Edingen-Neckarhausen: Grundstücksbesitzer im Mittelgewann darf Obstbäume kappen

Kein Verstoß gegen Naturschutzgesetz - Dietz Wacker erwägt Schadenersatzforderung

07.10.2016 UPDATE: 08.10.2016 06:00 Uhr 2 Minuten, 12 Sekunden

Zahlreiche junge Obstbäume hat Hans-Georg Nikolai auf seinem Grundstück im geplanten Neubaugebiet Mittelgewann so stark zurückgeschnitten, dass sie zerstört wurden. Damit hat er aber nicht das Artenschutzrecht gebrochen, wie ihm die Bürgerinitiative vorwirft. Foto: RNZ

Von Maren Wagner

Edingen-Neckarhausen. Es mag schade sein um die Bäume, ein Verstoß gegen das Naturschutzgesetz liegt aber nicht vor: Weil Hans-Georg Nikolai auf seinem Grundstück im Mittelgewann zahlreiche junge Obstbäume so stark zurückgeschnitten hat, dass sie nicht mehr zu retten sind, hat Anfang dieser Woche die Bürgerinitiative (BI) "Bürgerbegehren Mittelgewann" Alarm geschlagen. Damit seien verbotenerweise Brutstätten einiger Vogelarten des Mittelgewanns zerstört worden. Der Naturschutzbund (Nabu) und das Landratsamt winken ab.

Zunächst hatte sich Stefan Brendel im Namen der BI Anfang dieser Woche mit einem Schreiben an die Gemeinde, die untere Naturschutzbehörde und die Polizei gewandt. "Durch die Fällung von alten Obstbäumen", heißt es darin, "besteht der konkrete, begründete Verdacht", dass gegen geltendes Artenschutzrecht verstoßen worden sei.

Die BI forderte die Behörden auf, dies zu überprüfen. In der Gemeinderatssitzung am Mittwoch sprach Enzio Ermarth den Rückschnitt dann noch einmal an. "Die Bäume sind einfach abgesägt worden", sagte Ermarth, "es ist ein Trauerspiel."

Dem stimmt Sebastian Olschewski zu. Brutstätten für Grünspecht und Gartenrotschwanz, Vogelarten, die im Mittelgewann ihr Brutrevier haben, seien dadurch aber nicht zerstört worden, sagt der zweite Vorsitzender der Heidelberger Nabu-Gruppe. "Es scheinen keine alten Bäume gewesen zu sein sondern junge. Die haben noch keine Höhlen."

Zu diesem Ergebnis kamen gestern bei einem Vor-Ort-Termin auch Vertreter der Gemeinde und der unteren Naturschützbehörde des Rhein-Neckar-Kreises. "Die haben sich die Bäume angeschaut und gesagt, dass alles in Ordnung ist", sagt Besitzer Nikolai. Bürgermeister Simon Michler bestätigte das.

Junge Bäume darf rechtlich gesehen jeder Grundstücksbesitzer fällen, wenn er das möchte. Denn um für Vögel interessant zu werden, müssen Obstbäume einen gewissen Stammumfang haben. Mit 60 bis 70 Jahren haben sie meist Höhlungen, in denen etwa Grünspecht und Gartenrotschwanz brüten. Die alten Bäume, die dafür in Frage kommen könnten, hat Nikolai aber auf seinem Grundstück stehen lassen. Hätte er diese gefällt, sagt Olschweski vom Nabu, hätte er die Naturschutzbehörde einschalten und zum Beispiel mit Brutkästen einen Ausgleich schaffen müssen.

Die zerstörten Bäume hatte vor rund zehn Jahren Dietz Wacker gepflanzt, damals mit Erlaubnis des mittlerweile gestorbenen Schwiegervaters von Hans-Georg Nikolai. "Es waren Esskastanien und viele alte Apfelsorten", sagt er. Verpachtet wurde ihm das Grundstück aber nie, es gab nur eine mündliche Vereinbarung. Wacker war es auch, der die Bäume pflegte und zurückschnitt, das Obst erntete und den Rasen mähte.

Irgendwann in den vergangenen Monaten scheinen sich Wacker, der gegen die geplante 10,7 Hektar große Bebauung des Mittelgewanns ist, und Nikolai, der diese befürwortet, entzweit zu haben. Nikolai sagt heute: "Ich weiß nicht, welche Vereinbarung da mit meinem Schwiegervater getroffen wurde." Er selbst wolle und könne die Bäume nicht mehr pflegen. Nikolai plant, Rüben einzupflanzen und das Grundstück zu verpachten.

Wacker versucht jetzt, auf Schadenersatz zu drängen. Denn er hatte die Bäume bezahlt. "Ich habe einen Rechtsanwalt eingeschaltet, der prüft, ob ich mit einer Klage Erfolg hätte", sagt Wacker. Weil ihm das Grundstück nie verpachtet wurde, ist fraglich, ob die Bäume sein Eigentum sind.

Vertreter der Bürgerinitiative werfen Nikolai vor, die Bäume zerstört zu haben, um den ökologischen Wert des Mittelgewanns zu mindern. "Wenn das Gebiet erschlossen wird, werden die Bäume aller Voraussicht nach ohnehin gefällt. Da hätte man fairerweise auch warten können", sagt auch Olschewski vom Nabu. Nikolai: "So weit habe ich nicht gedacht."

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