Weinheimer Gemeinderat klärt über Anschlussunterbringung "Am Seeweg" auf
Am Donnerstagabend fand im Untergeschoss des Kindergartens Waid eine Bürgerinformationsveranstaltung statt – Oflinger übten Kritik

Auch der Leiter des Bürger- und Ordnungsamtes, Markus Böhm, informierte die rund 100 Zuhörer. Foto: Kreutzer
Weinheim. (keke) "Heiß und hitzig" zeigten sich am Donnerstagabend lediglich die Außentemperaturen. Im Untergeschoss des Kindergartens Waid, wohin die Stadt nach zwei vorangegangenen Bürgerinformationsveranstaltungen in Lützelsachsen und Hohensachsen zum Thema "Erstellung von Gebäuden zur Anschlussunterbringung von Flüchtlingen" diesmal eingeladen hatte, blieben dagegen die Temperaturen wie auch die Mehrzahl der 100 Zuhörer weitgehend "cool".
Auf einer Grundstücksfläche von mehr als 1900 Quadratmetern plant die Stadt "Am Seeweg" im Ortsteil Ofling die Erstellung von drei jeweils zweigeschossigen Gebäuden mit zehn Wohneinheiten für maximal 46 Bewohner. Hinzu kommen ein Kinderspielplatz sowie zehn Pkw- und eine Anzahl von Fahrradabstellplätzen. Wie in Lützelsachsen auf dem Areal "Südlich Sandlochsportplatz" ist das Mannheimer Büro "Motorplan" mit der Planung beauftragt. Als Bauzeit veranschlagt Architekt Urs Löffelhardt zehn Monate.
Über die Standortfrage könne an diesem Abend nicht mehr diskutiert werden, hatte OB Heiner Bernhard bereits zu Beginn auf den Beschluss des Gemeinderats verwiesen. Wovon sich etliche der diskussionsfreudigen "Oflinger" allerdings nur wenig beeindruckt zeigten.
Der "weit außerhalb der Stadtmauern gelegene Ortsteil" mit seinen nur etwas mehr als 300 Bewohnern ("Zehn Anwohner auf einen Flüchtling, der kommt") sei der denkbar ungünstigste Standort für die Unterbringung und die gewünschte Integration von Flüchtlingen, führte Wolfgang Klemm, einer der Sprecher der Interessengemeinschaft Waid-Ofling, als Hauptargument ins Feld. In der Kernstadt dagegen lebten mehr als 16 000 Menschen. Da sei es "schon seltsam", dass der Gemeinderat "wie mit dem Zirkel außen herum geschlagen" hat, jeweils lediglich an den Stadträndern, "aber in der Innenstadt keinen einzigen Standort ausfindig machen konnte". Die Chancen auf Integration tendierten hier "gegen null", attestierte ein anderer betroffener Anwohner. In der Ofling als "reines Wohngebiet ohne soziale Einrichtungen" gebe es "überhaupt nichts", was hierzu Hoffnung machen könnte: "Ohne Auto kommt hier niemand weg."
Ihrer "subjektiven Betroffenheit" und der von einigen Bürgern geäußerten Befürchtung, dass es auf der Ofling nicht bei der Anzahl der jetzt geplanten Gebäude bleiben werde, wollte sich Bernhard nicht verschließen. Angesichts der wenigen im Besitz der Stadt befindlichen Grundstücke dürfe sich die Verwaltung allein aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus keine Erweiterungsmöglichkeiten verbauen.
Aktuell sei eine derartige Option aber "kein Thema". Der Befürchtung, dass es zum Beispiel durch Familiennachzug nicht bei der genannten Zahl von Bewohnern der Unterkunft bleiben werde, trat Bernhard entgegen. Nur wenn eine hier eingezogene Familie Nachwuchs erwarte, könne sich diese Zahl erhöhen. Auf der anderen Seite stehe die Stadt in der Pflicht, bis Ende kommenden Jahres 330 Menschen in Anschlussunterbringung aufzunehmen, so Bernhard: "Aber ich will dafür keine Zeltstädte errichten." Auch nach Fertigstellung der Gebäude in Lützelsachsen, Hohensachsen und in der Ofling befinde man sich noch immer mit 105 Personen "unter der Zielmarke". Dass die Innenstadt keinen Unterbringungs-Standort hat, ärgere ihn selbst am meisten, machte Bernhard daraus mit Verweis auf ein von ihm favorisiertes, vom Gemeinderat aber abgelehntes Gelände an der Friedrichstraße keinen Hehl.
