Walldürner Fastnacht

Wie die Kultfiguren "Klohn", "Domino" und "Herzlis Alis" entstanden

Die Geburt der Dürmer Fastnachtstraditionen. Sie gehören zu den Dürmer Kultfiguren.

08.02.2023 UPDATE: 08.02.2023 06:00 Uhr 3 Minuten, 58 Sekunden
Marion Fritsch (l.) und Anja Eckert reisen mit der RNZ durch die Entwicklungsgeschichte der Dürmer Fastnacht. Foto: Maren Schmitt

Von Maren Schmitt

Walldürn. Seit vielen Jahrzehnten sind die Figuren wie "Klohn", "Herzlis Alis" und die "Affen" der FG fester Bestandteil der Walldürner Fastnachtskultur. Nicht mehr wegzudenken sind die Ratschen der "Klohns" und die Lebkuchen von "Herzlis Alis".

Doch einst gehörten ebenso andere Figuren zum Repertoire der Walldürner-Narren-Kostümen. So fehlen bei den Umzügen die "Schlumpeln", das "Härrle und Frääle" und der "Domino", der für viel Trubel in der Nachkriegszeit gesorgt hatte. Unter der FG "Fideler Aff" wurde einst dafür gesorgt, dass alle Figuren vereint und bei Umzügen organisiert wurden.

Im Fastnachtsmuseum in Walldürn wird die Entstehungsgeschichte der Dürmer Fastnacht sowie deren Kultfiguren mit Kostümen, Bildern und Erklärtafeln gezeigt. Anja Eckert, Marion Fritsch und Gabi Leiblein pflegen das Museum. Anja Eckert und Marion Fritsch teilten ihr Wissen über die Geschichte der Dürmer Fastnacht mit der Rhein-Neckar-Zeitung.

Entstehung der "Dürmer Fastnacht"

Zum ersten Mal wird im Jahr 1543 in Aufzeichnungen von einer Fastnacht in Walldürn gesprochen. Dieses Jahr wurde von der FG als "Beginn der Dürmer Fastnacht" festgehalten. Vermutungen gehen allerdings davon aus, dass das Fastnachtstreiben bereits seit dem Jahr 1308 in Walldürn üblich war. Im Mittelalter der mainzischen Stadt Walldürn war es Brauch, sich für die streng österliche Fastenzeit mit Ess- und Trinkgelagen sowie lustigem Treiben zu entschädigen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte das Fastnachtstreiben erneut ein – und wurde durchzogen von Ausschreitungen. Das Kostüm des "Domino" sorgte unter anderem für unentdecktes Entkommen und leichtes Spiel bei Straftaten. Um dieses Chaos wieder in geregelte Bahnen zu Lenken und um das Fastnachtsbrauchtum neu zu beleben, wurde am 11.11.1950 ein Verein gegründet. Nach vielen Treffen und Diskussionen einigten sich die Anwesenden auf den Namen "Dürmer Karnevalsgesellschaft Fideler Aff e.V.", kurz KAGEFA. Kurz darauf wurde das Ziel festgelegt, der Dürmer Bevölkerung die Fastnacht wieder näherzubringen und das Motto "Aff, rappl di uff, ahoi" war geboren.

Der "Dürmer Klohn"

Das größte Erkennungsmerkmal der Walldürner Fastnacht ist und bleibt wohl der "Dürmer Klohn". Wie auf dem Bild zu erkennen ist, sah der "Dürmer Klohn" nicht immer so aus, wie ihn heute viele Leute im Gedächtnis haben.

Im 17. Jahrhundert kam es zu einer Hochkonjunktur der Fastnacht und dessen Bräuchen. Herumreisende italienische Theatergruppen prägten diese Zeit mit dem "Bajazzo", einem Possenreißer, der mit dem deutschen "Hanswurst" ins deutsche Volksschauspiel Einzug fand. Durch diese Figuren wurden Einflüsse des Theaters in das Fastnachtsbrauchtum aufgenommen.

Dies sorgte dafür, dass der "Bajaas" auch in Walldürn zur typischen Fastnachtsfigur wurde. Zusätzlich zu dem weißgemusterten Overall, der barocken Halskrause und der "Spitzdutte" trug der damals typische "Klohn" einen Stock mit einem Gegenstand, der als "Saublöschle", auch Saublase, bezeichnet werden konnte. Typisch für den "Klohn" waren damals ebenso der "Bätscher", die mit Glöckchen oder Dollen verzierte "Spitzdutte" sowie ein bemaltes Gesicht.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war das "Klohnskostüm" jedoch in Vergessenheit geraten. Dies konnte die frisch gegründete KAGEFA jedoch nicht zulassen und setzte sich deshalb das Ziel, alle Traditionsfiguren gemeinsam zu organisieren. Durch die Initiative von Dr. Rudolph Schick wurden 1963 zum Narrentreffen circa 100 Kostüme an die "Dürmer Faschembouze" verteilt, und auch 1981 wurden während einer Aktion zahlreiche Kostüme geschneidert und kostenlos verliehen.

