Windpark "Kornberg"

Aus Walldürn kommt plötzlich Gegenwind

Ratsfraktionen möchten mögliche Auswirkungen auf den Verkehrslandeplatz überprüfen lassen

01.08.2018 UPDATE: 01.08.2018 19:00 Uhr 4 Minuten, 1 Sekunde

Ein Pilot im Landeanflug auf den Walldürner Verkehrslandeplatz. Einen sicheren Flugbetrieb zu gewährleisten, genießt beim Walldürner Gemeinderat höchste Priorität. Deshalb gibt es nun von dort Widerstand gegen die Pläne für den Windpark "Kornberg". Foto: Rüdiger Busch

Walldürn/Hardheim. (jam/rüb) Die Pläne der Gemeinden Hardheim und Höpfingen für den Bau des Windparks "Kornberg" stoßen plötzlich auf Gegenwind aus der Nachbarstadt: Der Walldürner Gemeinderat hat sich nach RNZ-Informationen in nichtöffentlicher Sitzung gegen die entsprechende Flächennutzungsplanänderung ausgesprochen.

Der Grund dafür: Die Räte befürchten negative Auswirkungen auf den Verkehrslandeplatz Walldürn. Welche Auswirkungen dies auf die für 7. August angesetzte Verbandsversammlung des Gemeindeverwaltungsverbands (GVV) haben wird, steht noch nicht fest. In der Sitzung soll der neue Entwurf für die Änderung des Flächennutzungsplans (FNP) abgesegnet werden.

Stimmt Walldürn dagegen, wären die Pläne erst einmal gestoppt. Es sei durchaus möglich, dass die Sitzung abgesagt oder verschoben wird, sagte Verbandsvorsitzender Bürgermeister Markus Günther auf Nachfrage der RNZ.

Während der Bürgermeister zu dem Thema keine weiteren Stellungnahme abgeben wollte - als Verbandsvorsitzender sei er zu Neutralität verpflichtet - haben drei Ratsfraktionen auf unsere Anfrage ausführlich geantwortet. Die Stellungnahmen drucken wir nachfolgend in leicht gekürzter Form ab.

CDU-Fraktion: "Wir haben keine Einwände gegen den Bau von Windrädern im Bereich des GVV, jedoch darf es nicht sein, dass der Verkehrslandeplatz dadurch Einschränkungen zu befürchten hat. 'Seit Jahren ist der Verkehrslandeplatz eine feste Einrichtung in der Region, ein Standortfaktor. Bestehendes darf nicht durch Neues eingeschränkt werden, darum geht es uns. Wenn beides zusammen funktioniert, das wäre die Ideallösung', so Fraktionsvorsitzender Theo Staudenmaier. 'Wenn man mal einen Rundflug macht und dabei den vorgesehenen Abstand beachtet, da kann man die Bedenken der Flieger gut nachvollziehen', ergänzen die Fraktionskollegen, die sich vor Ort erkundigten und sich bei einem Rundflug selbst ein Bild machten.

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Die vorgesehene zweite Auslegung des Entwurfs mit erneuter Anhörung aller Betroffenen und Behörden wäre zwar noch lange kein grünes Licht für den Bau neuer Windräder, jedoch in den Augen der CDU der zweite Schritt vor dem ersten. Grundsätzlich wäre es von den bürokratischen Abläufen und Antragsverfahren her der genormte Weg, den Flächennutzungsplan abzuschließen und im Rahmen der Bauanträge zu prüfen, ob ein Bau von Windrädern in diesem Bereich ohne Beeinträchtigung des Flugbetriebes möglich ist.

Die CDU ist jedoch der Auffassung, dass man bereits bei der Flächennutzungsplanung über den Tellerrand hinausschauen muss und sich nicht blind in bürokratischen Mustern bewegen darf. Eine Flächennutzungsplanung, die bereits seit 2016 läuft, weiter durchzuziehen, um dann im Nachgang womöglich festzustellen, dass das Gebiet aufgrund des Verkehrslandeplatzes nicht nutzbar ist, entspricht einem Vorgehen, das die CDU nicht mittragen kann.

Ein klares Gutachten, das von den zuständigen Behörden voll anerkannt wird, sodass die zuständigen Behörden einen uneingeschränkten Fortbestand des Verkehrslandeplatzes bescheinigen, das ist die Forderung der CDU-Fraktion. Bisher ist von der zuständigen Behörde keine klare Stellungnahme dazu abgegeben worden, aus der hervorgeht, dass es keinerlei Beeinträchtigung für den Verkehrslandeplatz gibt. Wenn eine zuständige Behörde nach Einreichung aller Unterlagen augenscheinlich nicht in der Lage ist, eine klare Position zu diesem konkreten Fall zu beziehen, wie sollen dies dann ehrenamtlich tätige Stadträte?"