Auch zum jetzigen Zeitpunkt könne niemand eine verlässliche Prognose aufstellen, wie sich die Flüchtlingszahlen weiter entwickeln würden. "Fakt" ist dagegen, so Hartmut Neumann vom Amt für Immobilienwirtschaft, dass die bis spätestens 2017 zur Verfügung stehenden Wohnräume langfristig gesehen auch finanziell weniger gut gestellten Menschen zur Verfügung stehen und die Stadt damit ihren Beitrag zur Behebung des Mangels an sozialverträglichem Wohnraum leistet.
Hintergrund
Von Günther Grosch
Weinheim-Lützelsachsen. Eine überwiegend positive Einstellung zum Bau von zehn Wohneinheiten zur Anschlussunterbringung von Flüchtlingen auf dem Areal "Südlich Sandloch-Sportplatz" auf der einen Seite, zum anderen ein nicht weniger großes "Ja, aber
Von Günther Grosch
Weinheim-Lützelsachsen. Eine überwiegend positive Einstellung zum Bau von zehn Wohneinheiten zur Anschlussunterbringung von Flüchtlingen auf dem Areal "Südlich Sandloch-Sportplatz" auf der einen Seite, zum anderen ein nicht weniger großes "Ja, aber …": Auf diesen Nenner gebracht werden kann die Bürgerinformationsveranstaltung, mit der die Stadt am Montagabend in der Aula der Hans-Joachim-Gelberg-Grundschule in ihre "Englische Woche" von Bürgerinformationsveranstaltungen zum Thema Anschlussunterbringung startete.
Dem Thema aller drei Veranstaltungen gemeinsam ist, dass über die Standortfrage vom Gemeinderat in öffentlicher Sitzung entschieden wurde und auch der Zeitplan der Realisierung bekannt ist, machte OB Heiner Bernhard von Anfang an klar. Weder hier noch in Hohensachsen oder auf der Ofling gehe es noch um das "Wo" des Standorts, sondern um das "Wie" der Bebauung und die erhoffte Integration der künftigen Mitbürger.
Mittel- bis langfristig wolle man mit den Häusern Wohnraum nicht nur für Flüchtlinge schaffen, sondern diesen so konzipieren, dass sie später vom allgemein sozial orientierten Wohnungsbau genutzt werden können und damit einen Beitrag zur Reduzierung des vorhandenen Mangels leisten.
"Integration ist nicht einfach. Aber ohne Integration wird alles noch schwieriger", so Bernhard. Mussten 2014 von Weinheim nur 23 Asylbewerber in städtischen Unterkünften untergebracht werden, so waren es im Vorjahr bereits 52. In diesem Jahr sind 169, für 2017 mindestens 330 Flüchtlinge prognostiziert. Die "Spitze der Flüchtlingswelle" erwartet Bernhard in den kommenden eineinhalb Jahren.
Die Planungen "Am Sandloch" stellte Architekt Urs Löffelhardt vom Mannheimer Büro Motorplan vor. Auf einer Grundstücksfläche von rund 11 000 Quadratmetern sind in mehreren zweigeschossigen Hausgruppen insgesamt zehn Wohneinheiten mit Zwei- und Drei-Zimmerwohnungen für maximal 45 Bewohner vorgesehen. Als "heiße Eisen" in der Anwohnereinschätzung kristallisierten sich schnell die Anzahl und Lage der vorgesehenen (zehn) Stellplätze heraus. Von denen einer angeblich eine Teilfläche des Sportplatzes für sich reklamiert, ging ein Vorwurf in Richtung "Nicht-Einhaltung des Baufensters". Das Baufenster sei eng, aber in allen Belangen eingehalten, sagte der Architekt.
Mehr als nur ein Manko für eine spätere Vermietung stellt nach Ansicht vieler Anwohner die fehlende Unterkellerung der Gebäude dar. Ob die schon jetzt überforderte Kanalisation zusätzliche Abwassermengen verkraften könne, wurde nachgefragt. Die "Massierung" von 45 Personen aus unterschiedlichen Kulturkreisen an einer einzigen Stelle bringe eine "Gettoisierung" mit sich, die "Integration nicht fördert, sondern verhindert", lautete ein anderer Vorbehalt.
