Olympia-Kino zeigte "Finding Vivian Maier" zum Frauentag
Der Andrang vor dem Kino war riesig für den Dokumentarfilm "Finding Vivian Maier". Bei einem Glas Prosecco erfuhren die Kinogäste die abenteuerliche Geschichte der Entdeckung dieser Künstlerin.

Der Andrang vor dem Kino war riesig, nicht nur Frauen wollten wissen: Wer war diese Frau, die die Welt und sich selbst in Hunderttausenden Fotos festgehalten hat? Fotos: zg/Kreutzer
Von Anja Stepic
Hirschberg-Leutershausen. Als John Maloof im Winter 2007 auf einer Zwangsversteigerung ein paar Kisten mit Negativen alter Straßenfotografien von Chicago entdeckt, ahnt er noch nicht, dass er einen sensationellen Fund in den Händen hält. Für 380 Dollar ersteigert der junge Mann einen Karton voller Schwarz-Weiß-Fotografien von Vivian Maier. Dieser zu Lebzeiten völlig unbekannten und heute als eine der größten Fotografinnen des 20. Jahrhunderts geltenden Künstlerin widmet das Olympia-Kino den Abend des diesjährigen Weltfrauentages.
Der Andrang vor dem Kino ist riesig für den Dokumentarfilm "Finding Vivian Maier". Bei einem Glas Prosecco erfahren die Kinogäste die abenteuerliche Geschichte der Entdeckung dieser Künstlerin.
Als Maloof seinen Fund genauer sichtet, entdeckt er ungeheuer aussagestarke Fotografien, die ihn magisch in den Bann ziehen. Maloof versucht, im Internet mehr über diese faszinierende Fotografin zu erfahren. Nichts. Nicht ein einziger Eintrag, kein Bild ist über Vivian Maier zu finden. Maloof macht sich auf die Suche nach weiteren Nachlässen und bringt nach und nach alles, was er über Maier finden kann, in seinen Besitz.
Völlig fasziniert von diesem unglaublichen Werk katalogisiert er rund 30 000 Fotos und Filmrollen. Die Vivian Maier, wie sich herausstellte, niemals veröffentlicht oder auch nur irgendjemandem gezeigt hat. Die meisten ihrer Fotos hat sie wohl selbst nie gesehen, da viele Filme nicht einmal entwickelt waren.
Wer war diese Frau? Maloof recherchiert weiter und erfährt, dass eine der vielleicht begnadetsten Fotografinnen ihrer Zeit als einfaches Kindermädchen gearbeitet hat. Maloof trifft die Familien, bei denen Maier damals gewohnt hatte. Und nach und nach setzt sich das Bild einer ebenso geheimnisvollen wie exzentrischen Person zusammen.
Vivian Maier war ein sehr zurückgezogener Mensch. Den Zutritt zu ihren Räumlichkeiten hat sie niemandem gestattet. Womöglich, um ihre Sammelleidenschaft zu schützen, die zunehmend zwanghafte Züge annahm. Quittungen, Fahrkarten, vor allem Zeitungen stapelten sich in ihrem Zimmer bis zur Decke. Möglicherweise waren auch die Hunderttausende von Fotografien, die Maier mit ihrer alten Rolleiflex Mittelformatkamera machte, solche Sammelstücke - von Momenten, die sie vor dem Vergehen bewahren wollte.
Als Maloof Maiers Fotografien in einem Blog veröffentlicht und sein Dokumentarfilm 2013 in die Kinos kommt, löst er eine Welle der Begeisterung aus. Diese mysteriöse Frau hatte als Fotografin ein so wunderbares Auge, einen tiefen Sinn für menschliche Wärme, Humor und Tragik. Dass ihre Bilder so unglaublich authentisch sind, schreibt Maloof ihrer Kamera zu, die vor dem Bauch getragen wurde und nahezu unbemerkt ausgelöst werden konnte. So entstanden in den 1950/60er Jahren Porträts und Straßenszenen, Bilder einer achtmonatigen Weltreise und zahlreiche Selbstporträts. Es sei gut, dass sie erst nach ihrem Tod im Jahr 2009 bekannt wurde, so Maloof. Denn das Rampenlicht, in dem sie heute steht, hätte sie wahrscheinlich niemals gewollt.
Über einen Bildband von Vivian Maier durfte sich am Ende noch eine Kinobesucherin freuen. Sie gewann das vom Kinoförderkreis verloste Exemplar als Geschenk zum Weltfrauentag.