Die Wiederbelebung sorgte dafür, dass die Traditionsfigur bis heute bestand hat. Der Overall wurde 1979 durch Hose und Jacke abgelöst. In den 1980ern veränderte sich das punktförmige Muster zu einem sternenförmigen, und weiße Bommel zierten die Jacke des "Klohns". Zehn Jahre später wurde aus dem sternenförmigen Muster ein Rautenmuster – wie man es heute kennt.

"Ungefähr seit dem Jahr 2000 findet man kaum noch einen ,Klohn‘, der seine ,Spitzdutte‘ noch trägt", berichtet Marion Fritsch aus dem Fastnachtsmuseum. "Heute legt jeder Klohn einen großen Wert auf seine eigene Individualität. Man findet kaum noch zwei, die sich gleichen. Einige lassen eine Kopfbedeckung komplett weg, wieder andere bekleiden sich mit einer völlig anderen", pflichtet Anja Eckert ihr bei.

Der "Domino"

In früheren Jahren war der "Domino" eine echte Dürmer Traditionsfigur. Charakteristisch für die Figur waren sowohl ein lose herunterhängendes Kapuzenkostüm, als auch eine schwarze Maske aus Stoff, die entweder das halbe oder ganze Gesicht bedeckte. Auf dem Rücken oder teilweise auf der Brust trug der "Domino" Kleinplakate mit humorvollen, aber treffenden Hinweisen auf irgendein Vorkommnis unter dem Jahr.

Das Kostüm eignete sich besonders, um unerkannt zu bleiben, weshalb es üblich war, die Gewänder untereinander zu tauschen und so den ein oder anderen Schabernack zu treiben. In den 1950er und 1960er Jahren nahmen jedoch Straftaten zu. Letztlich kam es zwischenzeitlich zu einem Verbot des "Dominos" durch den damaligen Bürgermeister Arthur Trautmann.

Aus der heutigen Fastnacht ist der "Domino" völlig verschwunden, auch wenn es mehrere gescheiterte Versuche gab, diesen wieder aufleben zu lassen. Ebenso wie der "Domino" sind die ältesten Traditionsfiguren, die "Härrle und Frääle" und die "Schlumpeln", von der Bildfläche verschwunden.

Die "Herzlis-Alis"

Ebenfalls wie der "Klohn" ist der "Herzlis-Alis" aus der heutigen Dürmer Fastnacht nicht mehr wegzudenken. Dieser hat seinen Ursprung mit Alois Hess und seinem mit der Lebküchnerei verbundenen Gewerbe. Alois Hess trug im blauen "Mutzen" und in Kniehosen der heimischen Tracht auf dem Rücken einen mit Lebkuchen und anderen Walldürner Zuckerspezialitäten gefüllten Korb.

Dieser "Alis" (Dürmerisch für Alois) empfand damals ein um den Hals hängendes Lebkuchenherz als gute Reklame. Die KAGEFA wollte in den 1950er Jahren den "Herzlis-Alis" als Dürmer Fastnachtsfigur aufnehmen, um die seit Jahrhunderten existierenden Walldürner Händler zu versinnbildlichen.

Die Dürmer Fastnacht heute

Die Hochphase des Fastnachtstreibens, so sind sich Anja Eckert und Marion Fritsch einig, war in den 1980er und 1990er Jahren. Auch wenn man sich durch das Erschaffen einer neuen Fastnachtsfigur wie dem Ritter Konrad von Dürn im Jahr 2013 bemühte, diese Hochphase erneut aufleben zu lassen, bemerke man einen stetigen Rückgang. "Man könnte davon ausgehen, dass nach zweijähriger coronabedingter Zwangspause nun mehr Leute als bisher die fünfte Jahreszeit ordnungsgemäß feiern möchten.

Dies ist jedoch nicht so. Die Leute sind nach wie vor vorsichtig", so Anja Fritsch. "Der Nachwuchs zieht einfach nicht so nach. Wir werden immer weniger", pflichtet ihr Marion Fritsch bei. Beide Frauen sind jedoch froh, nach nun zweijähriger Pause endlich wieder Fastnacht feiern zu können und am närrischen Treiben teilhaben zu können.

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