Ein wahres Wahnsinnsjahr

So verlief das Jahr 2018 in Weinheim

Die RNZ blickt zurück auf Führungswechsel, spektakuläre Einsätze und kleine Geschichten

30.12.2018 UPDATE: 31.12.2018 06:00 Uhr 5 Minuten, 32 Sekunden

Das Fest des Jahres: 12.300 Sportler besuchen das Landesturnfest in Weinheim. Foto: Dorn

Von Philipp Weber

Weinheim. Sieben Kandidaten, ein klarer Sieger - aber bis heute kein amtierender OB. Weinheim hat ein politisches Jahr erlebt, das wohl keinerlei Entsprechung findet. War die OB-Wahl das politische Ereignis des Jahres, so gaben die Vorfälle im Spaßbad Miramar am häufigsten den Anlass, mit der Pressestelle der Polizei zu sprechen. Hier kam es Ende des Jahres zu einem klaren Urteil. Und dann gab es ja noch einen der trockensten Sommer der Weinheimer Stadtgeschichte, Proteste in der Hinteren Mult - und viele kleine, aber umso nettere Randgeschichten. Ein Jahresrückblick von Januar bis Dezember.

Januar: Das erste politische Ereignis des Jahres findet in der Nachbarkommune statt: Im Verlauf des Hirschberger Neujahrsempfangs teilt Bürgermeister Manuel Just mit, über eine Kandidatur für das Amt des OBs in Weinheim nachzudenken. "Es ist die schwerste berufliche Entscheidung meines Lebens", sagt er - um sie dann zügig zu treffen: In einem Pressegespräch drückt er den Startknopf für seine Kandidatur. Carsten Labudda (Die Linke) fordert mehr Inhalte ein - und kandidiert gleich selbst. Damit ist er der dritte im Bunde, da Simon Pflästerer schon 2017 seinen Hut in den Ring geworfen hat.

Unterdessen fallen vor dem Landgericht Mannheim spektakuläre Urteile: Die "OEG-Schläger" werden zu empfindlichen Haftstrafen verurteilt. Die fünf Täter hatten einen jungen Mann schwer verletzt. Stadtgesellschaftlich ist beim Neujahrsempfang der Volksbank viel los: Stargast Gregor Gysi macht die Stadthalle voll.

Februar: Stella Kirgiane-Efremidou (SPD) erklärt, ebenfalls für das OB-Amt zu kandidieren. Auf der anderen Seite stellen sich Freie Wähler und CDU hinter Just.

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In Ritschweier wird Buckelpisten-Skifahrerin und Olympionikin Léa Bouard ein rauschender Empfang zuteil, obwohl sie keine Medaille heimbringt. Deprimierende Nachrichten kommen aus dem Industriegebiet: Der Haushaltsmittelhersteller Star Produktions kündigt den Abbau von 250 Arbeitsplätzen an. Bei der Feuerwehr gibt Stadtbrandmeister Reinhold Albrecht sein Amt endgültig an Nachfolger Sven Lillig ab.

Am Ende des Monats wendet sich eine erboste Mutter an lokale Medien: Ein Mann hat ihre Tochter im Spaßbad Miramar unsittlich berührt, die Polizei vermeldet dies dann auch. Ein Skandal nimmt seinen Lauf.

Das Miramar kam 2018 kaum aus den Schlagzeilen. Foto: Kreutzer

März: Die Polizei teilt nun mit, wenn es zu Vorfällen im Spaßbad kommt. Und das geschieht im März gleich mehrfach. Gleichzeitig gibt die Polizei eine Liste entsprechender Straftaten aus dem Vorjahr bekannt. Das Bad kündigt Konsequenzen an, wird aber gleichzeitig mit weiteren Vorwürfen eines Gasts konfrontiert.

Unterdessen brodelt es in der Hinteren Mult. Bürger und Kommunalpolitiker wehren sich gegen eine gewerbliche Erschließung des Gebiets. Die Hauptinteressentin, die Firma B&S, wiederum bietet eine Führung durch ihren Betrieb an.

Aber auch in der Stadt ist etwas los: 2500 Menschen gehen beim Weinheimer Sommertagszug mit, dem größten der Region. Auch in Sachen OB-Wahl steht die Welt nicht still: Die GAL wird zur dritten aktiven Unterstützer-Fraktion von Manuel Just.

