Edingen-Neckarhausens steiniger Weg bis zum neuen Friedhof

1839 stellte der Edinger Gemeinderat die erste Anfrage auf die Erweiterung des Kirchhofs. Die Behörde verlangte eine Fläche weiter draußen.

29.08.2016 UPDATE: 30.08.2016 06:00 Uhr 2 Minuten, 4 Sekunden

Direkt an der Evangelischen Kirche in Edingen wurden bis ins 19. Jahrhundert hinein die Toten bestattet. Als der Platz nicht mehr ausreichte, wollte die Gemeinde den Kirchhof erweitern, das wurde aber abgelehnt, weil das Bezirksamt nach einer Ortsbegehung befand, dass die Grabstätte zu nah am Ortskern liege. Foto: Kraus-Vierling

Von Stephan Kraus-Vierling

Edingen-Neckarhausen. Wer heute über den seitlichen Hof und den rückwärtigen Rasen an der Evangelischen Kirche in Edingen entlanggeht, ahnt nicht, dass hier bis ins 19. Jahrhundert hinein der Friedhof des Dorfs lag. Die Kirchhöfe waren die traditionellen Begräbnisstätten; wobei das Wort "Friedhof" ursprünglich den "eingefriedeten" Bereich um die Kirche bezeichnete.

Wie in anderen Orten auch stellte jedoch der immer raschere Einwohnerzuwachs die Gemeinde Edingen mehr und mehr vor Platzprobleme. Es war ein steiniger Behördenweg, bis der Ort seinen Friedhof an der heutigen Stelle bekam. Historiker Ralf Fetzer hat dem Thema in seiner großen Edinger Chronik (Edition Ralf Fetzer, 2008) ein Kapitel gewidmet.

Im Jahr 1839 fragte der Edinger Gemeinderat beim Bezirksamt in Schwetzingen an, ob man den Friedhof vergrößern dürfe. Dieser sei für die auf 662 Köpfe angewachsene Einwohnerschaft zu klein; daher könnten "die Leichname nicht gehörig verwesen". Die Gemeinde wollte ein Stück Acker, hinten angrenzend an den Kirchhof, dazukaufen.

Das Bezirksamt veranlasste eine Ortsbegehung durch das Großherzogliche Physikat in Schwetzingen, also die amtsärztliche Stelle, auf deren Befund hin die Erweiterung als zu nahe am Dorf abgelehnt wurde. Die Gemeinde solle einen geeigneten Platz weiter draußen finden. Bürgermeister Koch nahm das nicht hin. In einem Schreiben ans Amt unterstrich er noch einmal die Vorteile der geplanten Erweiterungsfläche: nicht umbaut, mit weniger fruchtbarem Boden und daher günstig zu erwerben.

Dieser zweite Anlauf hatte Erfolg. Die alte Friedhoffläche direkt an der Kirche wurde wohl kurz darauf geschlossen. 1856 wird dort von nur noch zwei oder drei "Grabdenkmalen" berichtet. Bis heute sind fünf alte Grabsteine an der hinteren Kirchenwand erhalten geblieben, sowie ein weiterer im Gotteshaus. Bereits in den 1860er Jahren musste und durfte der Friedhof ein zweites Mal, wiederum nach Südwesten, erweitert werden. Doch keine Generation später stieß man wieder an die Kapazitätsgrenze.

Wohl wurde nun von Behördenseite erneut eine Friedhof-Verlegung weiter hinaus ins freie Feld gefordert. Indessen wollte die Gemeinde 1889 ein drittes Mal am alten Standort erweitern. Befürchtete sie doch, dass von einem westlicher gelegenen neuen Friedhof "die sehr häufigen Westwinde eine allenfallsige Ausdünstung uns unmittelbar dem Orte zuführen", was beim alten Gottesacker am südlichen Ende des Ortes nicht drohe.

Dann aber gab es Probleme mit dem Geländekauf für die Erweiterung. Stattdessen erwarb man doch zwei Gewanne weiter "um die Hälfte des Kaufpreises…65 Ar Gelände". Schon im Folgejahr war dort zur Zufriedenheit von Gemeinde und Genehmigungsbehörde "ein neuer, vor wenigen Wochen in Benutzung genommener Friedhof mit massiven Umfassungsmauern (aus rothem Sandstein) angelegt" worden.

Ein in Fetzers Chronik edierter Planentwurf zeigt die Neuanlage mit dem Friedhofweg, damals von Bäumen gesäumt, und der kommunalen Kiesgrube, wo heute der Spielplatz am Gemeindepark liegt. Wenige Jahre später trennte sich die Evangelische Kirche von der südlichen Flanke ihres Kirchhof-Geländes mit dem alten Pfarrhaus aus dem 18. Jahrhundert. Mit dem Verkaufserlös finanzierte sie 1897 den Pfarrhaus-Neubau direkt daneben, heute Kita "Vogelnest", nebst Hinterhaus mit Schweinestall, Waschküche und Konfirmanden-Saal, jetzt "Kälble-Heim".

In den 1920er Jahren gab es dann erste Planungen für eine Friedhofskapelle. Diese wurde aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg errichtet, als Ersatz für das Totenhäuschen an der Hauptstraße, das noch Teile von Edingens allererstem Rathaus birgt. Über dieses heute unscheinbare, aber ortsgeschichtlich wertvolle Gebäude berichten wir im nächsten Teil der Friedhofs-Serie.

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