Die Dorfpride kommt am 29. Juli nach Wiesloch
Für Vielfalt, Rechte und Sichtbarkeit zieht die "Christopher Street Day"-Initiative durch die Stadt.

Von Sarah Eiselt
Wiesloch. "Da sitzen die Menschen am Straßenrand, in den Cafés, auf Sofas oder eigenen Stühlen vor dem Haus und schauen unserer Demonstration zu", schwärmt Anahita Azizi. "Sie winken mit Tüchern und Fähnchen, ringen um Sitzplätze in den Cafés. Alle freuen sich."
Das erhofft sich Azizi, Teil des Organisationsteams, auch für den 29. Juli, wenn erstmals auch in Wiesloch die "Dorfpride" stattfindet. Bei der Premiere 2020 in Mühlhausen, später dann in Oftersheim und Ladenburg, wurde das dörfliche Pendant zum Christopher Street Day (CSD) bereits mit großem Erfolg gefeiert. Es ist ein Fest-, Gedenk- und Demonstrationstag der "Queer"-Gemeinschaft, sprich von lesbischen, schwulen, bisexuellen, transidentitären, intersexuellen Menschen und allen, die sich mit ihnen verbunden fühlen.
"Die Stimmung ist ausgesprochen friedlich und toll, wir bekommen viel gutes Feedback", erklärt sie weiter. Bei der "Dorfpride" findet eine Demonstration durch die Ortschaft statt, ähnlich wie bei einem Umzug. "Wir haben aber bei Weitem nicht so ein Aufgebot an Wagen. Wir laufen mit vielen Fußgruppen durch die Straßen. Wir wollen gesehen werden und bei den Menschen das nötige Bewusstsein schaffen", so Azizi.
"Es gibt so viele CSD im städtischen Raum, aber in den ländlicheren Gebieten nicht. Da ist nichts vergleichbar. Aber gerade hier muss man oft noch immer Aufklärungsarbeit leisten." Viele fühlen sich hier auf den Dörfern oft nicht wohl oder werden noch immer für ihre Lebensrealität verurteilt. Dabei sollte es egal sein, welche Sexualität sie haben, wie sie sich identifizieren, welchen Lebensstil sie pflegen. Der Dorfpride geht es bei ihren Demonstrationen darum, zusammen und miteinander in Kontakt zu treten. "Man darf das auch nicht so gut finden, das akzeptieren wir auch." Aber für knapp zwei Stunden an einem Samstag im Jahr einmal friedlich durch die Straßen ziehen, solle mindestens genauso akzeptiert werden, argumentiert Azizi.
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"Erstaunlicherweise und glücklicherweise treffen wir am Veranstaltungstag oft auf Menschen, die durch direkte Gespräche mit uns ihre Vorurteile überdenken", erklärt sie. Schnell werde aus "Was machen denn die bunten schrillen Leute in meinem Örtchen?" ein herzliches Miteinander, ein Dialog, über den sich jeder freut.
Das Organisationsteam der Dorfpride bestehe aus sechs Personen, die sich bei einem Treffen dazu entschlossen, auch auf dörflicher Ebene den Raum zur freien Entfaltung zu schaffen. Dabei könnten und sollten alle Interessierten teilnehmen, eine vorherige Anmeldung sei nicht notwendig.
Größtes Ziel und gleichzeitig so bemerkenswert sind besonders der gesellschaftliche Zusammenhalt und das Wir-Gefühl, so Azizi. Das sei auch die Botschaft an alle. Es gebe so viele freiwillige Unterstützer, die den Umzug überhaupt möglich machen: "Die Menschen der jeweiligen Ortschaft geben uns vorab zahlreiche Tipps zur Strecke oder gehen diese mit uns ab. Außerdem greifen uns oft die Schulen und Kitas unter die Arme, in dem die Eltern zum Beispiel Wasser, Kuchen oder Brezeln verkaufen. Manchmal stellen Cafés auch extra einen Kaffeewagen auf", erzählt Azizi. "Sogar die Vereine beteiligten sich und haben in der Vergangenheit extra für den Tag schon eigene Shirts drucken lassen." Ein Tanzverein habe als Überraschung auch schon einstudierte Choreografien vorgeführt.
Der Tag selbst sei gut organisiert, jeder könne bei Interesse aber mitmachen: Dafür gebe das Team kurz vor Beginn des Demonstrationszuges auch Farben, Stifte oder Plakate aus: "Egal ob man noch einen Wagen bemalt oder beklebt, ob man Fahnen schwenkt, mitläuft oder sich das Ereignis einfach anschaut." Es ist ein Tag von allen für alle. Auch deshalb werden beim Umzug – finanziert durch Spenden – Heliumballons, Fahnen und Flyer untereinander und ans Publikum verteilt.
Auf Wiesloch fiel die Wahl dieses Jahr, da die Mehrheit bei der Vor-Abstimmung "Deutschland sucht das Superdorf" per Internet-Umfrage diesen Ort gewählt habe. Auf der Homepage der Initiative kann man jährlich für die Ortschaft stimmen, in der die Dorfpride anschließend stattfinden soll. "Klar ist Wiesloch kein Dorf, wir sind das Dorf, das kommt", scherzt Azizi. Mit seiner Vielschichtigkeit, den unterschiedlichen Ortsteilen und Einflüssen sei die Stadt aber gut geeignet.
Auch im Rathaus freue man sich bereits auf das Straßenfest im Sommer, hat Azizi erfahren. Derzeit laufen noch alle Absprachen bezüglich des genauen Sicherheits- und Hygienekonzepts und der kurzzeitigen Straßensperrungen. "Es sind aber auch Reden geplant", so die Mitorganisatorin. In Ladenburg war zwei Wochen lang der Wasserturm in den Regenbogenfarben beleuchtet worden, auch die Flaggen wurden gehisst. "Ob uns Wiesloch damit auch überrascht, steht noch nicht fest", erklärt sie weiter.
Info: Die Wieslocher Dorfpride findet am Samstag, 29. Juli, von 13 bis 19 Uhr kostenlos statt.