April: Ein Stück Tradition geht zu Ende: Die Metzgerei Kadel schließt, weil die Altinhaber keine Nachfolger finden. Ein Branchensprecher sieht das Metzgerhandwerk in einem "katastrophalen Zustand". In der Stadthalle herrscht dagegen Euphorie, als Sänger Max Mutzke und die SWR Big Band auftreten.

In der Hinteren Mult kommt es zu Demonstrationen gegen das dort geplante Gewerbe, letztlich votiert der Gemeinderat aber für eine entsprechende Erschließung. Auch in Sachen Hotelneubau geht es einen Schritt weiter: Das Gremium will weitere Planungsaktivitäten am Hauptbahnhof. Der Eklat des Monats ereignet sich jedoch beim Neubürgerempfang. OB Heiner Bernhard weigert sich, eine vollverschleierte Muslimin zu empfangen. Er löst damit bundesweit Diskussionen aus.

Mai: Der Fokus verschiebt sich weiter auf die OB-Wahl. Zum Ende der Bewerbungsfrist stehen sieben Kandidaturen: Polizeibeamter Oliver Kümmerle will’s ernsthaft wissen, Björn Leuzinger (Die Partei) verfolgt eher satirische Absichten - und Dauerkandidatin Fridi Miller probiert’s auch in Weinheim. Die Wahlkampfmaschine fegt durch die Stadt - auch wenn die inhaltlichen Unterschiede an manchen Stellen dann doch nicht so groß sind.

Es bleibt aber auch Platz für "nette" Meldungen: So sperren Polizisten die Viernheimer Straße ab, um eine verirrte Entenfamilie zu retten. Weitere gute Nachricht: Das Reformhaus Stein bleibt offen, es findet sich ein neuer Betreiber.

Unerfreulich: Im Vorfeld der Verlegung der RNV-Haltestelle Luisenstraße kommt es zu einer Kostenexplosion.

Juni: Friedlich, fröhlich, fair: Das Landesturnfest in Weinheim und Umgebung wird zu einem 100-prozentigen Erfolg. 12.300 Sportler kommen in die Zweiburgenstadt, rund 1800 Ehrenamtliche helfen mit. Wenige Tage später platzt die Stadthalle aus allen Nähten: Die sieben OB-Wahl-Kandidaten stellen sich vor, das Interesse scheint riesig. Dennoch bleibt es am 10. Juni bei einer eher "großstädtischen" Wahlbeteiligung von nur 49,2 Prozent.

Manuel Just nach der OB-Wahl am 10. Juni. Foto: Kreutzer

Favorit Just macht’s im ersten Anlauf, holt 68,4 Prozent der Stimmen. Carsten Labudda erreicht Platz zwei und 11,8 Prozent. Doch Dauerkandidatin Miller beschreitet den Widerspruchs- und Klageweg. Just übernimmt das Amt aus versorgungsrechtlichen Gründen nicht, bis die Causa entschieden ist. Erster Bürgermeister Torsten Fetzner will einspringen.

Juli: Im Schlosspark läuft das "Theater am Teich", der Weinheimer Bahnhaltepunkt darf sich nach langer Sanierung "Hauptbahnhof" nennen - und die Oldtimerfreunde feiern, als die Teilnehmer der "Heidelberg Historic" durch Weinheim rollen. Ärger gibt es dagegen rund um das Schlossparkrestaurant. Die Pächter kündigen an, den Tagesbetrieb Ende August zu schließen. Begründet wird dies unter anderem mit Personalmangel.

Dann ist die Stadthalle wieder voll: OB Heiner Bernhard nimmt Abschied und erfährt dabei große Wertschätzung. Doch nur wenige Tage später würde man ihm am liebsten zurufen: "Oh weh, OB!" Er teilt dem Gemeinderat mit, dass Gespräche über den Verkauf der Windeck weit gediehen seien. Die Fraktionen sind empört, Bürgermeister Fetzner stoppt das Vorhaben.

Alt-OB Heiner Bernhard (mit Ehefrau Gudrun Tichy-Bernhard) wurde in der Stadthalle verabschiedet. Foto: Kreutzer

August: Es ist heiß, es ist trocken. Die Mammutbäume im Exotenwald sind bedroht. Die Feuerwehr rettet sie mit einer spektakulären Bewässerungsaktion. Auch die Kerwe mit der "Nacht der 1000 Lichter" gelingt trotz - oder gerade wegen - der mediterranen Temperaturen. Die Eröffnung des großen Fests ist OB Bernhards letzte Amtshandlung. Dann übernimmt Bürgermeister Fetzner kommissarisch die Stadtführung.

