Die "Querdenker" und ihre Reden
Der Versuch einer Einordnung

Weinheim. (web) Trotz weiter Abstände: Unter den Teilnehmenden der "Querdenker"-Demo am Sonntag kam wieder und wieder so etwas wie Stimmung auf. So erscholl – wenn auch zaghaft – der Fußballer-Ruf "Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin". Dort soll es hingehen am 1. August, die Protestierenden sammelten in Weinheim bereits für Interessierte, die die Fahrt zur Großdemo nicht zahlen können.
"Berlin, wir kommen!", rief auch der Mannheimer Aktivist Walter Strasser. Er zeige Gesicht, wehre sich gegen die Maskenpflicht, gehe ohne Bedeckung einkaufen. Wo er nicht reinkomme, kehre er nie mehr ein, rief er – den Geldbeutel wedelnd – dazu auf, es ihm gleichzutun. Dass "Einschränkungen von Grundrechten" auf keinerlei Opposition träfen, beunruhige ihn zutiefst, gerade im Hinblick auf die Medien, die heftigst gescholten wurden.
"Wer einen Rest-IQ hat, merkt, dass etwas nicht stimmt", nahm die nächste Rednerin den Ball auf. Sie will Veränderungen im Sprachgebrauch festgestellt haben, die George Orwell (1903-1950) in seiner Dystopie "1984" umschrieben hatte. Das Werk dreht sich um einen totalitären Überwachungsstaat, der seine menschverachtende Politik in euphemistische Begrifflichkeiten ("Neusprech") kleidet.
Der dritte längere Beitrag kam von Manfred van Treek, nach eigenen Angaben Arzt für Allgemeinmedizin, Naturheilverfahren und Umweltmedizin. Viele Krankheitsbilder gingen eher auf Umweltgifte denn fehlenden Impfschutz zurück, Impfungen machten in vielen Fällen eher krank als gesund – und kaum jemand kenne Covid-19-Patienten persönlich, so einige seiner Thesen.
Vorsichtiges Fazit: Die Beteiligten bilden eine Mischung, die schwer zu fassen ist. Es scheint sich zum Teil um Bürger zu handeln, die staatlichen Autoritäten mit an Ablehnung grenzender Skepsis gegenüberstehen. Oder in der Coronakrise ein Symptom für eine gefährliche Nähe zwischen Politik, Konzernen und Medien erkennen. Wieder andere stehen auf Kriegsfuß mit der Schulmedizin. Und wieder andere wollen sich nicht einschränken. Das muss man nicht verbieten – gutheißen aber auch nicht.