SPD unterstützt Bürgerbegehren gegen die "Wolfsgärten" (Update)
Heidelberger sollen über Ankunftszentrum entscheiden - "Noch immer fassungslos über die 180-Grad-Wende der Grünen-Fraktion"

Heidelberg. (dns) Die Gegner einer Verlagerung des Ankunftszentrums in die Wolfsgärten erhalten weitere Unterstützung: Jetzt hat auch die SPD beschlossen, sich bei einem geplanten Bürgerbegehren zu engagieren. "Noch immer sind wir fassungslos über die 180-Grad-Wende der Grünen-Fraktion, die sich seit jeher und zuletzt im Kommunalwahlkampf mit uns solidarisierte und den Standort Wolfsgärten immer ausgeschlossen hatte", schreiben die Sozialdemokraten in einer Pressemitteilung. "Unter Willkommenskultur verstehen wir etwas anderes, als von Krieg und Verfolgung geflohene Menschen zwischen Schnellstraßen und Bahntrassen wegzusperren."
Während andere Gruppen im Gemeinderat sich schnell für das Bürgerbegehren und einen Bürgerentscheid aussprachen, ließ die SPD sich Zeit: "Das kommunalrechtliche Instrument des Bürgerbegehrens darf nicht für jede unangenehme Entscheidung verwendet werden. Wenn es aber das letzte demokratische Mittel ist, um eine unmenschliche Fehlentscheidung zu korrigieren, wird sich die SPD Heidelberg beteiligen", erklären die Genossen. "Die vielen Hilferufe aus der Bevölkerung, die uns in den letzten Wochen erreicht haben, bestärken uns in dieser Entscheidung."
Um einen Bürgerentscheid zu erzwingen, müssten die Wolfsgärten-Gegner bis März 2021 etwa 7700 Unterschriften sammeln.
Update: Montag, 3. August 2020, 19.45 Uhr
Von Denis Schnur
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Heidelberg. Der Streit um die Zukunft des Ankunftszentrums für Geflüchtete geht wohl in die nächste Runde. Denn ein Bündnis aus Parteien und Verbänden will die vom Gemeinderat beschlossene Verlagerung auf das Gewann Wolfsgärten bei Wieblingen unbedingt verhindern – und strengt deshalb ein Bürgerbegehren dagegen an. Das haben die Beteiligten bei einem Treffen in der vergangenen Woche beschlossen.
"An diesem Standort Flüchtlinge unterzubringen, ist unseres Erachtens unzumutbar und steht einer Integration von Flüchtlingen entgegen. Auch würden dadurch fruchtbare Ackerflächen und ein Kaltluftgebiet durch Bebauung beseitigt", begründen die beteiligten Aktivisten und Organisationen ihren Vorstoß. Neben dem noch jungen und relativ kleinen "Bündnis Ankunftszentrum, Flüchtlinge und Flächenerhalt (BAFF-PHV)" sehen unter anderem der Asylarbeitskreis und der Migration Hub das Areal Wolfsgärten in der Nähe von Gleisen und Autobahn als ungeeignet an.
Aus dem Gemeinderat unterstützen Bunte Linke, "Linke", Grün-Alternative Liste, "Heidelberg in Bewegung" und "Die Partei" ein Bürgerbegehren. Auch bei der SPD gibt es entsprechende Überlegungen. "Da hat sich ein sehr breites Bündnis gefunden", erklärt Dorothee Hildebrandt stolz. Gemeinsam mit Edgar Wunder, der im Landesvorstand des Vereins "Mehr Demokratie Baden-Württemberg" tätig ist, und Sigrid Zweygart-Pérez, die im Ankunftszentrum als Flüchtlingspfarrerin arbeitet, wird Hildebrandt als Sprecherin der Bürgerinitiative und Vertrauensperson beim Bürgerbegehren auftreten.
Noch sei man dabei, letzte Details abzuklären, damit das Bürgerbegehren auch juristisch einwandfrei sei. Doch vermutlich wird die Fragestellung am Ende lauten: "Sind Sie dagegen, dass das Ankunftszentrum in das Areal Wolfsgärten verlagert wird?" Lange habe man überlegt, zwei parallele Begehren anzustrengen oder die Frage auszuweiten. Schließlich gehe es dem Bündnis nicht nur darum, ein Ankunftszentrum in den Wolfsgärten zu verhindern, sondern auch darum, dieses in Patrick-Henry-Village (PHV) zu integrieren. Außerdem will man verhindern, dass das ehemalige US-Areal um 18 Hektar vergrößert wird, wenn dort ein neuer Stadtteil entsteht.
"Aber wir können das nicht in die Fragestellung packen", bedauert Hildebrandt. "Das wäre vermutlich rechtlich angreifbar." Stattdessen steht nun in der Begründung des Bürgerbegehrens, dass es gut wäre, "das Ankunftszentrum auf der gegenwärtigen Siedlungsfläche des Patrick-Henry-Village ohne Nutzung zusätzlicher Ackerflächen zu errichten".
Entsprechend gehen die Aktivistinnen und Aktivisten wahrscheinlich mit der minimalistischen Frage auf Unterschriftenjagd. Und nur wenn zehn Prozent der wahlberechtigten Heidelberger – aktuell etwa 7700 Menschen – das Anliegen mit einem Autogramm unterstützen, muss sich der Gemeinderat damit befassen. Er kann dann entweder seine ursprüngliche Entscheidung revidieren oder die Frage an die Bürger weitergeben.
Da die Corona-Bestimmungen die Unterschriftensammlung schwerer machen, hat das Land die Fristen dafür vorübergehend ausgesetzt: Müssen die Unterschriften normalerweise drei Monate nach einem Gemeinderatsbeschluss vorliegen, haben die Sammler nun Zeit bis 31. März 2021. "Das wird unter den aktuellen Bedingungen trotzdem schwierig genug", so Hildebrandt. Deshalb will die Initiative wohl auch den gesamten Zeitraum ausnutzen und die meisten Unterschriften im Vorfeld der Landtagswahl vom 14. März sammeln. Dann sei das Interesse der Bürger an dem Thema vermutlich am größten: "Das Ankunftszentrum ist schließlich Landessache."