Corona-Helden

Zuhören als Medizin

In der Coronakrise ist die Ärztin Annette Gärtner aus Schönau mehr denn je eine Alltagsheldin

29.03.2020 UPDATE: 30.03.2020 06:00 Uhr 1 Minute, 20 Sekunden
Ärztin Annette Gärtner. Foto: A. Dorn

Von Agnieszka Dorn

Schönau. Sie hoffe, dass es in Deutschland nie soweit kommen werde, wie in Italien oder Spanien, sagt Internistin Annette Gärtner. Nämlich, dass Ärzte aufgrund fehlender Beatmungsgeräte über Leben und Tod der infizierten Coronaerkrankten entscheiden müssen. Annette Gärtner führt in Schönau eine ärztliche Gemeinschaftspraxis. In die Praxis kommen viele schwerkranke Patienten, die aufgrund der hohen Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus nun besonders aufpassen müssen. Viele Gespräche laufen daher zunächst über das Telefon.

"Die Entscheidung über Leben und Tod aufgrund fehlender medizinischer Geräte nennt man "Triage", erzählt Annette Gärtner. Man gehe danach, welcher Infizierte gesünder sei und somit eine höhere Überlebenschance habe. Oftmals werden die Jüngeren den Älteren bevorzugt, weil die Jüngeren oft keine Vorerkrankungen und somit höhere Überlebenschancen haben. Zudem hätten sie das Leben noch vor sich. Ethisch sei das nicht in Ordnung, aber in der Medizin in solchen Situationen wie einer Pandemie üblich, so Annette Gärtner.

Ihr sei aufgefallen, dass seit dem Kontaktverbot viele Menschen anfangen würden, zu vereinsamen. Es fehlten soziale Kontakte und das schon nach kurzer Zeit. Sie habe neulich eine Dame am Telefon gehabt, die gesagt habe, "jetzt habe ich Sie am Telefon, nun werden Sie mich so schnell nicht wieder los." Das bricht Annette Gärtner fast das Herz, doch als Internistin wisse sie um die ernsthafte Situation der Coronapandemie und ermuntere die Menschen immer wieder zum Durchhalten. Je nach Krankheitslage entscheide sie, ob eine Untersuchung notwendig ist oder zum Schutz des Patienten warten kann. Hausbesuche mache sie nur, wenn es dringend erforderlich sei. Und auch in diesen Fällen halte sie genügend Abstand ein und sei mit Mundschutz, Handschuhen und entsprechender Schutzkleidung ausgerüstet, erzählt Gärtner.

Damit die ärztliche Versorgung in Schönau garantiert sei, arbeite man in der Gemeinschaftspraxis im Schichtbetrieb. Normalerweise arbeite sie auch in der Praxis ohne Mundschutz, aber das sei jetzt enorm wichtig, betont die Internistin. Sie habe als Ärztin schon einige schwierige Situationen erlebt, darunter die Schweinegrippe vor rund zehn Jahren, aber die Coronapandemie gehe ihr doch sehr nahe, so Gärtner. Doch sie gebe nicht auf und versuche das Beste daraus zu machen.

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