Mit dem Hallenbad-Wasser die Dürre bekämpfen
Das Schwimmbad zeigt, wie Nachhaltigkeit funktionieren kann. 625.000 Liter Nutzwasser gibt es für die Stadtwerke.

Von Ann-Kathrin Frei
Walldürn. Wie Nachhaltigkeit aussehen kann, zeigt das Auerberg-Sportbad in Walldürn unter der Leitung von Felix Hercher. Der Betriebsleiter des Hallenbads hatte die originelle Idee, im Zuge der Revisionsarbeiten das Wasser im Hallenbad über die Filteranlagen so zu reinigen, dass es die Stadtwerke als Nutzwasser verwenden können. Für die 625.000 Liter dauerte die Aufbereitung drei Tage. Aber der Aufwand lohnt sich, ist Felix Hercher überzeugt: "Das Wasser ist so sauber, dass man es auch aus dem Becken trinken könnte." Im Angesicht der anhaltenden Dürre will die Stadt nun mit diesem Wasser die eigenen Zisternen füllen und die leidenden Pflanzen gießen.
In der Region einmalig
Für Hercher kam es nicht infrage, in einer solchen Trockenphase das gesamte Wasservolumen des Sportbads einfach in die Kanalisation einzuleiten, ohne es zu nutzen. Genau das aber ist bei der jährlich anstehenden Revisionen üblich. Schwimmbadbetreiber leeren dafür die Becken, reinigen sie und setzen wieder instand, was beschädigt ist. Um zu zeigen, dass es anders geht, initiierte Felix Hercher sein Aufbereitungsprojekt, das in der Region einmalig ist.
Da der Zeitpunkt der Revision immer in den Sommerferien liegt, war dem Betriebsleiter klar, dass innerhalb weniger Wochen alles bereit sein musste. Dank der Hilfe des Bauhofs und der Stadt Walldürn fand sich dann kurzfristig eine Lösung, mit der sich die anhaltende Dürre bekämpfen lässt.
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Grünes Licht vom Gesundheitsamt
Natürlich zog Hercher ebenso das Gesundheitsamt in die Planungen mit ein, um sicherzustellen, dass das Wasser genutzt werden kann. Bis zu viermal täglich standen Messungen an. Die Ergebnisse gab er inklusive der Chlorwerte der Anlagen regelmäßig an das Gesundheitsamt weiter. Dann hieß es warten auf die Freigabe. Mit dem grünen Licht aus Mosbach konnte der Betriebsleiter dann am Freitag den zweiten Teil seines Plans in Angriff nehmen: das Abpumpen.

Felix Hercher schätzt, dass man in den nächsten Tagen täglich bis zu 100.000 Liter abzapfen kann. Genaue Werte kennt aber wohl niemand. Schließlich handelt es sich um eine Premiere in Walldürn. "Wir müssen einfach abwarten, wie weit wir am ersten Tag kommen", sagt Hercher der RNZ. Er will fast annähernd das komplette Fassungsvermögen des Beckens direkt nutzen oder einlagern.
Auf die Idee, Schwimmbadwasser für eine zweite Nutzung aufzubereiten, war Felix Hercher in einem Internetforum gestoßen. Dort las er von einem Hallenbad, das diesen Versuch bereits gewagt hatte. Nun, so hofft Hercher, soll das Walldürner Auerberg-Sportbad selbst ein "Vorbild für die anderen Gemeinden" im Umkreis sein und eine Alternative zum reinen Ablassen des Wassers bieten.
Damit sich das Abpumpen des Wassers so effizient wie möglich gestaltet, sicherte sich der Bäderfachmann die Unterstützung der Walldürner Feuerwehr. Abteilungskommandant Nico Hartmann und sein Team brachten die Tauchpumpe, die in ihrem Feuerwehrfahrzeug verbaut ist, ein. Sie kann innerhalb einer Minute knapp 2000 Liter aus dem Becken abziehen und in die wartenden Tanks füllen. Um Leerlauf zu vermeiden, rückte der Bauhof eigens mit einer ganzen Armada von Tankwagen und Transportern an.
Lebenselixier für Pflanzen
Im Anschluss startete die große Bewässerungsaktion für die 3000 Stadtbäume und Pflanzquartiere. Tankwagen bringen das Lebenselixier zu den Bäumen in den öffentlichen Anlagen und Parks, die das Wasser dringend benötigen. Die nicht benötigten Tanks rollen zu den unterirdischen Zisternen der Stadt, um dort das restliche Wasser einzuspeisen, wie Stabsstellenleiter Meikel Dörr der RNZ berichtet. Dort könne das saubere Wasser langfristig gespeichert werden.
Die Aktion wird voraussichtlich bis Dienstagabend andauern. Im Anschluss probt die Feuerwehr dort verschiedene Einsatzszenarien, da das Hallenbad zusätzlich als Löschwasserbehälter für das Auerberg-Areal genutzt wird. Nach Abschluss der Revision leitet Felix Hercher dann natürlich wieder Wasser in das Becken ein. Ihm zufolge dauert es zehn oder elf Tage, bis das Sportbad wieder mit Chlor versetztem Wasser gefüllt und für den Normalbetrieb nutzbar ist.
Für Freibad noch keine Lösung
Das Wasser des Freibads könnte man ebenfalls mit diesem System reinigen, erklärt Hercher. Jedoch stehe man dort vor größeren Problemen. Denn im Freibad wird das Wasser im Winter nur teilweise und erst im Frühling dann vollständig abgelassen. Noch dazu wäre es deutlich schwieriger für die Feuerwehrfahrzeuge, nahe genug an das Becken heranzufahren. Das gleiche Problem betrifft dann den Abtransport per Tankwagen. Aber wer weiß? Vielleicht hat Felix Hercher hierfür ebenfalls bald eine Lösung. Beim Hallenbad in Walldürn hat er zumindest schon unter Beweis gestellt, dass Nachhaltigkeit funktionieren kann und man dabei nicht auf schnelle Lösungen verzichten muss. Die andauernde Dürre, der Klimawandel und ein Bewusstsein für die Natur lassen in Walldürn kreative Ideen sprießen.