Leistungen einer couragierten Frau gewürdigt
75. Todestag von Bertha Benz: Heimatbund legte Kranz nieder, MSC organisierte Sonderausstellung - Keine Aktion von der Stadt

Bertha Benz war stolz, als ihr die Stadt Ladenburg im Jahre 1933 die Ehrenbürgerschaft verlieh.
Von Axel Sturm
Ladenburg. Gestern vor 75 Jahren starb in Ladenburg Ehrenbürgerin Bertha Benz, die mit ihrer legendären Fahrt von Mannheim nach Pforzheim im Jahre 1888 dem Automobil zum Durchbruch verhalf. Am 5. August fuhr die couragierte Frau zusammen mit ihren beiden Söhnen Richard und Eugen ohne Wissen ihres Ehemanns mit der pferdelosen Kutsche aus der Werkstatt in der Mannheimer Waldhofstraße heraus, um die erste Fernfahrt eines Automobils zu wagen.
Damit bewies sie der Welt die Tauglichkeit des Automobils für Fernfahrten. Ohne die Unterstützung seiner Frau Bertha, die erste Frau, die am Steuer eines Autos saß, wäre es Carl Benz wohl nie gelungen, das Automobil zur Marktreife zu entwickeln. Mehrfach stand Benz, der seine Frau am 20. Juli 1872 in der Pforzheimer Stadtkirche heiratete, vor dem finanziellen Ruin. Die Mitgift seiner Frau wurde immer wieder dazu verwendet, finanzielle Engpässe zu überwinden, denn Carl Benz war zwar ein begnadeter Ingenieur, aber die kaufmännische Seite war nicht seine Stärke.
Auch moralisch war ihm seine Frau Bertha eine große Stütze. So war die Entwicklung des Zweitaktmotors mit vielen Rückschlägen verbunden. Benz wollte schon aufgeben, denn der Motor fiel immer wieder aus. "Lass uns noch mal rüber gehen in die Werkstatt", schlug Bertha ihrem Ehemann in der Silvesternacht des Jahres 1879 vor. In der Tat gelang es, in dieser Nacht den Motor zum Laufen zu bringen.
1904 zog Familie Benz nach Ladenburg um. Bertha Benz richtete zuerst eine Wohnung in der Bahnhofstraße ein. Für 48.500 Mark wurde 1905 eine repräsentative Villa mit großem Park gekauft. Als Käuferin für das Anwesen mit der Grundstücksnummer 4189 wurde Bertha Benz eingetragen, die dadurch Besitzerin der Benz-Villa am heutigen Dr.-Carl-Benz-Platz wurde. Zeitzeugen berichteten in den 1950er Jahren, dass Bertha Benz eine resolute Frau gewesen sei. Sie war sehr sparsam und sah es gar nicht gerne, dass ihr Mann Carl nach der Arbeit sein Stammlokal "Zum Ochsen" besuchte.
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Auch zockte Carl mit seinen Söhnen gerne in der benachbarten Garage. Der Spieltisch befand sich in seinem Studierzimmer. Die Zocker hatten immer ein Fenster auf, damit sie hörten, wenn Bertha mit ihrem Auto auf das Anwesen fuhr. "Schluss mit dem Kartenspiel - die Fee kommt", war dann das Zeichen, die Karten und das Geld einzupacken.
Obwohl die Familie Benz zu den betuchten Familien in Ladenburg gehörte, war Bertha Benz eine sparsame Frau. Es gab zwar Hauspersonal, das aber spärlich bezahlt wurde. Auch beim Einkauf wurde darauf geachtet, günstige Lebensmittel zu erwerben. Milch und Butter lieferte der benachbarte Lackerts-Hof.
Als das kleine Bauernmädchen Liesl einmal zu Ostern ein Kännchen Milch ablieferte, dachte sie eigentlich, dass am Osterfest ein paar Groschen als Belohnung abfallen. Belohnt wurde die Liesl auch. Allerdings nicht mit Geld sondern mit steinharten Weihnachtsplätzchen, die Bertha aus dem Küchenschrank holte.
Die Ladenburger verehrten Bertha Benz. Am 14. April 1933 wurde ihr die Ehrenbürgerschaft verliehen. Elf Jahre später starb die Autopionierin im Alter von 95 Jahren. Sie wurde neben ihrem Mann Carl am Ehrengrab beerdigt.
Hier legte eine Delegation des Heimatbundes gestern einen Kranz nieder, um an die große Leistung der Ehrenbürgerin zu erinnern. Carola Schuhmann sagte, dass der Heimatbund stolz sein könne, eine weltweit bekannte Frau als Ehrenmitglied zu haben. Bertha Benz wurde 1939 zu diesem ernannt. Die Familie Benz förderte die Arbeit des Geschichtsvereins großzügig, wie eine Spende über 300 Reichsmark belegt.
Mit Verwunderung wurde die Einstellung der Stadtverwaltung registriert, weil diese am 75. Todestag keinen Kranz niederlegte. "Das ist sehr bedauerlich", merkte die Heimatbundvorsitzende an.
Gestern Morgen legten auch Vorstandsvertreter des Motorsportclubs Dr. Carl Benz einen Kranz am Ehrengrab nieder. Die Sonderausstellung an der Benzgarage, die Ecki Mayer und Alexander Glowinski zusammengestellt hatten, stieß auf großes Interesse. An der Benzgarage hing ein großes Banner mit den Köpfen von Bertha und Carl Benz.
Die bebilderte Ausstellung beschrieb das Leben von Bertha Benz. Auch Gertrud Elbe, die Witwe des Benz-Urenkels Dieter Elbe, steuerte Material bei. Ihre Schwiegermutter Anneliese Elbe kannte die Weltbürgerin noch. Als Kleinkind hatte Anneliese Elbe großen Respekt vor Bertha Benz. Im fortgeschrittenen Alter war sie jedoch milder gestimmt. Geblieben sei jedoch Benz’ ausgesprochener Gerechtigkeitssinn. Gertrud Elbe erzählte, dass nach der Osternestsuche im Benzpark alle Schokoeier und -hasen an Bertha zurückgegeben werden mussten. Sie teilte die Süßigkeiten dann gerecht auf.
Die Geste des Motorsportclubs, Bertha Benz zu würdigen, fand Gertrud Elbe sehr erfreulich. Beim 90. Todestag von Carl Benz hatte Elbe kritisiert, dass die Stadtverwaltung "nichts tut", um das Erbe von Carl und Bertha Benz hochzuhalten. Daher war sie froh, dass der Heimatbund und der MSC Gesten zeigten. Ausstellungsmacher Mayer konnte ebenfalls nicht nachvollziehen, weshalb die Stadt den 75. Todestag der Ehrenbürgerin ignoriert. "Bertha Benz ist auf der ganzen Welt bekannt - und die Stadtverwaltung schweigt am 75. Todestag", meinte der Oldtimer-Spartensprecher.
Der war mit dem Oldtimer-Picknick im Benzpark sehr zufrieden. Trotz ungemütlicher Temperaturen kamen 50 Teilnehmer zum 2. Oldtimer-Picknick, bei dem ganz bewusst in diesem Jahr Bertha Benz die Hauptrolle spielte. > Kommentar