Die "massive Konzentration mit Gebäuden an einer Stelle" und die Tatsache, dass eine größere Fläche des Baufensters offensichtlich "bewusst offen gelassen" wurde, lasse darauf schließen, dass es wohl nicht bei der derzeitigen Zahl der Gebäude und der versprochenen maximal 45 Flüchtlinge bleiben werde,sagte ein anderer Anwohner. Es existiere ein Gemeinderatsbeschluss, der auf den beschlossenen Geländen derzeit jeweils nur die Unterbringung von bis zu maximal 45 Personen vorsieht, so OB Bernhard.
Weil man aber nicht wisse und vorhersagen könne, wie es mit den Flüchtlingszahlen weitergeht und die Stadt nur über eine begrenzte Zahl an Grundstücken verfüge, gebe es bewusst keinen darüber hinaus führenden Ratsbeschluss, dass "dies auch das tatsächliche Ende" darstellt. Bernhard: "Wir dürfen davor die Augen nicht verschließen, müssen unsere Pflicht erfüllen und uns entsprechende Optionen offenhalten." Dies gelte auch für die Standorte "Am Steinbrunnen" und "Seeweg". Deshalb könne man nicht so planen und bauen, dass anschließend nichts mehr möglich sei. Der Baubeginn soll noch in diesem Herbst erfolgen, die Fertigstellung ist für Ende 2017 geplant.
Info: Weiter gehen die Infoveranstaltungen heute um 19 Uhr, im Feuerwehrhaus Süd in Hohensachsen, wohin die Angrenzer des Standorts "Am Steinbrunnen" eingeladen sind. Am Donnerstag, 23. Juni, treffen sich ab 19 Uhr die Anwohner der Ofling in der Turnhalle im Kindergarten Waid mit Blick auf die "Seeweg"- Bebauung.
Hintergrund
Weinheim. (mwg) Eine Containersiedlung für Flüchtlinge und Asylbewerber in der kommunalen Anschlussunterbringung wird am Waldstadion in der Gorxheimer Talstraße aufgebaut. Bis Ende Juni sollen die Arbeiten abgeschlossen sein, sagte Stadtsprecher Roland Kern. Von Juli an
Weinheim. (mwg) Eine Containersiedlung für Flüchtlinge und Asylbewerber in der kommunalen Anschlussunterbringung wird am Waldstadion in der Gorxheimer Talstraße aufgebaut. Bis Ende Juni sollen die Arbeiten abgeschlossen sein, sagte Stadtsprecher Roland Kern. Von Juli an könnten dann 90 Menschen aus Unterkünften des Rhein-Neckar-Kreises in die rund 30 Container einziehen.
Kommunale Anschlussunterbringung bedeutet, dass die Menschen, die am Waldstadion eine Unterkunft finden sollen, von der Verantwortung des Kreises in die der Stadt Weinheim übergehen. Ihre Anerkennungsverfahren sind entweder abgeschlossen, oder sie sind seit zwei Jahren in Deutschland und haben noch keinen Bescheid, ob sie bleiben dürfen. Ein abgeschlossenes Verfahren muss aber nicht bedeuten, dass die Menschen als Asylbewerber anerkannt worden sind, sagte Kern. Ihr Gesuch kann auch abgelehnt worden sein, verschiedene Gründe könnten aber gegen eine Abschiebung sprechen.
Geplant ist, dass am Waldstadion drei bis vier Menschen in einem Wohncontainer leben. Dazu kommen Container für Toilette und Dusche, Küche und Waschmaschinen. Gewöhnlich bemühen sich Kommunen, für die Anschlussunterbringung Wohnungen zur Verfügung zu stellen. In Weinheim gibt es derzeit aber nicht genug Wohnraum, so Kern. Zwar seien Gebäude in Planung, die Container waren aber am schnellsten verfügbar. Auf die Stadt kommen dafür Kosten von rund 1,2 Millionen Euro zu.
Wer in die Containersiedlung einzieht, steht laut Kern noch nicht fest. Man bemühe sich, dass es Menschen sind, die bereits in Notunterkünften in Weinheim leben. Die Winzerhalle in Lützelsachsen etwa muss bis September geräumt werden. Diese Menschen kennen sich in der Stadt aus und werden hier schon geführt.



