Friedwald in Schriesheim: Initiatoren stellten sich kritischen Fragen
Auch skeptische Stimmen begleiteten die Info-Veranstaltung der Grünen Liste über ihre Initiative zur Einrichtung eines Friedwalds - Pfarrer sprach von "heiklem Thema"

Drei Standorte auf Schriesheimer Gemarkung, zwischen Altenbach und Wilhelmsfeld, eignen sich für einen Friedwald. Die Fläche ist insgesamt 26 Hektar groß. Foto: Kreutzer
Von Carsten Blaue
Schriesheim. Der evangelische Pfarrer, Lothar Mößner, brachte es auf den Punkt: "Es ist ein heikles Thema". Die Grüne Liste hatte eingeladen zum Info-Abend über die Idee, in Schriesheim einen Friedwald einzurichten (siehe auch RNZ vom 20. März). Man sei hier noch ganz am Anfang der Beratungen, so Grünen-Stadtrat Heinz Waegner im voll besetzten Saal des "Goldenen Hirsch": "Und wir wollen die Diskussion". Die bekam er. Stephan Martini von der Griesheimer FriedWald GmbH, die sich als Wegbereiterin für Naturbestattungen in Deutschland sieht, hielt einen flüssigen, 30-minütigen Vortrag. Danach folgten 45 Minuten lang zumeist kritische Fragen der Zuhörer.
In einem Friedwald ruht die Asche von Verstorbenen in Urnen, die am Wurzelwerk der Bäume beigesetzt werden und sich danach in drei bis fünf Jahren auflösen. Naturnahe Begräbnisstätten ohne Aufwand für die Grabpflege, die "auf keinen Fall eine Konkurrenz zu Friedhöfen sein sollen", wie Waegner betonte. Die Grünen wähnen alternative Bestattungsformen im Kommen und sehen die Chance auf ein "Alleinstellungsmerkmal" für Schriesheim. Wohl auch Gründe, warum sie im Gemeinderat einen Friedwald beantragen werden. Wann genau, ist noch unklar. Drei geeignete Forstflächen wurden hingegen schon ins Auge gefasst. Sie liegen zwischen Altenbach und Wilhelmsfeld am Oberen und Unteren Schleichwaldweg, umfassen insgesamt 26 Hektar, grenzen an die Landstraßen 536 und 596 a und wären vernetzbar.
80 bis 90 Bäume pro Hektar kämen für Urnenbestattungen in Frage, so Martini. Nach Erfahrungswerten der FriedWald GmbH, einer möglichen Betreiberin der Begräbnisstätten, gibt es etwa drei Beisetzungen pro Woche. Die letzte Ruhe kostet hier zwischen 490 Euro für einen "Basisplatz" an einem Baum für Einzelpersonen und 6350 Euro für einen Familien- oder Gruppenbaum. Namentliche oder anonyme Beisetzungen, "traditionelle" oder "individuelle" Trauerfeiern: Alles soll möglich sein. Jeder Friedwald verfügt über Parkplätze, eine Infotafel und einen "Versammlungsplatz" an zentraler Stelle. Martinis Beispielbild zeigte hier auch ein großes Holzkreuz. Die Stadt bliebe Eigentümerin des Friedwaldes und wäre Trägerin dieser Art von Waldfriedhof. 52 davon betreibt die FriedWald GmbH bundesweit, "aber wir sind kein Bestattungsunternehmen", betonte Martini. Ebenso hob er hervor, dass ein Friedwald als Erholungsgebiet jederzeit und für jeden zugänglich bleibe. Trauernde und Naherholer im Nutzungskonflikt? "Da gibt es keine Konflikte", beteuerte Martini. Der Applaus für seine Ausführungen war freundlich. Dann kamen die Fragen.
Die Barrierefreiheit eines Friedwalds wurde angemahnt. Mit Rollatoren und Rollstühlen komme man nur schwerlich voran. Eine Zuhörerin entgegnete, beim Heidelberger Bergfriedhof frage auch keiner nach Barrierefreiheit. Ob denn auch Toiletten vorgesehen seien, wurde anschließend gefragt. Gäbe es überdies feste Besuchszeiten für einen Friedwald, so wäre dessen Nutzung für alle eben doch eingeschränkt. Sogar um den Lärm der nahen Straßen und der Kartfahrer auf der "Kipp" sowie um das (in den ins Auge gefassten Gebieten eigentlich ausgeschlossene) Nebeneinander von Windkraft und Bestattungsbäumen ging es.
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Mößners Kollegin Suse Best sagte, eine würdevolle Bestattung müsse auch im Wald möglich sein: "Dafür müsste sicher so manches getan werden." Auch sprach sie die Bejagung im Ruheforst an. Dazu Martini: "Friedhöfe sind befriedete Bezirke." Eine Jagd sei nur mit Ausnahmegenehmigung möglich. Die Frage nach Kosten kam ebenfalls auf: Wer denn was bei der Einrichtung eines Friedwalds zu tragen habe. Martini sprach von einer "Bandbreite der Kooperationsmöglichkeiten mit der Stadt". Entsprechend der Übernahme von Pflichten ist wohl auch die Verteilung der Gebühren. Eines Försters wird es offenbar in jedem Fall bedürfen.
Am schärfsten war die Bemerkung aus dem Auditorium, mit dem Friedwald werde knackig Geld verdient. Altenbachs Gemeindediakon Klaus Nagel legte den Finger in eine kommunalpolitische Wunde: Die Grünen sollten sich doch lieber erst mal für eine neue Trauerhalle in Altenbach einsetzen, bevor sie einen Friedwald anregen. Man habe dieses Thema nicht aus den Augen verloren, behauptete Waegner: "Das ist in der Mache." In Sachen Friedwald sei man überdies noch nicht sehr weit. Beratungen mit der Stadt, Jägern und auch den Pfarrern stünden aus. Selbst in der Frage des Betreibers sei das letzte Wort nicht gesprochen. Der Grüne und Martini gingen zudem davon aus, dass vom Antrag bis zur Genehmigung durchaus bis zu zwei Jahre vergehen könnten.



