Was 2022 von A bis Z los war
Es war viel los in Edingen-Neckarhausen: Probleme mit der Fähre, Bürgermeisterwahlkampf und 55 Jahre Partnerschaft mit Plouguerneau.

Von Nicoline Pilz
Edingen-Neckarhausen. Im vergangenen Jahr gab es viel Tierisches in der Doppelgemeinde zu bestaunen – man denke nur an den Biber in der Fischkinderstube. Dieses Jahr nun menschelt es sehr in der Kommune. Freude und Ärger gaben sich die Klinke in die Hand. Ein (unvollständiger) Rückblick.
> A wie "Ahoi": Die Fastnachter sind zurück nach langer Zeit der närrischen coronabedingten Enthaltsamkeit. Während die Edinger Kälble sich quasi ohne Majestäten selbst regieren, haben die Neckarhäuser Kummetstolle mit Imke I. "vom tanzenden Narrengestein" ihre am längsten amtierende Prinzessin verabschiedet und mit Michaela I. "Regentin des Nordens" die am längsten wartende neue Hoheit inthronisiert. 994 fastnachtsfreie Tage waren im November endlich vorbei.
> B wie Bürgermeisterwahl: Weil der seit 2016 amtierende Simon Michler zum 30. September vorzeitig aus dem Amt schied, musste die Verwaltung auf die Schnelle eine Bürgermeisterwahl organisieren. Beziehungsweise zwei. Weil im ersten Wahlgang am 6. November keiner der acht Kandidaten die absolute Mehrheit erzielte, mussten die Bürger am 27. November noch einmal an die Wahlurnen. Dabei setzte sich der CDU-Gemeinderat Florian König mit rund 60 Prozent der abgegebenen Stimmen gegen drei verbliebene Mitbewerber durch.
> C wie Chemie: Nachdem im Herbst 2016 erhöhte Trifluoracetatwerte im Grundwasser festgestellt wurden, beschloss die Gemeinde die Errichtung einer Trinkwasserversorgung zur Noteinspeisung mit Frischwasser aus Mannheim. Im Februar war das Projekt in Neu-Edingen im zweiten Abschnitt angelangt, ab Frühjahr 2023 kann dann im Notfall Frischwasser von Mannheim nach Edingen-Neckarhausen gepumpt werden.
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> D wie Dietrich Herold: Der erste Bürgermeister-Stellvertreter aus der Fraktion der UBL-FDP/FWV übernahm mehr als fünf Monate lang die Leitungsfunktion im Rathaus. Und verdiente sich Dank, Respekt und Anerkennung. Man habe von ihm profitiert, formulierte es Thomas Hoffmann (OGL) in der letzten Gemeinderatssitzung des Jahres.
> E wie Einzelhandel: Großer Schock in Edingen-Neckarhausen, als die Bäckerei Kapp ihre drei Filialen quasi über Nacht schließt. Inhaber Peter Kapp nannte deutlich gestiegene Kosten, Probleme, Personal zu finden und seine Gesundheit als Gründe. Mit der Schließung der kleinen Markthaus-Filiale verschlechtert sich gerade im Ortsteil Neckarhausen die Einkaufssituation noch einmal deutlich. Im Gespräch sind die Ansiedelung eines Edeka-Marktes gegenüber der Bäko und eine kleine Filiale der Supermarktkette "Tegut" im Zentrum von Neckarhausen.
> F wie Fähre: Seit der Übernahme der Neckarhäuser Fähre von privater in kommunale Hand, läuft es nicht rund mit dem Transportmittel. Erst brachen durch Corona die Fahrgastzahlen ein, dann der Personalbestand. Die Gemeinde hob die Preise an, um das erwirtschaftete Defizit abzumildern. Technische Probleme, ein Riss der Grundkette und ein Unfall kamen noch dazu. Erstmals pausiert die Fähre tagsüber für eine Stunde.
> G wie ganz grün: Ende Juni feierte der Wiesenkindergarten im "Junkersgewann" auf einer vom Landwirtsehepaar Silke und Georg Koch gepachteten Fläche offiziell seine Eröffnung. Aus einer Elterninitiative entstand der Verein "urwüchsig", der das besondere Projekt mit großem Idealismus vorantrieb. Seine Mitglieder errichteten in über 1000 Arbeitsstunden einen Kindergarten mit einer Wald- und einer Wiesengruppe für jeweils 20 Kinder. Das naturpädagogische Konzept überzeugte auch den Gemeinderat. Die Kommune fördert die Einrichtung im Ortsteil Edingen – die Waldkindergruppe befindet sich in Mannheim-Pfingstberg – mit 90.000 Euro jährlich.
> H wie Hilfeleistungszentrum: Oder "und jährlich grüßt das Murmeltier". Beide Feuerwehrgerätehäuser in den Ortsteilen sind schon lange in katastrophalem Zustand, doch der Neubau eines HLZ wird seit einem Jahrzehnt trotz manch vollmundiger Wahlversprechen geschoben. Laut Machbarkeitsstudie würden die Kosten aktuell bei 9,5 Millionen Euro liegen. Vorausgesetzt, die Ausschreibungen wären Ende 2022 rausgegangen. Sind sie aber nicht. Die Flächen im Gewann "Die Milben" sind immerhin jetzt vorhanden und auch das Baurecht liegt vor.
