Weinheimer Gastronomen rufen nach Hilfe
Sie haben mit Absagewelle zu kämpfen und hoffen auf die Stadt - Miramar will geöffnet bleiben

Von Philipp Weber
Weinheim. Die Corona-Krise ist in Weinheim angekommen. Eine Vielzahl an Veranstaltungen in Sport, Kultur und Brauchtumspflege sind ausgesetzt worden. Neben Schulen und Kindergärten schließt am kommenden Dienstag, 17. März, auch das Viktor-Dulger-Bad in Hohensachsen. In Schulen und Kitas wird eine Notfallbetreuung eingerichtet. Diese gilt für Kinder von Eltern, die in einem Bereich der "kritischen Infrastruktur" arbeiten. Die Stadtwerke entscheiden Anfang kommender Woche über das Vorgehen im Hallenbad HaWei. Der Privatbetrieb Miramar bleibt geöffnet, bis es eine gegenteilige Ansage der Behörden gibt. Besonders hart treffen die Folgen der Corona-bedingten Absagen jedoch die Weinheimer Gastronomie.
Gastronomen und Hoteliers haben sich am Freitag zu einer Krisensitzung getroffen. Das bestätigte Carolina Bährend, Tochter von Gastronom Charly Ofenloch (Tafelspitz/Marktplatzhotel) auf Nachfrage der RNZ. "Wir leben aktuell in großer Sorge – nicht wegen des Virus an sich, sondern vor allem wegen der finanziellen Folgen." Die Gastronomie-, Hotel- und Cateringbetriebe in Weinheim hätten eine Vielzahl an Absagen erhalten. "Beim Catering sind 95 bis 98 Prozent aller Buchungen storniert worden", nennt Bährend ein Beispiel.
Aber auch die Hotellerie ächzt unter den Folgen der Krise. Seit einigen Wochen sind die Buchungen rückläufig, immer mehr Stornierungen gehen in den Hotels ein. "Unser Hotel war für die nächste Woche praktisch ausgebucht. Jetzt sind nur noch drei Zimmer belegt", so Bährend. Und im Restaurant seien selbst Tischreservierungen für gerade mal sieben Personen storniert worden. Hinzu kommen Großveranstaltungen, die nun auf der Kippe stehen. So sollte in den Osterferien eigentlich das Albert Schweitzer Turnier des Deutschen Basketball Bunds in Mannheim und Viernheim stattfinden. Die Schiedsrichter nächtigen traditionell in den Hotels Ottheinrich und im Marktplatzhotel. Sie sorgen seit Jahren für eine volle Auslastung von knapp zwölf Tagen. Im Restaurant Tafelspitz richtet der Verband auch seine Abendessen aus. Eine endgültige Absage liegt noch nicht vor – aber die letzten Nachrichten aus dem Hochleistungssport lassen nichts Gutes erahnen.
Corps-Tagung droht Verlegung
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Auch die Weinheimtagung der studentischen Corps-Verbindungen steht offenbar unter Druck. Es seien schon mehrere Anfragen eingegangen, bis wann eine kostenlose Stornierung bereits gebuchter Zimmer möglich sei, so Bährend. Sie hofft, dass die Tagung – sollte sie ausfallen – wenigstens im Herbst nachgeholt wird, wie es angedeutet wurde.
Gerald Haas (Diebsloch) will nun einen Brief an die Stadt Weinheim aufsetzen – und darum bitten, Gewerbesteuerzahlungen zu stunden und die sonst üblichen Gebühren für die Außenbestuhlungen dieses Jahr auszusetzen. Die Gastronomen wollen auch auf die Stadtwerke zugehen und hoffen auch hier auf Unterstützung. Seit Jahren kämpfe die Gastronomie schon um eine gerechte Steuerpolitik, jetzt sei die Politik gefordert, hier die Gastronomie zu unterstützen. Verkürzungen der Öffnungszeiten oder eine Verringerung des Personalbestands seien noch nicht wirklich im Gespräch, aber nicht ganz auszuschließen, betont Bährend: "Wir wollen unsere Mitarbeiter nicht vor den Kopf stoßen", verweist sie auf den Fachkräftemangel in der Branche. Mit Blick auf diese Thematik hofft sie auf die große Politik, die ja auch den mittelständischen Unternehmen durch die Krise helfen will. "Wenn wir nicht einen Teil vom Kuchen abbekommen, werden es einige von uns nicht schaffen", fürchtet Bährend.
Das Miramar teilt mit, dass die gesetzlich vorgeschriebenen, sehr hohen Hygienemaßnahmen nochmals intensiviert worden seien, das Personal sei sensibilisiert. "Nach Einschätzung von Experten, also Ärzten, besteht im Bad kein besonderes Infektionsrisiko, sondern ganz im Gegenteil ist eine Infektion über das gechlorte Wasser unmöglich und die hohe Luftfeuchtigkeit in Kombination mit Wärme sind für Viren jeglicher Art eine sehr ungünstige Umgebung", teilt das Bad mit. Da das Dach des Wellenbads saniert wird und die Besucher auf die aktuelle Lage reagieren, kommen "seit über einer Woche täglich deutlich weniger als 1000 Gäste in das Bad."
Man stehe in einem sehr guten Austausch mit dem Gesundheitsamt, so Bäderchef Marcus Steinhart. Sollte es eine behördliche Anordnung geben, den Betrieb auf Zeit einzustellen, "werden wir das natürlich umsetzen. In der Abwägung der genannten Informationen halten wir den Betrieb bis zu einer gegenteiligen Anweisung des Gesundheitsamts offen", so Steinhart. Schließlich seien Sport und Saunieren erheblich gesundheitsfördernd.