SPD-Fraktion: "Die Sicherheit im Flugverkehr sowie die Abwendung von Gefahren für Leib und Leben der Piloten und ihrer Fluggäste am Verkehrslandeplatz stehen an erster Stelle bei den Abwägungen der SPD. Der Verkehrslandeplatz darf als wichtiger Standortfaktor sowohl für Gewerbe als auch Tourismus nicht durch die geplanten Anlagen beeinträchtigt werden. Das heißt aber nicht, dass die SPD-Fraktion grundsätzlich gegen Windkraft ist. So hat man in der Vergangenheit die Planung zur Ausweisung geeigneter Flächen sowohl auf Walldürner Gemarkung als auch im Bereich des GVV stets unterstützt.

Durch die geografische Nähe zum Verkehrslandeplatz bedarf die Planung der Flächen für Windkraftanlagen am Kornberg einer besonderen Sorgfalt. Es geht eben nicht 'nur' um den Fortbestand des Flugplatzes, sondern es geht um die Vermeidung von schweren Unfällen im Flugverkehr!

Da in der Neuauflage des FNP keine verbindlichen Aussagen über mögliche Gefahren für den Flugbetrieb und für den Fortbestand und die Weiterentwicklung des Verkehrslandeplatzes gemacht werden, kann die SPD-Fraktion dieser Neuauflage nicht zustimmen. Zwar wäre die Möglichkeit gegeben, nach der Genehmigung des FNP im Rahmen von Bauanträgen von den Behörden eine verbindliche Aussage darüber zu bekommen, dass mit der Genehmigung der Windräder keine Beeinträchtigung des Betriebs des Verkehrslandeplatzes verbunden ist. Einhellige Meinung der SPD ist aber, dass diese Aussagen der Behörden schon vor der Aufstellung des FNP eingeholt werden sollten.

Was die SPD-Fraktion auch verwundert, ist die Tatsache, dass im Rahmen der Neuauflage des FNP die bisherigen Gutachten zur Flugsicherheit und zum Naturschutz keine Beachtung mehr finden sollen, nur weil sich das Verfahren zur flächenhaften Betrachtung geändert hat. Solange nicht eindeutige und verbindliche Aussagen der zuständigen Fachbehörden zur Sicherheit sowie zum Fortbestand unseres Verkehrslandeplatzes vorliegen, kann die SPD-Fraktion der Beschlussvorlage im GVV nicht zustimmen."

Freie Wähler: "Die FW stehen den erneuerbaren Energien, also auch der Windkraft, grundsätzlich positiv gegenüber, wie bereits aus mehreren Stellungnahmen in den letzten Jahren sowohl im Gemeinderat als auch im GVV zu ersehen ist. Selbstredend hat der Flugplatz Walldürn aufgrund seiner nicht nur örtlichen, sondern überregionalen Bedeutung seit über 60 Jahren einen hohen Stellenwert bei uns und ist für Walldürn ein Alleinstellungsmerkmal. Sollte beim Abwägen mit der Windkraft Kornberg die volle Funktionsfähigkeit des Flugplatzes gefährdet sein, liegt unsere Priorität eindeutig beim Erhalt des Flugplatzes.

Auf jeden Fall besteht bei der großen Tragweite noch hoher Klärungsbedarf und nach Vorlage weiterre Informationen, vor allem im Hinblick auf die Luftverkehrssicherheit, soll die nötige Zeit zur sorgfältigen Bewertung gewährleistet sein. Bisher ungeklärt sind unseres Erachtens auch Rechtsfragen bei Platzierung einer WEA am Rand des Plangebietes und dem zulässigen 'Überstreichen' (Hinausragen der Rotorblätter aus der Konzentrationszone), wenn zum Beispiel Schäden für die Natur außerhalb des Plangebietes entstehen.

Ganz und gar unverständlich ist uns der kurzfristig anberaumte GVV-Sitzungstermin, der außerdem in der Haupturlaubszeit und Sitzungspause liegt, zudem das nicht das erste Mal vorkommt. Deshalb haben wir auch die Verlegung beantragt. Unser Antrag wurde leider nicht behandelt!

Die jetzige Diskussion hätten wir uns allerdings schon früher gewünscht, denn am Verkehrslandeplatz hat sich seit der Beschäftigung im GVV mit Windkraft wenig geändert. Das wirtschaftliche Überleben des Flugplatzes zu riskieren, um an anderer Stelle zum Beispiel Pachteinnahmen aus Windkraft zu erlösen, macht unseres Erachtens keinen Sinn."

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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