Im Kreis geht es 100-mal um die Erde
Landratsamt lud zum "bürgeroffenen Kongress" über den Öffentlichen Personennahverkehr ein - Verkehrsminister Hermann referierte

Von Peter Lahr
Mosbach. Über 150 Gäste konnte Landrat Dr. Achim Brötel am Samstag zu einem "bürgeroffenen Kongress" über die Zukunft des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) begrüßen. Als bekanntester von insgesamt sechs Referenten sprach der Landesverkehrsminister Winfried Hermann über "Nachhaltige Mobilitätspolitik - für Stadt und Land". Wie leicht es bei diesem Thema zu Verspätungen kommen kann, zeigte bereits die erste Fragerunde. Diese endete eine Dreiviertelstunde später, als es der Kongress-Fahrplan vorgesehen hatte.
"Wer im ländlichen Raum lebt, weiß, was weite Wege sind", kam Landrat Brötel gleich auf den "Status quo" zu sprechen. Sein Dank ging vorneweg an die SPD-Fraktion im Kreistag, die die Anregung zu dem Kongress mit Referaten, Messe und Schau von Bussen der neuesten Generation gegeben habe. "Wir wollen ein Forum zum Dialog bieten", beschrieb er den Sinn der Übung. Aus den Beiträgen der Bürger erhoffte er sich wertvolle Impulse für die weitere Arbeit. "Wir geben momentan, gerade was die Bedienung mit Busverkehren anbelangt, im gesamten Kreisgebiet so richtig Gas", unterstrich Brötel.

Landesverkehrsminister Winfried Hermann tauschte sich während des Zukunftskongresses mit Landrat Dr. Achim Brötel aus. Foto: Lahr
Vor einem Jahr habe man die dritte Fortschreibung des Nahverkehrsplans verabschiedet, und in der Folge die Linienbündel Mosbach und Buchen neu ausgeschrieben. Dabei gehe es um vier Millionen Fahrplankilometer, was 100 Erdumrundungen entlang dem Äquator entspreche.
Ab Januar werde man weitere 762.000 Buskilometer auf die Strecke bringen, was 1,5 Millionen Euro jährlich koste. Mit Unterstützung des Landes verkehrten zudem zwei neue Regiobuslinien, die Mosbach mit Sinsheim, sowie Buchen mit Tauberbischofsheim verbinden sollen. In den kommenden fünf Jahren fördere das Land diese Verbindungen mit 3,5 Millionen Euro, während die kommunalen Seiten 4,1 Millionen Euro zu tragen hätten.
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Gegen den Trend vermeldeten die seit 1999 eingesetzten Ruftaxis in der Region steigende Fahrgastzahlen. "Zielführende Dialoge" gebe es zum Thema "Schiene" mit dem Verkehrsministerium. Erste Verbesserungen seien erreicht. Dennoch gebe es noch viele "offene Baustellen" - besonders im Neckartal, aber auch im Bereich der Frankenbahn auf der Hauptstrecke Stuttgart - Heilbronn - Würzburg.
"Danke für den Kongress. Es gefällt mir sehr gut, wenn Landräte sich so einsetzen. Und ein dickes Kompliment für die sehr schönen Exponate draußen", lobte Minister Hermann den Gastgeber und die Exponate, von denen etwa der Iveco E-Bus (Heuliez) direkt von der IAA nach Mosbach gekommen war. Ausgehend von der sehr unterschiedlichen Ausgangssituation - "Im ländlichen Raum gibt es doppelt so viele Autos pro Einwohner wie in der Stadt" - versuche die Landesregierung, Mobilität und Lebensqualität für Stadt und Land" zu erreichen.
Über Jahrzehnte hin sei der ÖPNV auf dem Land im Wesentlichen ein Schülerverkehr gewesen. "Das ist nicht wirklich guter ÖPNV. ÖPNV ist mehr als Schülerverkehr", so Hermann. Gerade im Hinblick auf das "Autoland Baden Württemberg" müsse die Transformation zum klimaneutralen Verkehr gelingen. Um Autofahrer in Busse und Bahnen zu bekommen, arbeite man mit verschiedenen "Bausteinen".
Ziel sei bis 2025 ein Grundangebot, das von 5 bis 24 Uhr im Stundentakt fahren solle. Auch "flexible Angebote" als "kleine Gefäße" seien hier nötig - vom Ruftaxi bis zum Bürgerbus. Zusätzlich zu den schnellen Zügen gebe es die Regionalbahn und - wo keine Schiene ist - die Regionalbusse. Derzeit fördere das Land 15 Linien im Neckar-Odenwald-Kreis. Zwingend erforderlich sei, dass der Takt auf der Schiene mit dem auf der Straße verzahnt werde.
Auch beim komplexen Thema der Tarife über Verbundsgrenzen hinweg habe das Land schon Vorstöße gemacht. "Eine Reise, ein Ticket", laute langfristig das Ziel. Klar sei aber auch: "Nur wenn alle mitmachen, werden wir besser." Eine gute Idee sei das Jobticket, das es sogar bei Porsche gebe. Selbst ein Verkehrsminister habe nicht unbeschränkte Befugnisse: "Ich bin nicht König eines Verbundes, und wir können Geld nicht beliebig vermehren", gab Hermann zu bedenken.
Aus dem "bunten Strauß" der Fragen sei nur die Frankenbahn herausgegriffen. "Hier sind der Bund und DB Netze in der Verantwortung. Wir bleiben weiter dran. Da mache ich mich stark dafür, dass sich etwas ändert. Notfalls auch mit Beteiligung des Landes", so Hermann.