Bürger bekundeten "Solidarität mit den Frauen im Iran"
Weit über 100 Teilnehmer hören die erschreckenden Berichte aus dem Land: "Meine Freundin wurde verhaftet und ist verschwunden".

Marion Gottlob
Weinheim. Es regnete und ein kalter Wind fegte durch Weinheim. Trotzdem hatten sich am Dienstag über 100 Menschen zu der Kundgebung der "Solidarität mit den Frauen im Iran" bei der Reiterinnen-Statue versammelt. Häufig sah man Schilder mit der Aufschrift "Jin-Jinyan-Azadi – Frau.Leben.Freiheit". Die meisten gebürtigen Iraner unter den Teilnehmenden wollen ihre Namen nicht nennen: aus Angst, dass ihren Angehörigen im Iran Gewalt angetan wird. Spontan meldete sich die 26-jährige Aban unter Tränen zu Wort: "Meine Freundin Panzi wurde verhaftet und ist seitdem verschwunden."
Zu der Mahnwache hatten Bündnis 90/Die Grünen, die SPD, der Arbeitskreis (AK) Asyl und der Freundeskreis Weinheim-Ramat Gan aufgerufen. Brigitte Demes von den Grünen deutete auf die Statue: "Die zarte Frau auf dem Ross mit ihrem Stolz ist ein Symbol für die Solidarität mit den Frauen im Iran. Diese Frauen setzen sich für Menschenrechte ein und gegen die Unterdrückung." Elfi Rentrop vom AK Asyl plädierte für einen Abschiebestopp in Baden-Württemberg für iranische Flüchtlinge. "Es muss alles getan werden, um ihnen zu helfen. Wir brauchen diese Menschen bei uns." Nächster Redner war Stadt- und Kreisrat Carsten Labudda ("Die Linke"). Er überbrachte die Grüße von OB Manuel Just: "Es ist unserem Oberbürgermeister wichtig, seine Solidarität mit unserer Kundgebung und den mutigen und tapferen Frauen im Iran auszudrücken. Diese Frauen streiten gegen das unterdrückerische Mullah-Regime für Freiheit und universelle Menschenrechte. Sie brauchen jede Unterstützung. Darum ist es wichtig, dass auch wir ein Zeichen setzen, dass die Iranerinnen nicht alleine sind."
Die Iranerin Samaneh erzählte aus ihrem Leben: "Im Alter von neun Jahren erlebte ich Wut und Tadel wegen dem obligatorischen Hijab, der nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch in der Familie getragen werden muss. So begann die Diskriminierung. Seit vier Jahren lebe ich im Exil, seit vier Jahren habe ich den Wunsch, nach Hause zurückzukehren und meine Familie zu umarmen." Seit 2019 wohnt sie in Weinheim und arbeitet in einem Architektur-Büro. Sie sagte auf der Demo: "Nach dem Mord an Mahsa Amini sind die iranischen Frauen wütender denn je. Sie schreien ihre Wut heraus."
Auch die Iranerin Atoussa hatte den Mut, sich öffentlich zu Wort zu melden: "Kinder im Iran müssen sich vor Waffen schützen. Es gibt Folter und Massenmord." Wer im Iran eine Party besucht, so Atoussa, muss mit Verhaftung, Folter und Peitschenhieben rechnen. Sie spielte den Song "Baraye" des deutsch-israelischen Rappers Ben Salomo nach einer Ballade des iranischen Musikers Shervin Hajipour ein: "Ich träume mit den Menschen im Iran, dass ihre Träume in Erfüllung gehen und dass es für die Frauen dort besser wird." Elisabeth Krämer von der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen sagte: "Ich bin berührt, wie viel Mut Menschen haben können. Ihnen gilt unsere vollste Solidarität." Über die Fußball-WM in Katar sagte sie: "Es ist unglaublich: Der DFB sagt seinen sowieso minimalen Protest für Menschenrechte ab." (Im Vorfeld der Partie Deutschland gegen Japan gab es immerhin eine entsprechende Geste durch die Spieler, Anm. d. Red.). Landtagsabgeordnete Fadime Tuncer (Grüne) bestätigte: "Wir wollen an der Seite der Menschen im Iran stehen. Seit dem Tod von Mahsa Amini im September haben sich die Proteste in eine Revolution verwandelt. Weltweit wird diese Revolution unterstützt."
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"Ich spreche als Frau, Mutter und Oma"
Stella Krigiane-Efremidou, Fraktionschefin der SPD im Gemeinderat, ergänzte: "Ich spreche als Frau, Mutter und Oma. Frauen haben das Recht auf Leben und Freiheit." Der Freundeskreis Weinheim Ramat-Gan zählte zu den Mitveranstaltern. Erster Vorsitzender Albrecht Lohrbächer sagte der RNZ: "Israel und unseren Freunden in Ramat Gan wird fast jeden Tag vom Regime in Teheran ein neuer Holocaust angedroht."Während der Demo wurde ein Bild der Mannheimer Künstlerin Soroor gezeigt. Sie hat die Mahsa Amini gemalt, die eigentlich Jina Amini heiß. Denn sie gehörte der kurdischen Minderheit im Iran an. Vor einigen Jahren war Soroors Mutter im Iran festgenommen und geschlagen worden. Sie überlebte, eine Narbe am Kopf blieb. Soroor malt nun die Opfer: "Ich weine, wenn ich die Gesichter der Getöteten male." Der Aufruf zur Kundgebung wurde von Jugendgemeinderat und "Weinheim bleibt bunt" unterstützt.