> I wie Investorenmodell: Übers Jahr hörte man von einem Investorenmodell, mit dem das Hilfeleistungszentrum gebaut werden könnte. Ab einer gewissen Rendite wird so ein Projekt interessant – finanziell ist die Gemeinde trotzdem involviert. Sie würde das Gebäude mieten und es möglicherweise kaufen, wenn es abgeschrieben ist. Derzeit ist der Investor offenbar dabei, den Raumbedarf zu ermitteln. Wobei der im Prinzip bereits in der Machbarkeitsstudie formuliert ist.
> J wie Jugendarbeit: Seit Anfang Dezember ist das JUZ in Edingen zu. Die Jugendarbeit soll neu konzipiert werden; dabei verbleiben aber für die offene Jugendarbeit weniger Stunden als bisher. Die Kommune sucht einen Jugendreferenten und hat online 1600 Jugendliche nach ihren Bedürfnissen befragt. Der Rücklauf war mit 505 Antworten der Zehn- bis 21-Jährigen richtig gut. Sie sind mehrheitlich dafür, das JUZ, das vielen unbekannt war, zu behalten.
> K wie Klimaschutzkonzept: Edingen-Neckarhausen soll bis 2035 klimaneutral werden. Das hat der Gemeinderat im Mai einstimmig in einem gemeinsamen Antrag auf ein Klimaschutzkonzept beschlossen. Seit diesem Jahr liegt zudem eine Potenzialanalyse vor, wo die Kommune Flächen für Photovoltaik zur Verfügung hätte. Entweder für sich selbst oder als Vermieter. Die Temperaturen im Freizeitbad wurden gesenkt und das Außenbecken über Winter erstmals geschlossen. Maßnahmen allerdings, die vor allem der Energiekrise geschuldet sind. Der Weg zum Ziel ist noch weit.
> L wie Die Linke. In der Zwei-Personen-Fraktion menschelte es. Fraktionssprecher Edgar Wunder und sein Kollege Gerd Wolf, der allerdings Mitglied in der Satirepartei "Die Partei" ist, verkrachten sich. Es soll an Kommunikationsproblemen gelegen haben. Wolf trat aus und Wunder über. Er ist jetzt Mitglied der Fraktion der Offenen Grünen Liste. Die Linke ist (vorerst) im Gemeinderat Geschichte.
> M wie Michler, Simon: 2016 trat der Christdemokrat sein Amt als Bürgermeister an, im September 2022 legte er es vorzeitig nieder. Zunächst bewarb sich Michler in Schwäbisch-Hall, gab aber vor dem zweiten Wahlgang auf. Im Februar gab er bekannt, er trete in Edingen-Neckarhausen nicht wieder an. Ende Juli dann die Mitteilung, er werde nach Niederstetten wechseln. Als Amtsverweser und Hauptamtsleiter. Michler sprach von "persönlichen Anfeindungen" und "hinterlistigen Machenschaften", die für seinen Weggang verantwortlich seien. Welcher Art, sagte er nicht.
> N wie Neubelebung: Nach sechs Jahren Stillstand gründete sich Anfang Oktober in Neckarhausen wieder ein Ortsverband der Katholischen Jungen Gemeinde (KjG). Früher waren die Neckarhäuser KjG’ler sehr aktiv mit Gruppenstunden für Kinder und Jugendliche und einer Sommerfreizeit pro Jahr. Mit der Wiederbelebung gehen zunächst einmal keine regelmäßigen Angebote, sondern besondere Aktionen einher. Das neue Leitungsteam besteht aus früheren Verantwortlichen – und es hofft darauf, dass Jüngere bald nachfolgen.
> O wie Obst- und Gartenbauverein Neckarhausen: 85 Jahre nach seiner Gründung in 1937, hätte der Neckarhäuser Traditionsverein beinahe sein Buch zumachen müssen. Weil die langjährige Vorstandschaft aufhörte und sich zunächst keine Nachfolger fanden, stand im August die Auflösung an. Dank des Einsatzes von Bürgermeister-Stellvertreter Dietrich Herold fanden sich neue Verantwortliche und somit neue Perspektiven. Den Vorsitz hat jetzt Norbert Heim inne, der Kurt Birkhof beerbte.

> P wie Partnerschaft mit Plouguerneau: Über Pfingsten reisten knapp 200 deutsche Partnerschaftsfreunde nach Plouguerneau, um mehrere Tage lang das 55-jährige Bestehen dieser besonderen Jumelage zu feiern und zu vertiefen. Tolle Tage mit beeindruckenden Veranstaltungen und herzlichen Gastgebern. Die RNZ war mit dabei. Der Gegenbesuch aus der Bretagne wird 2023 Ende Juli erwartet.
