Pur im Weinheimer Schlosspark: "Die Jungs bringen rüber, was Leben ist" (plus Fotogalerie)
Auftritt von Pur vor 8000 Zuschauern sorgt für kollektiven Begeisterungstaumel - RNZ hat die Ankunft der Stars und ihrer Fans beobachtet

In der "Schlossparkarena" war Hartmut Engler der Held, um eine Pur-Textzeile frei zu zitieren (li.). Vor dem Auftritt hatten er und seine Bandkollegen sich auf dem Ratsbalkon entspannt, ehe sie sich im Sitzungssaal ihre Bühnenoutfits anzogen. Die Fans mussten sich vor der Riesenparty im Park (r. o.) von der Security abtasten lassen (r. u.). Tatsächlich hatten die meisten von ihnen die Bitte der Veranstalter befolgt und ihre Rucksäcke daheim gelassen. Fotos: Dorn
Von Philipp Weber
Weinheim. Zugegeben: Rock- und Popstars hat die Zweiburgenstadt schon viele gesehen. Aber was am späten Samstagabend im Schlosspark passiert, dürfte selbst dieser verwöhnten Stadt in Erinnerung bleiben. Denn gegen Ende des Pur-Konzerts ist die Stimmung schlicht: einmalig. Egal ob Hartmut Engler und Co. nun "Ich lieb’ Dich", "Lena" oder "Abenteuerland" anstimmen: Der ausverkaufte Park mit den 8000 Fans verwandelt sich mit jedem Refrain in einen gewaltigen Chor, der textsicher mitsingt. Tausende Hände klatschen im Rhythmus, Arme wiegen in der Luft, hier und da fließen Freudentränen - und bei der ersten Zugabe ("Drachen sollen fliegen") tauchen die Taschenlampen der Smartphones den Park in ein riesiges Lichtermeer.
Hartmut Engler breitet die Arme aus: "Klasse Publikum, wunderschöne Location", ruft er. Ja, Pur-Konzerte sind so etwas wie Liebhaben im Kollektiv: Vermutlich könnte man einen Depressiven in die Reihen vor der Bühne oder an den erstmals zum Einsatz kommenden Steg ins Publikum stellen - es würde ihm für wenigstens einen Moment besser gehen.
Gut fünfeinhalb Stunden zuvor, um 16.20 Uhr, parkt ein silberfarbener Audi Q7 vor Rathauseingang D. Einer der Insassen - ein Herr mit lockiger Silbermähne - greift gleich nach dem Aussteigen zur Zigarettenpackung.
Andrea Weber und Tochter Janina (24) wissen sofort, wen sie vor sich haben: den Keyboarder und Zweiten Sänger von Pur, Cherry Gehrig. Die beiden Schriesheimerinnen kommen zufällig vorbei - die anderen Fans sind noch auf dem Weg oder warten an der Rote-Turmstraße darauf, in den Park gelassen zu werden. Fans und Sänger sagen einander freundlich "Hallo" - aufdringliches Groupieverhalten gehört bei Pur nicht dazu. Bandmanager und Ex-Handball-Star Uli Roth wartet vor dem Ratseingang, er scherzt: "Guckt nur her, wie sie rauchen." Gehrig pafft und lacht: "Heute nur ausnahmsweise!".
Nein, mit dem Motto "Sex, Drugs and Rock’n’Roll" hat der Pur-Tross wenig am Hut - auch wenn Gehrig nicht der einzige bleibt, der sich erst mal eine "Kippe" gönnt. Auch die Ankunft von Starsänger Hartmut Engler gestaltet sich wenig spektakulär - er läuft leicht hinkend gen Eingang, offenbar ist ihm bei der Fahrt mit der Audiflotte ein Bein eingeschlafen - wovon später beim Konzert nichts mehr zu sehen ist. Kurzer Small Talk mit Manager Roth, dann verschwindet er ins Rathaus - um kurz darauf mit dem Rest der Band wieder aufzutauchen: an einem Tisch auf dem Ratsbalkon auf der anderen Seite des Gebäudes. Bis zum Auftritt ist ja noch Zeit.
Schwerer ist zu verstehen, was die Bandmitglieder da oben mit Uli Roth zu besprechen haben. Zu hören ist, dass der eine oder andere schwäbelt: Statt von dem Publikum oder den Fans redet man von "de’ Leit". Wie auch immer man sie nennen will: Dass die Leute ihre Band lieben, steht so fest wie die Libanonzeder vor dem Ratsbalkon. Rainer (47), Sabina (56) und Ben (38) zählen zu den Ersten, die am Haupteingang warten, mit diversen Pur-Tour-T-Shirts gekleidet. "Seit 1993 gehe ich auf die Konzerte. Ein Jahr ohne geht gar nicht", sagt Sabina, die aus dem Umkreis von Bad Dürkheim angereist ist. "Der Hartmut und seine Jungs bringen in ihren Songs einfach rüber, was Leben ist - und bleiben dabei völlig bodenständig, das ist einfach geil", meint Rainer. Er freut sich schon auf 2017, wenn die Band wieder in der Arena auf Schalke auftritt: "Die Karten haben wir schon daheim."
Ganz so oft sind Andrea und Janina Weber nicht dabei, aber auch sie schätzen die Liedtexte: "Es gibt zu jeder Lebenslage einen Song", so Janina. Sie muss es wissen: Als sie ihr erstes Pur-Konzert besucht hat, war sie vier Jahre alt.

















