Hirschberg: "Sterzwinkel"-Verlust soll bis zu sieben Millionen Euro betragen

Bürgerinitiative "Sterzwinkel": Laut Thilo Sekol ist das Neubaugebiet über 25 Jahre hinweg betrachtet "ein wirtschaftlicher Totalverlust".

05.04.2014 UPDATE: 05.04.2014 06:00 Uhr 1 Minute, 58 Sekunden
Thilo Sekol hat ein Gutachten zur Wirtschaftlichkeit des Sterzwinkel erstellt, das dem der Verwaltung widerspricht. Foto: Kreutzer
Hirschberg-Großsachsen. (ze) Was bringt das Neubaugebiet Sterzwinkel der Gemeinde aus wirtschaftlicher Sicht? Eine Frage, die bereits den Gemeinderat im vergangenen Jahr beschäftigte. Damals wurde eine Wirtschaftlichkeitsberechnung der Gemeinde Hirschberg mit Hilfe des EDV-Simulationsprogramms "Fokus" der Stadtentwicklungsgesellschaft STEG vorgestellt, die ein positives Ergebnis für das Neubaugebiet auswies. Ein Ergebnis, das die Bürgerinitiative Sterzwinkel und besonders Thilo Sekol, einer der Sprecher der BI, nicht nachvollziehen konnte.

"In diesen Berechnungen sind nicht alle Kosten und Aufwendungen berücksichtigt", erläuterte Thilo Sekol bei einem Pressegespräch. So griff der Diplom-Kaufmann Sekol selbst zum Taschenrechner, genauer gesagt zur Tabellenkalkulation. Heraus kam ein Gutachten zur Wirtschaftlichkeit des Sterzwinkel mit einem ganz anderen Ergebnis. "Das Neubaugebiet ist über 25 Jahre hinweg betrachtet ein wirtschaftlicher Totalverlust", fasste Sekol das Resultat seiner Berechnungen zusammen, deren rechnerische Richtigkeit von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und einem Professor für Controlling bestätigt wurde. Je nach berechneter Variante liege der Verlust zwischen drei und sieben Millionen Euro am Ende von 25 Jahren. Bei diesen Varianten wurden beispielsweise einmal die Erschließungskosten der Grundstücke berücksichtigt, ein anderes Mal nicht.

In die Berechnungen von Sekol sind in einigen Varianten zusätzliche Stellen für Bauhofmitarbeiter oder Mitarbeiter in der Gemeindeverwaltung aufgeführt. Dies begründete Sekol mit der Zunahme an Einwohnern, Straßen und Plätzen im Neubaugebiet, die von den Gemeindemitarbeiten betreut werden müssten. Dazu rechnete Sekol erhöhte Zahlungen bei der Kreisumlage und beim Finanzausgleich mit ein, die sich aus der gestiegenen Einwohnerzahl ergeben würden. Eingerechnet wurden auch Kosten für mehr Kindergartenplätze oder für die Förderung von Schülern, die etwa durch die Ganztagesbetreuung entstünden.

Eingegangen sind in die Berechnung ebenso Folgekosten für die Erhaltung der Infrastruktur. "Um die Infrastruktur zu erhalten, müsste die Gemeinde jährlich 80.000 Euro zurücklegen, das passiert aber nicht", kritisierte Sekol. Er hält seine Berechnungen auch für andere Gemeinden, die zukünftig ein Neubaugebiet ausweisen wollen, für wichtig. Zeigten sie doch, dass sich ein Neubaugebiet für Kommunen kaum unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten rechne. Nur in Fällen, wo sich große Unternehmen ansiedeln, die entsprechend Gewerbesteuer an die Gemeinden abführten, würde es sich für die Kommunen lohnen, Baugebiete auszuweisen. Gleichzeitig sei zu berücksichtigen, dass in die Neubaugebiete nicht nur "Neubürger" ziehen, sondern viele bereits im Ort ansässige Familien, die dafür ihre Häuser im Ortskern aufgeben würden. Für sein Gutachten nahm Sekol einen Anteil von 40 Prozent Hirschbergern an, die vom Ortskern in den Sterzwinkel gezogen sind oder noch dorthin ziehen werden. "Die Folge solcher Neubaugebiete sind Leerstände in den Innenstädten", wies Sekol auf mögliche Auswirkungen von Neubaugebieten an Stadträndern hin.

"Wir wollen keine alten Wunden mit dem Gutachten aufreißen", betonte Sekol in Hinblick auf die jahrelange Diskussion um den Sterzwinkel. "Denkanstöße" wollte dagegen Regina Beck von der Bürgerinitiative mit diesem Gutachten liefern. So forderte sie, zukünftig sensibler mit Baugebieten umzugehen und hier vor allem die Nachhaltigkeit zu beachten, die sie aber nicht nur auf den wirtschaftlichen Bereich beschränken wollte. Ebenso seien soziale und ökologische Aspekte zu beachten. "Es geht darum, aus Fehlern zu lernen", blickte ebenso Jürgen Glöckler von der Bürgerinitiative in die Zukunft.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.