Blutschrein mit feierlichem Hochamt eröffnet
Domkapitular Thorsten Weil aus Freiburg war zu Gast. Das Leitwort lautet: "Fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir".

Walldürn. (Sti.) Domkapitular Thorsten Weil aus Freiburg hat am Sonntag während eines feierlichen Hochamts den Blutschrein geöffnet und damit den Startschuss für die vierwöchige Hauptwallfahrtszeit gegeben. In seiner Predigt betonte der Geistliche, dass die Kirche in ihrer Aufgabe, Jesus Christus und seine Botschaft zu verkünden, "nicht ersetzbar" sei. Als Ausgangspunkt diente dem Domkapitular das diesjährige Wallfahrtsleitwort "Fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir" (Jesaja 41,10a).
"Ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt." Mit diesem Satz endet das Evangelium, wie es Matthäus erzählt. Jesus Christus habe hier aufgenommen und aktualisiert, was bereits beim Propheten Jesaja zu lesen sei und der Erfahrung des Volkes Israel entspreche, erläuterte Weil. Vor dieser Zusage Jesu stehe jedoch der Auftrag, "alle Völker zu seinen Jüngern zu machen, sie auf den Dreifaltigen Gott zu taufen und sie zu lehren, das zu befolgen, was Christus geboten hat".
Um auf den Dreifaltigen Gott näher einzugehen, zitierte der Domkapitular einen der bedeutendsten Theologen des 12. Jahrhunderts. Richard von Sankt Viktor schrieb dem Gott-Vater die Macht, dem Gott-Sohn die Weisheit und dem Heiligen Geist die Güte zu. Dazu hatte er erklärt: "Dreifach ist das Unsichtbare in Gott: Macht, Weisheit und Güte. Aus diesen dreien geht alles hervor, in diesen dreien prägt sich alles aus und vermittels dieser drei wird alles geleitet. Die Macht erschafft, die Weisheit lenkt und die Güte bewahrt. Wie diese drei aber in Gott auf unsagbare Weise eines sind, so können sie auch in ihren Tätigkeiten nicht voneinander getrennt werden. Die Macht erschafft weise durch Güte; die Weisheit lenkt gütig durch Macht; und die Güte bewahrt mächtig durch Weisheit."
Am Beispiel von Luzifer, der zwar viel Macht und Weisheit, aber keinerlei guten Willen besessen habe, machte Weil deutlich, dass auch der Mensch Gefahr läuft, sich gegen Güte und Liebe und stattdessen für das Böse zu entscheiden. Er warnte: "Wir dürfen – dem Bild Gottes entsprechend – nicht in einer absoluten dreigliedrigen Abstufung denken. Gott ist in seiner Dreifaltigkeit einer!"
Weil ist überzeugt, dass diese Einheit von Macht, Weisheit und Güte "in all unserem Tun, in all unserem Denken, und in all unserem Entscheiden wichtig" sei. "Erst wenn sich unsere Macht, zu tun und zu handeln, unser Können, unser Suchen nach Wissen, unser Suchen nach dem Guten und unsere selbstlose Liebe einander durchdringen, können wir Menschen sagen, ein Abbild des dreieinen Gottes zu sein."
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Wenn sich die Christenmenschen daran orientierten, dann – das glaubt Thorsten Weil – ließen sich die Schwierigkeiten, denen die Kirche in diesem Land begegnet, überwinden. Dem Domkapitular zufolge setzt das voraus, dass man selbst dieser Kirche und diesem Glauben angehört und aus der Botschaft Jesu lebt. Wallfahrtsorte wie Walldürn förderten das "Gefühl, zu einer großen Gemeinschaft zu gehören, die Jesus Christus nachfolge, das Gefühl, zur Kirche als Leib Christi zu gehören, das Gefühl, zu Jesus Christus zu gehören". Weil ist sich sicher: "Das lässt einen gestärkt in den Alltag zurückkehren in dem Bewusstsein: ,Fürchte dich nicht, ich bin mit dir!‘"
Mit einem Blick auf die Corona-Pandemie erinnerte Domkapitular Weil daran, dass Walldürn bereits in der Vergangenheit mit todbringenden Seuchen habe zurechtkommen müssen: Bereits 1521 und 1530 wütete eine Pest in Walldürn. Die heute größte Fußwallfahrt nach Walldürn entstand im 17. Jahrhundert (1683) aus einem Pestgelübde der Gemeinden im thüringischen Eichsfeld.
Noch bevor der Freiburger Geistliche den Blutaltar öffnete, um den Blick auf das Korporale des Blutwunders freizugeben, leitete Stadtpfarrer Josef Bregula das Hochamt am Tag der Dreifaltigkeit ein. Dabei betonte er, dass Furcht eine Emotion sei, die sich nicht einfach abschalten und sich auch nicht mit Argumenten eindämmen lasse. Dennoch wünschte er sich, dass das Leitwort der Wallfahrt in den Gläubigen das Gefühl aufkommen lasse, dass "alle Menschen bei Gott geborgen sind und er uns begleitet und wieder zusammenführt".
Den musikalischen Rahmen des Gottesdiensten schufen Sven Geier an der Orgel und ein Gesangsensemble unter der Leitung von Christopher Hench. Coronabedingt waren die Bänke in der Basilika nur spärlich besetzt. Der Stadtpfarrer kommentierte dies: "Es ist für uns dieses Jahr ein freudiges Ereignis, dass wir überhaupt die vierwöchige Hauptwallfahrtszeit begehen können, wenn auch in kleinerer Version." Der Fernsehsender K-TV übertrug diesen Eröffnungsgottesdienst, und auch im Livestream über Youtube wurde die heilige Messe ausgestrahlt. Zudem weilte ein Fernsehteam des SWR in Walldürn.