtung Heidelberg neugemacht, die Brücke, die die beiden Städte verbindet, soll am Wochenende abgerissen werden. Und eben dabei machten Bauarbeiter am Mittwoch gegen 15 Uhr den explosiven Fund. Einer der ersten vor Ort war Vorarbeiter Mario Rast. Er war nur ein paar Meter weiter zugange, als der Baggerführer ihn rief.
Und die Arbeiter wussten sofort, was sie da vor sich liegen hatten: "Man weiß ungefähr, wie so etwas aussieht", so Rast - auch wenn er im Laufe seiner 24-jährigen Karriere bisher von solchen Funden verschont geblieben ist. "Da geht einem nichts Gutes durch den Kopf", erzählte der Vorarbeiter. "Aber der gesunde Menschenverstand sagt einem, was zu tun ist." Sofort wurden die Arbeiten eingestellt sowie Stadt, Polizei und die Rhein-Neckar-Verkehrs-Gesellschaft (RNV) als Bauherrin alarmiert.
Hintergrund
> Die drei Granaten, die am Mittwoch bei der Brückenbaustelle in Eppelheim gefunden wurden, stammten aus dem Zweiten Weltkrieg. Es handelte sich um zwei Panzergranaten und um eine Sprenggranate. Sie hatten jeweils einen Durchmesser von zwölf Zentimetern,
> Die drei Granaten, die am Mittwoch bei der Brückenbaustelle in Eppelheim gefunden wurden, stammten aus dem Zweiten Weltkrieg. Es handelte sich um zwei Panzergranaten und um eine Sprenggranate. Sie hatten jeweils einen Durchmesser von zwölf Zentimetern, eine Länge von 35 bis 50 Zentimetern und ein Gewicht von etwa 20 Kilogramm. Wie Sven Rasehorn vom Kampfmittelbeseitigungsdienst berichtete, handelte es sich um deutsche Modelle. Ein Anwohner erinnerte sich, dass genau an der Stelle, wo die Granaten gefunden wurden, gegen Ende des Krieges ein deutscher Panzer abgeschossen wurde. "Die Zünder waren noch mechanisch gesichert, deshalb bestand keine Gefahr", so Rasehorn. Sie hätten lediglich durch Beschleunigung und Rotation entsichert werden können. "Das ist mit bloßen Händen nicht möglich", so der Experte. "Solche Kräfte kann kein Mensch aufbringen." Doch was passiert mit solchen Granaten? Sie wurden gestern noch in einer speziellen Transportkiste aus Stahl nach Sindelfingen gebracht, wo die Dienststelle des Kampfmittelräumdienstes ist. "Dort werden sie erst eingelagert und dann mit anderen, ähnlichen Modellen kontrolliert abgebrannt", erklärte Rasehorn. aham
Einsatzleiter Stephan Bechberger vom Polizeirevier Heidelberg-Süd: "Wir haben den Bereich abgesperrt und sind mit starken Kräften vor Ort." Eine Sperrung der nur wenige Meter entfernt verlaufenden Autobahn erschien nicht erforderlich "Wir müssen jetzt auf den Kampfmittelbeseitigungsdienst warten und mit ihm das weitere Vorgehen besprechen", so Polizist Bechberger.
Dieser traf um 17.28 Uhr mit Blaulicht und Sirenen ein. Dann ging alles ganz schnell: Mit einem grünen Transporter bahnten sich die Experten ihren Weg durch die Baustelle, ließen sich die zusätzlich mit rot-weißen Gittern abgesperrten Funde zeigen. Denn die drei Granaten waren auf zwei Orte verteilt. Zwei lagen auf Straßenhöhe, eine lag zwei Meter weiter die Böschung runter. Man sah, wie die Experten eine Bürste aus dem Auto holten, sich Handschuhe anzogen und sich danach minutenlang mit Vertretern von Stadt, Polizei und RNV unterhielten. Um 17.41 Uhr brach Polizist Bechberger die Spannung und gab Entwarnung. Während die zwei Männer vom Kampfmittelbeseitigungsdienst die 35 bis 50 Zentimeter großen Überreste (12 Zentimeter Durchmesser) des Zweiten Weltkriegs in ihren Wagen luden, entfernte die Polizei langsam die Absperrbänder.
Langsam trauten sich auch die ersten Neugierigen in den Baustellenbereich. Zwar waren die direkten Anwohner über den explosiven Fund informiert worden, doch hatte Unaufgeregtheit die Szene in der Hauptstraße beherrscht. Reinhard Ziegler beispielsweise kam ganz zufällig vorbei, als er seine Hündin spazieren führte. "Ich mache hier jeden Abend meine Tour", sagte er. "Aber wenn man die Polizei sieht, bleibt man schon mal stehen." Mit den abgenommenen Absperrbändern zog es Andre Heid mit seinem kleinen Bruder Benjamin und Freundin Giorgina dann aber doch nach draußen: "Wir haben auf Facebook davon erfahren", erzählte der 20-Jährige, der in der benachbarten Wilhelmstraße wohnt. "So etwas kennt man sonst nur vom Fernsehen und plötzlich ist es vor der Haustür." Bei dem Gedanken, dass er schon zig Mal bei seinen Wegen über die Brücke über Granaten gelaufen ist, wird ihm im Nachhinein ganz mulmig zumute. "Was hätte da alles passieren können?", fragte er.
Doch nach Angaben von Kampfmittelexperte Sven Rasehorn bestand keine Gefahr. Alle drei Granaten waren noch gesichert. Dennoch würde er den Eppelheimer Fund nicht als "poplig" abtun. "Das ist immerhin Munition", betonte er. "Bis wir vor Ort sind, wissen wir nicht, was uns erwartet", so der Mann vom baden-württembergischen Kampfmittelbeseitigungsdienst.
Der Fund kam übrigens völlig unerwartet: "Es gab vorher eine Luftbilduntersuchung", berichtete RNV-Projektleiter Paul Ritze. Dabei werden historische Aufnahmen untersucht, ob in bestimmten Bereichen Bomben abgeworfen wurden. "Demnach war nichts zu erwarten", so Ritze. Damit der Vorsorge nicht genug: Zudem habe der Kampfmitteluntersuchungsdienst den Böschungsbereich der Brücke kontrolliert. "Aber weil da viel Schrott herumliegt, ist nichts aufgefallen", erklärte Ritze.
Glücklicherweise ging alles gut aus. So steht auch dem geplanten Brückenabriss und der damit verbundenen Autobahnsperrung von Freitagabend bis Sonntagabend nichts im Weg.