Region Mosbach

Warum diese defizitären Hallenbäder doch wichtig sind

Für die Kommunen in der Region ist der Betrieb von Hallenbädern nicht rentabel, sie bekennen sich aber klar zu ihren Bädern

11.02.2020 UPDATE: 12.02.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 52 Sekunden
Die Katzenbuckeltherme in Waldbrunn nennt Bürgermeister Haas selbstbewusst „das Flaggschiff der Bäderlandschaft im Neckar-Odenwald-Kreis“. Doch die Gemeinde verzeichnet hier jedes Jahr ein Defizit von etwa 600 000 Euro. Foto: Stephanie Kern

Von Stephanie Kern

Region Mosbach. Es sind erschreckende Zahlen, die die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) nennt, wenn es um die Schwimmfähigkeit der Drittklässler in Deutschland geht. Bis zu 70 Prozent der Kinder eines Jahrgangs können nicht schwimmen. Schuld daran ist laut DLRG auch das Bädersterben, das in den vergangenen Jahren eingesetzt hat. "In den letzten 17 Jahren haben in Deutschland pro Jahr etwa 80 Bäder geschlossen", erklärt Markus Slaby, stellvertretender Vorsitzender der DLRG Mosbach.

Für die Kommunen sind die Hallenbäder eine freiwillige Leistung, denn rentabel kann ein solches Bad nicht geführt werden. In Waldbrunn, wo Markus Haas Bürgermeister ist, steht das größte Hallenbad der Region. Die Katzenbuckeltherme hat mehr als 500 Quadratmeter Wasserfläche auf fünf Becken verteilt. "Die Therme ist ein Flaggschiff in der Bäderlandschaft des Neckar-Odenwald-Kreises", ist Haas überzeugt. "Unsere Gemeinde hält da schon ein besonderes Bad vor." Das lässt sich die Gemeinde auch etwas kosten: 2017 lag das Defizit bei 672.000 Euro, 2018 bei 630.000 Euro. Für 2019 ist der Badbetrieb noch nicht abgerechnet, aber die Gemeinde rechnet mit einem höheren Defizit. Grund für die Steigerung sind Instandhaltungsmaßnahmen, die nun anfallen.

Aber, so Haas weiter, es gebe viele Gründe, warum (kommunale) Bäder defizitär seien. "Personalkosten, Energiekosten", nennt Haas nur zwei. Bei der Katzenbuckeltherme komme hinzu, dass sie eben kein normales Schwimmbad, aber eben auch kein großes Spaßbad sei. "Das Bad hat eine Zwitterstellung." Private Bäder wie die in Sinsheim, Bad Rappenau oder Heilbronn investierten in Saunen und Wellness. Das könne man in einem kommunalen Bad nicht. Denn ein Schwimmbad sei zwar keine originäre Aufgabe einer Gemeinde, die Ausgaben dafür würden aber gesellschaftlich akzeptiert.

110.000 Besucher zählt die Katzenbuckeltherme jedes Jahr, davon kommen 80 Prozent nicht aus Waldbrunn. Um etwa vier Euro müsste man die Eintrittspreise erhöhen, um die Kosten einigermaßen zu decken. "Aber eine Gemeinde ist kein Wirtschaftsbetrieb und bei kommunalen Bädern wird erwartet, dass man günstig baden kann", sagt Haas. "Es ist ein schönes Bad und wir sind froh, dass wir es haben", bekennt sich Haas aber zur Katzenbuckeltherme. Die Menschen aus der Region nutzen und schätzen das Bad, ist Bürgermeister Haas überzeugt.

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Auch in Mosbach gibt es ein Hallenbad, das von den Stadtwerken betrieben wird. Auch hier ist der Betrieb defizitär, aber das Minus kann durch ein Plus in anderen Bereichen aufgefangen werden, wie Stadtwerke-Geschäftsführer Jürgen Jaksz berichtet. Von dem Defizit über 600.000 Euro, das man bei den Stadtwerken mit Frei- und Hallenbad etwa jedes Jahr erwirtschaftet, gehen etwa zwei Drittel auf das Konto des Hallenbads. "Aber Mosbach als Große Kreisstadt hat auch gewisse Dinge vorzuhalten. Und da gehört ein Hallenbad dazu", ist Jaksz überzeugt. 12.500 Besucher (ohne die Schüler und die Schwimmer der DLRG) werden jedes Jahr gezählt.

"In Mosbach haben wir mit den Stadtwerken und der Stadt zwei Partner, denen die Wichtigkeit eines Hallenbads ganz klar ist und die auch die erforderlichen finanziellen Mittel bereitstellen", lobt Markus Slaby. In anderen Gemeinden habe man dieses Glück nicht. Und wo kein Bad ist, gibt es auch keinen Platz für Schwimmkurse. Deshalb drängt die DLRG darauf, ein Infrastrukturprogramm zum Erhalt der Bäder aufzulegen. "Wir können nur an das Verantwortungsgefühl der Politiker auf allen Entscheidungsebenen appellieren, dass der Erhalt der Schwimmbäder eine Investition in die Sicherheit unserer Kinder ist. Denn sicher schwimmen zu können, ist die beste Vorsorge gegen Ertrinken", meint Slaby.

Ganz ähnlich sieht es Sabine Schweiger, die Bürgermeisterin von Aglasterhausen. Auch hier gibt es ein Hallenbad, auch hier muss die Gemeinde Gelder zuschießen. "Ein Schwimmbad ist nie rentabel. Es ist eine freiwillige Dienstleistung und für uns ist es Geld, das wir in Bildung stecken", sagt Schweiger. "Bei uns in Aglasterhausen lernt jedes Kind schwimmen." Das Bad sei in einem Top-Zustand und das werde von den Bürgern geschätzt: "Wir erhalten nur positives Feedback", so Schweiger. Auch Schweiger bekennt sich zum Bad: "Das Bad steht nicht zur Disposition, da müsste es uns schon sehr schlecht gehen."

"Das Bad ist wichtig, wir müssen den Kindern doch Schwimmunterricht bieten", ist Jenny Retzbach überzeugt. Die Hauptamtsleiterin der Gemeindeverwaltung Haßmersheim betont: "So ein Schwimmbad gehört zur Daseinsvorsorge, man muss den Menschen im Ort auch etwas ermöglichen." Die Volkshochschule, die DLRG, auch eine Tauchergruppe nutzen das Bad neben der Schule in Haßmersheim, außerdem steht es auch der Öffentlichkeit zur Verfügung. "Aber es ist natürlich ein defizitärer Betrieb", bekennt auch Jenny Retzbach. Zumal beim Schwimmbad in Haßmersheim bald Investitionen anstünden. Eine Schließung steht trotzdem nicht zur Debatte – nur über den Sommer, wenn das Freibad seine Pforten öffnet ...

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