Die Stadtwerke investieren 3,6 Millionen Euro in ein neues Gebäude. Und die Feuerwehr rettet eine Frau vom Balkon eines brennenden Hauses in Lützelsachsen. Die Retter finden sogar den Hund der Familie - und beleben ihn mit ihrer Spezialausrüstung wieder. Die RNZ porträtiert Cars-Sammler Robert Günther. Er hat 1494 Exemplare der Disney-Autos.

September: Es gibt doch noch gute Nachrichten aus der Metzgerbranche: Der Fleischer und Grillgutautomatenbetreiber Jens Müller (Woschte Miller) wird zur "Persönlichkeit im Handwerk" gewählt.

Das Spektakel des Monats ist auf dem Gelände des Luftsportvereins zu bestaunen: Zur zweitägigen Flugshow kommen um die 12.000 Menschen. Verärgerte Pendler und Anwohner trifft man in diesem Monat gleich zuhauf. Die große Sanierung der RNV-Schienen an der Mannheimer Straße und die Haltestellenverlegung an der Luisenstraße beginnen nach und nach, Pendlerparkplätze fallen in großer Zahl weg. Auch auf einer Infoveranstaltung geht es heiß her. Schock im Werner-Heisenberg-Gymnasium: Zwei Schüler werden zu Opfern einer Familientragödie in Mörlenbach.

Oktober: Die Sause des Monats steigt in Lützelsachsen: Man erlebt ein "märchenhaftes" Winzerfest. Für die Karlsberg-Passage deutet sich nach langem Hin und Her an, dass es im Winter losgehen kann mit dem Umbau in ein Carré.

In der Mannheimer Straße läuft derweil der Schienenersatzverkehr an, auch die Radfahrer haben mit den Änderungen zu kämpfen. Sie bekommen - nicht zuletzt dank des Engagements von Bürgermeister Fetzner - einen Ersatzradweg. Unterdessen scheitert die Ausweisung einer Konzentrationszone für Windenergieanlagen endgültig am Widerstand der Naturschutzbehörden. Ein trauriger Höhepunkt des Monats: Polizisten müssen einen Listenhund erschießen, der außer Rand und Band war. Der Besitzer hatte den Staffordshire Terrier nicht einmal angeleint.

November: Auch dieser Monat kommt nicht ohne einen spektakulären Einsatz aus: Ein Schulbus verunglückt auf der B38, da der Fahrer offenbar zusammengebrochen war. Kinder und Lehrer bleiben von schwereren Verletzungen verschont. Die Massen bewegen sich indessen zu den Martinszügen, wo angesichts des milden Wetters die Martinsmännchen knapp werden.

Rettung für die Riesen: Feuerwehrleute bewässern den Exotenwald. Foto: Kreutzer

Promifaktor bringt DFB-Präsident Reinhard Grindel in die Stadt. Er besucht die Sepp-Herberger-Grundschule in Hohensachsen. Große Namen gibt auch die Konzertagentur Demi-Promotion bekannt: Die Band Revolverheld, Dieter Thomas Kuhn, Max Giesiger und Lea zählen zu den Stars der Schlossparkkonzerte 2019. Weitere gute Nachricht: Von den Mammutbäumen im Exotenwald muss zunächst keiner gefällt werden.

Dezember: Die Mannheimer Straße steht gleich doppelt im Mittelpunkt: Zum einen entscheidet der Gemeinderat entgegen der Empfehlung eines Expertenteams, das größere von zwei städtischen Mietshäusern stehen zu lassen - und zu sanieren. Zum anderen haben Feuerwehrleute wegen der Staus in der Baustelle Probleme, zur Feuerwehrzentrale zu kommen. Weinheims OB-Wahlsieger kündigt derweil an, auf der CDU-Wahlliste für den Kreistag zu kandidieren. Das führt zu Just-Frust bei der GAL, die das durch die kalte Küche erfahren hat.

Vor dem Landgericht Mannheim wird ein Missbrauchsfall aufgearbeitet, der sich im Miramar ereignet hat. Der Beschuldigte wird zu zwei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt. Und in Weinheims Mittlerer Hauptstraße bricht ein Streit über die Nachverdichtung aus.

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