Widdern

Wenn Florian Hägele die Axt schwingt, fliegen die "Chips"

Der Sportholzfäller aus Berlichingen bereitet sich intensiv auf den Wettbewerb in Widdern vor. "Ein bisschen Druck ist schon dabei."

08.05.2024 UPDATE: 08.05.2024 04:00 Uhr 2 Minuten, 32 Sekunden
Eine akrobatische Angelegenheit ist das Training auf dem Springboard. Foto: Elisabeth Englert

Von Elisabeth Englert

Widdern/Schöntal. In schneller Abfolge hört man die Axtschläge – ungewöhnlich für die heutige, mit arbeitserleichternden Maschinen technisierte Zeit, in der eher das Brummen der Motorsägen durch die Wälder dringt. Nicht so, wenn man sich auf dem Trainingsplatz der Holzfällerfreunde Widdern befindet. Denn hier wird noch nach alter Väter Sitte gehackt, gefällt, gesägt. Kein Brennholz indessen, vielmehr üben die Ausnahmeathleten das einstige harte Handwerk als Sport aus. Seinen Ursprung fand dieser bei den Holzfällern in den Wäldern Neuseelands und schwappte über Australien, Kanada und die USA nach Europa.

"Ratzfatz" hat Florian Hägele, der "Verursacher" der schnellen Axthiebe, einen dicken Baumstamm mit ausgreifenden, kräftigen Bewegungen in zwei Teile gespalten. Die Holzspreißel, "Chips" genannt, fliegen nur so durch die Gegend und man muss aufpassen, dass man ihnen beim Fotografieren nicht zu nahekommt.

Nach Hägeles letztjähriger erstmaliger Teilnahme an der Deutschen Meisterschaft der Stihl Timbersports in Essen, wo er in der Klasse der Nachwuchssportler einen hervorragenden fünften Platz belegte, bereitet er sich aktuell auf die neue Saison vor. Wobei – ganz zutreffend ist das nicht, denn eigentlich ist er durchweg im Training. Auch über den Winter, wenn er nicht im Freien trainieren könne, halte er sich mit Kraft- und Ausdauersport fit, erzählt der heimatverbundene aus dem Schöntaler Ortsteil Berlichingen Stammende. Nun zum Start der Freiluftsaison ist er wieder regelmäßig im Wald anzutreffen. Die Natur, der Lauf der Jahreszeiten, die Gerüche bildeten einen Gegenpart zu seinem Berufsalltag als Wirtschaftsingenieur und erdeten ihn.

Obwohl er schon an etlichen Wettbewerben teilgenommen habe, debütiere er heuer erstmals beim Internationalen Holzfällerwettbewerb am Pfingstmarkt in Widdern. "Ein bisschen Druck ist schon dabei", lacht er, wenn er sich erstmals vor heimischem Publikum mit hochkarätigen Größen aus aller Welt messe. Er freue sich, wenn viele bekannte Gesichter unter den Zuschauern seien und er ihnen seinen Sport in Aktion präsentieren könne. "Das ist mal was anderes als Fußball." Wohl wahr, denn "Springboard", "Fliegende Scheibe" oder "Liegend Schroten" haben wenig bis nichts mit Dribblings, Übersteigern oder Flanken gemein.

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Gegen seine elitären Kontrahenten aus dem europäischen Ausland sowie aus Übersee trete er unter anderem im "Springboard" an. Hierbei müsse er in einen knapp drei Meter hohen, fest verankerten Baumstamm ein "Pocket", eine Kerbe, schlagen, in die er das Brett, das "Springboard", stecke. Sei er auf dieses gestiegen, müsse er auf dem schmalen Brett balancierend ein zweites "Pocket" schlagen, das Brett einstecken, hochsteigen und aus luftiger Höhe und schmaler Standfläche einen 27 Zentimeter starken Pappelstamm von zwei Seiten durchtrennen.

Beim "Liegend Schroten" oder "Underhand Chop" – der Historie geschuldet komme die Fachterminologie aus dem Englischen – müsse der Sportler einen rund 30 Zentimeter Durchmesser betragenden, stehenden Stamm auf Zeit mit der Axt von beiden Seiten spalten.

Moderner, aber nicht minder anspruchsvoll werde es bei der Disziplin "Fliegende Scheibe", da hierbei die Motorsäge zum Einsatz komme. Von einem frei stehenden, dünnen Stamm säge er 20 gleichmäßige Scheiben ab. Durch seinen geringen Durchmesser von nur rund 20 Zentimetern stehe dieser sehr instabil, dürfe weder eingegraben werden und schon gar nicht erst umfallen. Präzision sowie eine nahezu virtuose Beherrschung der Motorsäge seien hierbei unabdingbar. Auch seine Fertigkeit mit der "Double Buck", der Zweimannzugsäge, stelle er unter Beweis.

Selbstredend, dass nach der Arbeit viel trainiert werde, ob im Wald, im Fitnessstudio oder am Wochenende auf dem Trainingsstützpunkt von Stihl in Mellrichstadt (Franken). Dies erfordere viel Motivation und ein gutes Zeitmanagement, gibt er unumwunden zu.

Darüber hinaus trainiere er weitere Disziplinen wie "Standing Block Chop", dem Baumfällen nachempfunden, althergebracht mit der Axt, oder die "Single Buck", eine Handzugsäge enormen Ausmaßes für weitere Wettkämpfe. An diesen in Lenggries (Oberbayern) oder Tschechien stattfindenden vorbereitenden Wettkämpfen nehme er teil, um sich für die Deutschen Meisterschaften zu qualifizieren.

Doch nun sei der Fokus erst mal auf diesen Wettbewerb zu Pfingsten gerichtet, wenn er als Lokalmatador seinen Sport quasi vor der Haustüre dem heimischen Publikum vorführen kann.

Info: Der Holzfällerwettbewerb findet am Pfingstmontag, 20. Mai, um 13 Uhr auf dem Sportgelände Widdern statt.

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