12.000 Menschen sorgten für eine "Völkerwanderung"
Gegen den Strom gab’s kaum ein Durchkommen - Es ging auch steil bergauf

Von Karin Katzenberger-Ruf
Weinheim-Sulzbach/Bergstraße. "Schenk mir ein vom französischen Wein", singt Oberbürgermeister Heiner Bernhard aus vollem Hals. So lautet eine Zeile aus dem Lied "Dafür ist das Leben da", das der Musiker Matz Scheid zur Eröffnung des Blütenwegfests in Sulzbach anstimmt und mit der Gitarre begleitet.
Schön ist das Leben in der Tat an diesem fast sommerlichen Sonntag, an dem das diesjährige Blütenwegfest oberhalb von Sulzbach, Hemsbach und Laudenbach über die Bühne geht. Doch ab der ersten Station in der Sulzbacher Bachgasse geht es erst mal steil bergauf. Bernhard hat Wanderschuhe an, genau wie die Bürgermeister Manuel Just aus Hirschberg und Hansjörg Höfer aus Schriesheim. Nur Hans Lorenz, Bürgermeister von Dossenheim, ist in schwarzen Halbschuhen erschienen - da hat die RNZ genau hingeschaut.
Ein wahrer Menschenstrom schiebt sich schon in der ersten Stunde nach Veranstaltungsbeginn den Berg hinauf. Nach Schätzungen der Organisatoren - das sind die Ilek-Gruppen und die Organisatoren Roland Robra und Bernhard Ullrich vom Ilek-Regionalmanagement - kommen bis Sonntagabend rund 12.000 Besucher. Das sind doppelt so viele wie im Vorjahr. Darunter auch Mütter und Väter mit Kinderwagen oder Sprösslingen, die schon nach der zweiten Kurve fragen: "Wie weit ist es denn noch?" oder "Sind wir bald da?".
Wer am Vormittag einfach mal das Gefühl haben will, gegen den Strom zu schwimmen, geht die Strecke zurück. Stellenweise ist da kaum ein Durchkommen. Und doch haben alle Wanderer gute Laune, weil einfach alles stimmt. Es ist warm, sonnig. Und auf der Strecke gibt es nicht nur deftige Verpflegung wie die Sulzbacher Bauernbratwurst, sondern auch jede Menge lehrreiche Stationen sowie einen super Ausblick über die Rheinebene.
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Michaela Escher-Eisel ist mit ihrem Mann aus Eppelheim gekommen. Die Beiden haben sich mit Strohhüten gegen zu viel Sonne gewappnet und gehen den Aufstieg entspannt an. "Mal sehen, wie weit wir kommen", sagt Michaela: "Wenn es uns zuviel wird, kehren wir einfach um."
Unten im Ort herrscht zwar noch kein Verkehrschaos; aber es sind doch viele Autofahrer mit der Parkplatzsuche beschäftigt. An den Haltestellen für den Shuttle-Bus stehen schon ab 11 Uhr viele Wartende und fragen sich wohl, ob alle ins nächste Fahrzeug passen. Viele Wanderer haben sich vorgenommen, von Sulzbach bis nach Laudenbach zu gelangen. Das sind über neun Kilometer, aber richtig schöne.
Zwei Grüppchen begegnen sich auf dem Weg, grüßen einander mit lautem Hallo. "Auch unterwegs? Sonst treffen wir uns ja nur beim Einkaufen oder auf dem Friedhof", ist zu hören. Den Stand, der über das Auerrind-Projekt in Lorsch informiert, haben beide Gruppen gerade passiert. Zwei Rinder aus der Zucht, die ihren Ursprung im Freilichtlabor Lauresham in Lorsch hat, grasen nun erstmals an der Bergstraße. Die Rinderrasse soll dem ausgestorbenen Auerochsen möglichst nahekommen.
Die Orientierung an der Wildform hat das Ziel, Tiere zu züchten, die für naturnahe, extensive Ganzjahresbeweidungsprojekte in Naturschutz und Landschaftsentwicklung besonders geeignet sind. Das Publikum ist interessiert an allem, was am Wegesrand präsentiert wird. Also auch am "Quittenprojekt", das eine alte und schon fast vergessene Obstsorte wiederbelebt. Unter anderem mit Quittenschorle und Quittenhonig. Der örtliche Obst- und Gartenbauverein lädt zum Verweilen auf einem Grundstück ein, kündigt dem Publikum zudem das "Schaupflanzen" eines Obstbäumchens an.
Über den richtigen Baumschnitt kann man sich hier ebenfalls unterhalten. Es gibt außerdem die Naturfreunde Sulzbach, die über ein Naturfreundehaus auf der Tromm verfügen. Ansonsten werden Infotafeln von den Spaziergängern gern gelesen. Etwa über die Dorper Schafe, das Landschaftspflegeprojekt "Sulzbacher Hang Nord" oder das Eichbachtal, das die Gemarkungsgrenze zwischen Weinbach und Hemsbach markiert. Das Schild steht schon lange da. "Ist mir bisher nie aufgefallen", so eine Spaziergängerin. Gut, dass es das Blütenwegfest gibt.



