Asyl-Café ist Treffpunkt für Alt- und Neu-Hirschberger

Hier begegnen sich Menschen - Abdullatif Abdalla ist angekommen

06.11.2015 UPDATE: 08.11.2015 06:00 Uhr 1 Minute, 30 Sekunden

Schnell kamen die Gäste bei der Eröffnung des Cafés miteinander ins Gespräch. Foto: Kreutzer

Hintergrund

Hirschberg nennt erstmals konkrete Zahlen

(lag) In einer Presseinformation nennt die Gemeinde Zahlen: Mindestens 30 weiteren Menschen will man bis zum Jahresende dezentralen, also privaten Wohnraum bieten. "Mittelfristig" soll eine

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Hirschberg nennt erstmals konkrete Zahlen

(lag) In einer Presseinformation nennt die Gemeinde Zahlen: Mindestens 30 weiteren Menschen will man bis zum Jahresende dezentralen, also privaten Wohnraum bieten. "Mittelfristig" soll eine Gemeinschaftsunterkunft am Ortsrand für die Anschlussunterbringung von zunächst bis zu 60 Flüchtlingen entstehen. Eine weitere Fläche am Ortsrand will die Gemeinde für die vorläufige Unterbringung von Asylbewerbern zur Verfügung stellen. Dort könnte der Rhein-Neckar-Kreis eine Sammelunterkunft für "circa 100 bis 150" Menschen errichten.

Hintergrund der Presseinformation sei eine Äußerung von Uli Sckerl gewesen, so Bürgermeister Manuel Just gegenüber der RNZ: Der Grünen-Landtagsabgeordnete habe kürzlich die Solidarität der Gemeinden eingefordert, die noch keine oder nur wenige Flüchtlinge untergebracht haben. "Wir haben uns vor den Kopf gestoßen gefühlt", sagte Just, "zumal sich der Gemeinderat seit Monaten in nicht-öffentlichen Sitzungen mit dem Thema beschäftigt." Das Gremium habe der Verwaltung den Auftrag erteilt, Grundstücke zu prüfen und Verhandlungen aufzunehmen. Diese laufen nun, so der Bürgermeister.

Neben den 20 Flüchtlingen und Asylbewerbern, die schon in Hirschberg wohnen, rechnet Just damit, weitere dezentral im Ort unterbringen zu können. "In den letzten Wochen haben wir einige Angebote von Bürgern bekommen, Wohnungen und teilweise auch Häuser." Einige würden derzeit noch geprüft, mit anderen seien schon Verträge abgeschlossen worden.

Für mehr als diese 50 Menschen fehlen in der Ortsmitte Immobilien oder Grundstücke, daher weicht die Gemeinde auf die Ortsränder aus. Wann und wo hier Flüchtlinge unterkommen, hängt laut Just vom Ergebnis der Verhandlungen ab. "Noch gibt es mehrere Grundstücksoptionen; und dann ist die Frage, was wie schnell errichtet wird: Container oder Gebäude in modularer Bauweise, das kommt auch auf die Kosten an." Das Grundstück, das die Gemeinde für die Anschlussunterbringung gewinnt, soll langfristig auch mehr als 60 Menschen aufnehmen können.

"Sobald das Gesamtkonzept steht, werden wir die Bürger informieren", sagte Just. Das werde wohl Ende November bis Anfang Dezember der Fall sein.

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Von Laura Geyer

Hirschberg-Leutershausen. Abdullatif Abdalla macht gern Witze. "Haben Sie meinen Namen geschrieben?", fragt er die Frau von der Zeitung. Der Syrer lacht und erzählt in gutem Deutsch von seinem ägyptischen Lieblings-Comedian.

In einem Sketch liefert der sich ein Zwiegespräch mit einem Anwalt und fragt immer wieder, ob dieser schon seinen Namen geschrieben habe.

Abdalla ist mit seiner Familie zur Eröffnung des "Asyl-Cafés" gekommen. Pünktlich um 17 Uhr ist das ehemalige Jugendcafé in der Alten Schillerschule schon gut gefüllt. Kinder wuseln zwischen den Erwachsenen herum, die sich schnell in kleinen Gruppen zu Gesprächen zusammenfinden.

So hat sich Renate Rothe das vorgestellt: "Dieser Raum soll ein Treffpunkt sein, für Menschen, die hier schon länger leben, und Menschen, die von weit her gekommen sind", sagt sie in ihrer kurzen Ansprache.

Hier kann man miteinander ins Gespräch kommen, Deutsch lernen, basteln oder Filme schauen. Auch ein Computer mit Internet-Anschluss steht zur Verfügung.

Das Team vom Runden Tisch Asyl hat das alte "Juca" herausgeputzt: Eine Sofaecke lädt zum gemütlichen Verweilen ein, an zwei Tischen sitzen bald Kinder und Erwachsene mit Gesellschaftsspielen zusammen.

Das Buffet auf dem umfunktionierten Billardtisch wird immer größer, viele Gäste bringen Kuchen oder Gebäck mit. Sogar die Fensterbänke haben die Organisatoren herbstlich dekoriert, mit Blättern, Äpfeln, Kerzen.

In einer Ecke hat Simaf die Sachen auf dem Fenstersims vorsichtig zur Seite geschoben. Sie zeichnet. Abdalla schaut seiner 14-jährigen Tochter über die Schulter, nimmt sich dann auch ein Blatt.

Seit gut einem Jahr wohnt der Syrer mit seiner Frau Aysha und den vier Kindern in einer Wohnung in Großsachsen. Viele Monate zuvor war er in Malikiya aufgebrochen: "Meine Arbeit, die Schule, es war alles weg." Er lief in der Nacht über die türkische Grenze, fuhr dann mit dem Bus nach Istanbul.

Von dort nahm er ein Flugzeug. Von Frankfurt kam er nach Kassel, ein halbes Jahr später nach Hirschberg.

Dann konnte er seine Familie nachholen. "So weit weg von ihnen zu sein war sehr schwer", sagt Abdalla. Er senkt den Kopf. Dann hellt sich sein Blick wieder auf und er erzählt noch einen Witz.

Seit dieser Woche macht er ein Praktikum, in seinem alten Beruf als Laborant. Bald hat Abdalla es geschafft.

Info: Das Café - es braucht noch einen Namen - öffnet alle zwei Wochen dienstags, erstmals am 10. November, von 15.30 bis 17.30 Uhr. Bei Bedarf könnte der Raum häufiger öffnen.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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