> Q wie Querstraßen: Die nahm im März eine Gruppe von Senioren zusammen mit Rathausmitarbeitern bei einer Teilbegehung von Edingens Ortskern ins Visier. Größtes Problem dabei: Die Grenzhöfer Straße mit ihren viel zu schmalen Gehwegen. Erst jüngst wurde dort ein Mann angefahren – und erhielt daraufhin auch noch einen Strafzettel der Polizei, weil er (notgedrungen) auf der Straße gelaufen war.
> R wie Rotes Kreuz: Große Aufregung im Bürgermeister-Wahlkampf, beide DRK-Ortsvereine fühlten sich bei einer Kandidatenrunde falsch verstanden und zitiert, was ihre Haltung zum Hilfeleistungszentrum angeht. Tatsache ist, dass das Edinger Rote Kreuz gern mit ins HLZ einziehen möchte. Das Neckarhäuser nicht. Der Ortsverein hat ein eigenes Konzept entwickelt und möchte am bisherigen Standort in der Fichtenstraße bleiben. Dieser soll nach den Wünschen des Ortsvereins saniert und erweitert werden.
> S wie Stolperstein: Am 14. November wurde in Edingens Hauptstraße der erste Stolperstein in der Gemeinde verlegt. Er ist dem Sozialdemokraten Julius Helmstädter gewidmet, der von den Nazis wegen seiner Überzeugung verfolgt und schließlich ins Konzentrationslager Dachau deportiert wurde. Dort starb der schwer herzkranke Helmstädter am 11. Februar 1945 an "Mangel, Hunger und Folter", wie es Bürgermeister-Stellvertreter Dietrich Herold bei der Gedenkfeier formulierte.
> T wie Toleranz: Anfang Februar fasste die Polizei einen über 80-Jährigen aus der Gemeinde, der ab Mitte 2021 das bunte Regenbogenschild am St. Andreas-Kindergarten in Neckarhausen immer wieder homophob beschriftet und schließlich ganz übermalt hatte. Der Regenbogen ist sowohl ein optisches Phänomen, wenn auf Regen Sonne folgt, als auch ein biblisches Symbol für Liebe und Freundschaft. Er ist aber auch das Zeichen der LGBTIQ-Community, also homo-, bi- und intersexueller, Trans- und queerer Menschen.
> U wie Ufer: Ein Teilabschnitt des Neckaruferwegs zwischen dem früheren Wohnhaus der Familie Helmstädter in der Hauptstraße (siehe unter "S") und dem Rathausabgang in Edingen wurde am 14. November umbenannt und heißt jetzt "Julius-Helmstädter-Ufer". Eine Hinweistafel gegenüber erinnert an alle, die in der Gemeinde während der NS-Zeit politisch verfolgt wurden.
> V wie Vandalismus: Damit hat die Gemeinde vermehrt Probleme. Schmierereien an öffentlichen und privaten Gebäuden und Zerstörungen verärgern und kosten auch. In den letzten Wochen des Jahres häuften sich zudem Einbrüche in Kindergärten – auch in benachbarten Kommunen.
> W wie "Wunder gescheh’n": Nach zwölf Jahren Stillstand und großen Diskussionen um Kosten und Raumprogramm, startete an der Pestalozzi-Schule in Edingen Ende August endlich die Sanierung des zweiten Bauabschnitts. Bereits 2018 hatte der Gemeinderat die fällige Sanierung beschlossen. Die Kommune gibt dafür rund 4,7 Millionen Euro aus – ohne Landesförderung wären es über zwei Millionen mehr. Die Bauzeit soll 24 Monate betragen.
> X wie "Xund bleiwä": Mit diesem Gruß endete jede E-Mail, die Jugendsozialarbeiter Werner Kaiser schrieb. Anfang Dezember ging er nach 34 Jahren in den Ruhestand. Ebenso wie zuvor die langjährigen Rathausmitarbeiter Christiane Schell, Elke Hugo und Herbert Stein. Mit ihnen verließ viel Erfahrung die Verwaltung. Und die Personalsituation im Rathaus ist nach wie vor angespannt.
> Y wie Yachten: Manche fanden’s lustig, andere nicht so. Kurz nachdem Russland die Ukraine mit einem brutalen Krieg überzog, schloss sich Gemeinderat Gerd Wolf (Die Partei) Sanktionen gegen Putin und seinem Machtapparat an. Er forderte unter anderem ein Anlegeverbot in Edingens Hafen für russische Oligarchen-Yachten. Im November gründete Wolf schließlich mit zwei Mitstreitern einen Edingen-Neckarhäuser Ortsverein von "die Partei".
> Z wie Zukunft: Große Projekte laufen 2023 weiter oder müssen angeschoben werden, Herausforderungen wollen gemeistert sein. Schwere Aufgaben für den neuen Bürgermeister Florian König. Der 33-jährige Polizeikommissar startet am 2. Januar in sein neues Amt. Die Einführung wird am 12. Januar sein. Der Ort ist gespannt auf seine Handschrift.