Das "Betongold" zählt immer mehr
Wie wertvoll Immobilien sind, das erfuhr der Mosbacher Gemeinderat in seiner ersten Sitzung nach der Sommerpause

Mosbach zieht an: Eigentumswohnungsbesitzer, Bauherrn und folglich bei den Wohnungsmarkt-Preisen. Archivfoto: Ursula Brinkmann
Von Ursula Brinkmann
Mosbach. Das Geschehen auf dem Grundstücksmarkt beschäftigte den Mosbacher Gemeinderat unter dem Tagesordnungspunkt 6 auf zweifache Weise. Wiewohl hier kein Beschluss zu fassen war, nahm der Bericht von Klaus Kühnel vor dem Gremium einen breiten Raum ein. Kühnel ist im Bereich Stadtplanung beschäftigt, zugleich bildet der Vermessungsingenieur zusammen mit einem weiteren städtischen Mitarbeiter die Geschäftsstelle des so genannten Gutachterausschusses. Dieses Gremium, dem weitere Vermessungsingenieure, Architekten, Immobilienleute und Wirtschaftsprüfer angehören, ermittelt den Verkehrswert von Grundstücken - unbebauten wie bebauten.
"Die Arbeit der Ausschussmitglieder erfolgt ehrenamtlich, bei uns - und in kleinen Gemeinden noch mehr - werden die Aufgaben eher nebenbei erledigt", machte Kühnel auf eine baden-württembergische Besonderheit aufmerksam, wo es an einem flächendeckenden und einheitlichen Angebot an Wertermittlungsdaten mangelt. Überall sonst gebe es klare Zuständigkeiten, zentrale, von Landkreisen, Städten oder Ämtern eingerichtete Geschäftsstellen, solides Datenmaterial, spezialisierte Beschäftigte. Kühnel bezeichnete die Situation im Südwesten schlichtweg als "schlimm". Ein Anlauf ist jedoch in der NOK-Bürgermeisterversammlung 2015 gemacht worden mit dem Ziel, eine oder mehrere zentrale Auswertestellen für Kaufverträge auf Kreisebene einzurichten. "Hoffentlich kommt da in den nächsten ein, zwei Jahren was auf Sie zu", wandte sich Kühnel an seine Zuhörer.
Die Geschäftsstelle des Gutachterausschusses, also Kühnel, erstellt jährlich einen Bericht zur Situation auf dem Mosbacher Grundstücksmarkt; den präsentierte er dem Gemeinderat im zweiten Teil seines Vortrags. Für das Jahr 2016 wertete man 288 Kaufverträge aus, doch auch die Entwicklung der vergangenen 20 Jahre ist in dem Bericht dargestellt. Die Linien, die diese Entwicklung veranschaulichen, "springen kräftig hin und her", erläuterte Kühnel, "doch seit zwei, drei Jahren weisen sie deutlich nach oben." Am markantesten da, wo sie das Geschehen in der Kernstadt darstellen. Beispiel "bereinigte Kaufpreissummen": ab 2014 schwingt die Kurve steil in die Höhe. Das Gleiche gilt für die Preise eines Einfamilienhauses. "Freistehend erzielten sie 2016 einen Durchschnittpreis von mehr als 250.000 Euro."
Das Gleiche gilt auch für die Zahl verkaufter Eigentumswohnungen, deren durchschnittlicher Quadratmeterpreis in Mosbach 2016 bei 1504 Euro lag - für eine gebrauchte Wohnung (Neckarelz: 1156, Diedesheim: 831). Gesamtstadt-Quadratmeterpreis demnach: 1257 Euro. "Neu kostete der Quadratmeter in der Kernstadt 1000 Euro mehr." Bauplatzpreise hatten zuletzt eine Spitze 2013 bei 190 Euro pro Quadratmeter im Schnitt, sind seitdem etwas gesunken und haben 2016 in den Gemarkungen Mosbach, Neckarelz und Diedesheim einen Durchschnittswert von 157 Euro erreicht. "Baulücken werden immer weniger", beschrieb Klaus Kühnel die Grundstücksknappheit mit anderen Worten.
Oberbürgermeister Michael Jann nahm das Wort vom "Betongold" in den Mund für Zeiten, in denen die Geldanlage keine Zinsen bringe. Auf Elisabeth Laades (AL-Fraktion) Frage, wie sich die aufgezeigten Entwicklungen für die Situation junger Familien und weniger bemittelter Menschen auswirke, entspann sich eine rege Diskussion darüber, wie eine Gemeinde am Wohnungsmarkt steuern könne. Kühnels Feststellung, dass das nicht Aufgabe eines Gutachterausschusses noch einer Stadtverwaltung sein könne, konterte SPD-Stadtrat Frank Heuß mit einem Hinweis auf die Verwaltungsspitze. Denn dass der Markt das regle, wollte er nicht gelten lassen. "Das ist ein weit verbreiteter Fehler in der deutschen Politik."
"Für den sozialen Wohnungsbau ist die Familienheim-Baugenossenschaft zuständig", schaltete sich CDU-Stadtrat Franz Otto Kipphan ein. SPD-Kollege und Ortsvorsteher Norbert Schneider nutzte die Gelegenheit und verwies auf eine Liste von 23 Anfragen nach Bauplätzen in Lohrbach: "Jetzt wissen wir, was wir im Gemeinderat schnellstens zu tun haben."



