Dilsberg

Hier kommen Solaranlagen aufs historische Dach

Die erste Fotovoltaikanlage in der historischen Bergfeste Dilsberg wurde genehmigt. Kritiker fürchten hierdurch eine Beeinträchtigung des Ortsbildes.

07.10.2021 UPDATE: 08.10.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 4 Sekunden
Auf den Dächern der Häuser in der historischen Bergfeste Dilsberg wird noch kein Strom produziert, doch das wird sich ändern. Foto: Priebe

Von Walter Berroth und Christoph Moll

Neckargemünd-Dilsberg. Wann immer in der Stadt am Neckar ein Hauseigentümer in historischer Umgebung eine Fotovoltaikanlage installieren möchte, ist Streit garantiert. In der Vergangenheit war dies häufig in der Altstadt der Fall, denn hier verbietet eine Gestaltungssatzung aus optischen Gründen die Stromerzeugung auf dem Dach. Kritiker bemängeln dies, weshalb die Satzung schon lange überarbeitet werden soll. Nun wurde eine wohl wegweisende Entscheidung getroffen: In der historischen Feste Dilsberg wurde die erste Fotovoltaikanlage genehmigt. Hier gelten Regelungen zur "Erhaltung baulicher Anlagen". Hier hat nun der Klimaschutz gesiegt.

Zunächst hatte sich der Dilsberger Ortschaftsrat mit dem Bauantrag befasst. Alle Räte waren sich bewusst: Dieser hatte die Qualität, grundlegend Neues für das Ortsbild der Feste zu schaffen. Der Antrag: In der Oberen Straße möchte ein Bauherr auf der zu seinem Wohngebäude gehörenden Scheune eine Photovoltaik-Anlage errichten. Ortsvorsteher Karlheinz Streib (Freie Wähler) kündigte seine Ablehnung an, da er das Ortsbild der Feste durch diese Anlage beeinträchtigt sah. Er berief sich auf die Regelungen zum Erhalt baulicher Anlagen. Fotovoltaikanlagen auf den Dächern der Feste würden das Ortsbild grundlegend ändern. Werde jetzt eine Fotovoltaikanlage genehmigt, könne eine solche anderen Hauseigentümern in der Feste nicht mehr verwehrt werden.

Hintergrund

> Die "Erhaltung baulicher Anlagen" ist in Paragraf 172 Baugesetzbuch geregelt und kann von einer Kommune mit einer sogenannten Erhaltungssatzung geregelt werden oder – wie in Dilsberg – als Teil eines Bebauungsplans. Im Plan "Dilsberg 1. Änderung" heißt es, dass es eine

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> Die "Erhaltung baulicher Anlagen" ist in Paragraf 172 Baugesetzbuch geregelt und kann von einer Kommune mit einer sogenannten Erhaltungssatzung geregelt werden oder – wie in Dilsberg – als Teil eines Bebauungsplans. Im Plan "Dilsberg 1. Änderung" heißt es, dass es eine große Anzahl erhaltenswerter baulicher Anlagen gibt. Wenn diese abgerissen, umgebaut oder geändert werden sollen, darf die Stadt die Genehmigung versagen – zum Beispiel, wenn die bauliche Anlage alleine oder im Zusammenhang das Ortsbild, die Stadtgestalt oder das Landschaftsbild prägt oder wenn diese von städtebaulicher, insbesondere ortsgeschichtlicher oder künstlerischer Bedeutung ist. Die Vorschriften sollen der Erhaltung des Ortskerns dienen. Kommunen können mit Erhaltungssatzungen Quartiere oder Stadtteile vor ungewollten oder nachteiligen Veränderungen schützen. Es gibt drei Schutzziele, die eine Erhaltungssatzung rechtfertigen: die Erhaltung der städtebaulichen Eigenart eines Gebiets ("kommunaler Denkmalschutz"), den sogenannten Milieuschutz, also den Erhalt der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung, oder die Unterstützung städtebaulicher Umstrukturierungen. cm

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Mit diesem Bauantrag stehe der Ortschaftsrat, so der Ortsvorsteher, also vor einer Grundsatzentscheidung. Und das in Kenntnis der Tatsache, dass wohl Dachziegel mit Photovoltaik-Eigenschaften in der Entwicklung seien, die nicht zur Veränderung der Dachlandschaft führen sollen.

"Wir können uns nicht vor der Modernisierung verschließen", meinte hingegen Ingrid Schmitt (Freie Wähler) und erhielt Unterstützung von ihrem Fraktionskollegen Jürgen Maurer: "Ein Warten auf Photovoltaik-Ziegel können wir uns nicht leisten." Auch Manuela Büch (SPD) fand: "Ökologische Interessen müssen im Vordergrund stehen." Doch es gab nicht nur Befürworter: "Wir machen ein Fass auf", warnte Manuela Erles (Freie Wähler) und plädierte dafür, die neue technische Entwicklung der speziellen Ziegel abzuwarten. Monika Nohe-Weinert (CDU) sah in einer Zustimmung ein Signal dafür, "dass das Denkmalamt sich endlich mit dieser Materie beschäftigen muss". Das Ergebnis der Abstimmung: Von den anwesenden neun Mitgliedern des Ortschaftsrates stimmten fünf für das Baugesuch, zwei waren dagegen und zwei enthielten sich.

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Damit war die Zustimmung der Stadt aber noch nicht komplett. Denn auch der Ausschuss für Bau, Umwelt und Verkehr musste sein Plazet geben. Dieser diskutiere eingehend darüber, ob sich die geplante Fotovoltaikanlage negativ auf das historische Stadtbild der Feste auswirken könnte. Und darüber, welche Präzedenzwirkung von einer Genehmigung ausgeht, und ob nicht besser zuerst eine verbindliche Regelung erfolgen sollte – etwa durch die Änderung des Bebauungsplanes oder den Erlass einer Gestaltungssatzung. Dagegen wurde angeführt, dass die Durchführung eines formellen Satzungsverfahrens etwa ein Jahr dauern würde und es dem Antragsteller nicht zuzumuten sei, so lange auf eine Entscheidung zu warten – zumal die Energieeinsparverordnung die Nutzung regenerierbarer Energien vorschreibe.

Da die meisten Bedenken in der "Spiegelwirkung" der Anlage gesehen wurden, schlug Bürgermeister Frank Volk als Kompromiss vor, die Genehmigung mit der Auflage zu verbinden, dass nur entspiegelte Fotovoltaikmodule verwendet werden dürfen. In der Abstimmung erteilte der Ausschuss mit sieben Ja- bei fünf Nein-Stimmen und einer Enthaltung sein Einvernehmen unter der Maßgabe, dass die Anlage entspiegelt wird. Das könnte auch ein Signal für Photovoltaik in der Altstadt sein ...

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