Weinheim-Lützelsachsen: Bewohner zeigen Bedenken wegen möglicher "Gettoisierung"
Bürgerinfo zur Anschlussunterbringung - OB Bernhard: Es geht nur noch ums "Wie" - Bürger kritisierten den Beschluss, viele Personen aus unterschiedlichen Kulturkreisen an einer Stelle unterzubringen

Markus Böhm, Leiter des Weinheimer Ordnungsamts, erklärte den Zuhörern in der Aula der Hans-Joachim-Gelberg-Grundschule die Aufgaben der Stadt bei der kommunalen Anschlussunterbringung von Flüchtlingen udn Asylbewerbern. Foto: Dorn
Von Günther Grosch
Weinheim-Lützelsachsen. Eine überwiegend positive Einstellung zum Bau von zehn Wohneinheiten zur Anschlussunterbringung von Flüchtlingen auf dem Areal "Südlich Sandloch-Sportplatz" auf der einen Seite, zum anderen ein nicht weniger großes "Ja, aber …": Auf diesen Nenner gebracht werden kann die Bürgerinformationsveranstaltung, mit der die Stadt am Montagabend in der Aula der Hans-Joachim-Gelberg-Grundschule in ihre "Englische Woche" von Bürgerinformationsveranstaltungen zum Thema Anschlussunterbringung startete.
Dem Thema aller drei Veranstaltungen gemeinsam ist, dass über die Standortfrage vom Gemeinderat in öffentlicher Sitzung entschieden wurde und auch der Zeitplan der Realisierung bekannt ist, machte OB Heiner Bernhard von Anfang an klar. Weder hier noch in Hohensachsen oder auf der Ofling gehe es noch um das "Wo" des Standorts, sondern um das "Wie" der Bebauung und die erhoffte Integration der künftigen Mitbürger.
Mittel- bis langfristig wolle man mit den Häusern Wohnraum nicht nur für Flüchtlinge schaffen, sondern diesen so konzipieren, dass sie später vom allgemein sozial orientierten Wohnungsbau genutzt werden können und damit einen Beitrag zur Reduzierung des vorhandenen Mangels leisten.
"Integration ist nicht einfach. Aber ohne Integration wird alles noch schwieriger", so Bernhard. Mussten 2014 von Weinheim nur 23 Asylbewerber in städtischen Unterkünften untergebracht werden, so waren es im Vorjahr bereits 52. In diesem Jahr sind 169, für 2017 mindestens 330 Flüchtlinge prognostiziert. Die "Spitze der Flüchtlingswelle" erwartet Bernhard in den kommenden eineinhalb Jahren.
Die Planungen "Am Sandloch" stellte Architekt Urs Löffelhardt vom Mannheimer Büro Motorplan vor. Auf einer Grundstücksfläche von rund 11 000 Quadratmetern sind in mehreren zweigeschossigen Hausgruppen insgesamt zehn Wohneinheiten mit Zwei- und Drei-Zimmerwohnungen für maximal 45 Bewohner vorgesehen. Als "heiße Eisen" in der Anwohnereinschätzung kristallisierten sich schnell die Anzahl und Lage der vorgesehenen (zehn) Stellplätze heraus. Von denen einer angeblich eine Teilfläche des Sportplatzes für sich reklamiert, ging ein Vorwurf in Richtung "Nicht-Einhaltung des Baufensters". Das Baufenster sei eng, aber in allen Belangen eingehalten, sagte der Architekt.
Mehr als nur ein Manko für eine spätere Vermietung stellt nach Ansicht vieler Anwohner die fehlende Unterkellerung der Gebäude dar. Ob die schon jetzt überforderte Kanalisation zusätzliche Abwassermengen verkraften könne, wurde nachgefragt. Die "Massierung" von 45 Personen aus unterschiedlichen Kulturkreisen an einer einzigen Stelle bringe eine "Gettoisierung" mit sich, die "Integration nicht fördert, sondern verhindert", lautete ein anderer Vorbehalt.
Die "massive Konzentration mit Gebäuden an einer Stelle" und die Tatsache, dass eine größere Fläche des Baufensters offensichtlich "bewusst offen gelassen" wurde, lasse darauf schließen, dass es wohl nicht bei der derzeitigen Zahl der Gebäude und der versprochenen maximal 45 Flüchtlinge bleiben werde,sagte ein anderer Anwohner. Es existiere ein Gemeinderatsbeschluss, der auf den beschlossenen Geländen derzeit jeweils nur die Unterbringung von bis zu maximal 45 Personen vorsieht, so OB Bernhard.
Weil man aber nicht wisse und vorhersagen könne, wie es mit den Flüchtlingszahlen weitergeht und die Stadt nur über eine begrenzte Zahl an Grundstücken verfüge, gebe es bewusst keinen darüber hinaus führenden Ratsbeschluss, dass "dies auch das tatsächliche Ende" darstellt. Bernhard: "Wir dürfen davor die Augen nicht verschließen, müssen unsere Pflicht erfüllen und uns entsprechende Optionen offenhalten." Dies gelte auch für die Standorte "Am Steinbrunnen" und "Seeweg". Deshalb könne man nicht so planen und bauen, dass anschließend nichts mehr möglich sei. Der Baubeginn soll noch in diesem Herbst erfolgen, die Fertigstellung ist für Ende 2017 geplant.
Info: Weiter gehen die Infoveranstaltungen heute um 19 Uhr, im Feuerwehrhaus Süd in Hohensachsen, wohin die Angrenzer des Standorts "Am Steinbrunnen" eingeladen sind. Am Donnerstag, 23. Juni, treffen sich ab 19 Uhr die Anwohner der Ofling in der Turnhalle im Kindergarten Waid mit Blick auf die "Seeweg"- Bebauung.



