Hinter den Kulissen des Mosbacher Polizeireviers
24 Leser erhielten drei Stunden lang einmalige Einblicke. Dabei wurden Fingerabdrücke abgenommen und einige Fenster aufgebrochen.
Von Caspar Oesterreich
Mosbach. Obwohl Revierleiter Andreas Hammer Handschellen und Schlagstock zückte, ein Fenster aufgebrochen wurde und bei der Kriminalpolizei fleißig Fingerabdrücke genommen und analysiert wurden – am Ende durften alle Teilnehmer der RNZ-Sommertour das Mosbacher Polizeirevier freien Fußes wieder verlassen.
24 Zeitungsleserinnen und -leser erlebten am Dienstag bei der mittlerweile achten Sommertour in diesem Jahr spannende Eindrücke in die Polizeiarbeit im Neckar-Odenwald-Kreis. "Respekt für diesen Job – und dass Sie für uns Bürger da sind", bedankte sich ein Teilnehmer nach der rund dreistündigen Führung bei den Beamten.
Im Vorfeld war der zeitliche Rahmen des Rundgangs auf rund zwei Stunden angesetzt worden, doch die Wissbegier der Teilnehmenden war enorm. Mit zahlreichen Fragen löcherten die Besucher ihre Gastgeber, sprachen unter anderem über das Verhältnismäßigkeitsprinzip beim Einsatz von Gewalt, kritisierten mangelnden Sicherheitsabstand beim Überholen von Radfahrern, fragten nach der Aufgabenteilung zwischen Streifen- und Ermittlungsdienst, der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer in den drei Gewahrsamszellen oder den Kriterien bei der Beschaffung der Polizeiautos.
Am Anfang aber hatte Andreas Hammer das Wort. Nach einer kurzen Begrüßung ging der Mosbacher Revierleiter auf die Kriminalstatistik ein. Seit zehn Jahren beobachte man einen leicht ansteigenden Trend bei den Straftaten; rund 2500 seien es aktuell pro Jahr im Altkreis Mosbach, der vom Revier in der Großen Kreisstadt sowie den Polizeiposten in Aglasterhausen und Limbach abgedeckt wird. "Damit bewegen wir uns in etwa wieder auf dem Vor-Corona-Niveau", erklärte Hammer.
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Den leichten Anstieg bei den verzeichneten Straftaten führte der Chef von insgesamt 75 Polizisten und Tarifangestellten auch auf die bessere Erreichbarkeit der Polizei zurück. Durch die "Onlinewache" – ein Internetportal, um Anzeigen aufzugeben – sei die Hürde, beispielsweise Beleidigungen in sozialen Netzwerken zur Anzeige zu bringen, gesunken.
"Alles in allem ist der Neckar-Odenwald-Kreis sehr sicher", betonte Hammer und nannte sogleich Zahlen. So liege die sogenannte Häufigkeitszahl im Landkreis bei rund 4200, während im vergangenen Jahr in Baden-Württemberg mehr als 5200 Straftaten je 100.000 Einwohnern verzeichnet worden seien. Berechnet für die gesamte Bundesrepublik waren es sogar 7040.
Fünf Dienstgruppen im Revier sorgen dafür, dass das auch weiterhin so bleibt. Sie zeigen im Streifendienst Präsenz auf den Straßen in und rund um Mosbach, kümmern sich um randalierende Betrunkene, rücken bei häuslicher Gewalt aus, übernehmen die Erstermittlungen bei Einbrüchen oder sichern Unfälle ab, nannte Hammer ein paar Beispiele. "Der Streifendienst ist quasi die Feuerwehr bei der Polizei. Die fahren immer als Erstes raus."
Auch Abschiebungen fallen in den Aufgabenbereich des Polizeireviers. "Jedenfalls die Einleitung dieser", erklärte Andreas Hammer weiter. In diesem Jahr seien es bisher 35 gewesen. "Eine überschaubare Anzahl bei der Zahl an Geflüchteten im Landkreis." "Und wann kommt die Kriminalpolizei?", wollte ein RNZ-Leser wissen. Immer dann, wenn mit einer Strafe von mindestens einem Jahr zu rechnen ist, antworte der Revierleiter.
Einsatzschild, die einschüchternde tiefschwarze Schutzausrüstung, verschiedene Hüte, Funkgerät und eine kugelsichere Weste durften die Sommertourer im Anschluss in Augenschein nehmen. "Ganz schön schwer", befand eine Teilnehmerin, nachdem sie sich die Weste kurz übergestreift hatte. Auch die Einsatzmittel am Gürtel führte Hammer den Besuchern vor, zeigte Schlagstock und Pfefferspray, ließ die Pistole jedoch im Halfter.
13 Schuss passen in die Waffe von Heckler und Koch, weitere 13 Kugeln führt jeder Polizist in einem Ersatzmagazin mit. Sicher verschlossen befindet sich in jedem Polizeiwagen auch eine Maschinenpistole mit weiterer Munition. Die werde aber nur selten, etwa zur Absicherung bei Großkontrollen, ausgepackt, erläuterte der Revierleiter.
Etwa einmal pro Woche würden seine Beamten von der Pistole gebrauch machen, berichtete Hammer. "Wir haben viele Wildunfälle in unserem Einzugsbereich." Zwar sei eigentlich der jeweilige Jagdpächter für den "Gnadenschuss" verantwortlich, um verletzte Tiere von ihrem Leid zu befreien. Jemanden um drei Uhr nachts aus dem Bett zu klingeln, gelinge jedoch nur bedingt, weshalb dann häufig auch die Dienstwaffe zum Einsatz komme.
Dann wurde die Besuchergruppe aufgeteilt. Zwölf Sommertourer folgten Sven Schumacher zum Gebäude der Prävention, die andere Hälfte führte Kriminaltechnikerin Petra Nohe zum Erkennungsdienst. Nach etwa 45 Minuten wurde gewechselt. Als eigenständige Einheit ist die Prävention direkt dem Polizeipräsidenten unterstellt, erklärte Schumacher.
"Wir rücken nicht zu klassischen Einsätzen aus, sondern sind ausschließlich vorbeugend unterwegs." Die Verkehrsprävention setzte bereits in der Grundschule mit dem Fahrradführerschein an, in den weiterführenden Schulen gehe es dann um Drogen- und Kriminalprävention. Vor allem das Thema Mediennutzung mit Cybermobbing sowie das leichtfertige und meist unbedachte Weiterleiten von Nacktbildern unter Jugendlichen werde mit den Schülerinnen und Schülern behandelt.
"So was ist schnell kein Spaß mehr, sondern eine richtig schwere Straftat", machte Schumacher deutlich und riet den Eltern: "Haben Sie ein Auge darauf, was Ihre Kinder im Internet tun!"
Aufklärungsarbeit leistet die Präventionsstelle auch beim Thema Telefonbetrug. Vom Enkeltrick bis hin zum falschen Polizeibeamten seien die Maschen der Ganoven vielfältig, so Schumacher. "Die Anrufer sind gut geschult und setzen ihre Opfer oft stundenlang unter Druck, bis Geld oder Schmuck dann schließlich rausgerückt werden."
Mit einem schlichten Schraubenzieher führte der Beamte vor, wie schnell Einbrecher in ein Gebäude gelangen können. Keine zehn Sekunden brauchte Schumacher, um ein Fenster mit Rollzapfen aufzuhebeln. Eines mit Pilzzapfen sei da deutlich schwieriger zu öffnen, erklärte er den Sommertourern und gab viele Tipps, wie man sich in den eigenen vier Wänden schützen kann. Statt sich eine Festung zu bauen, sei es "viel wichtiger, dass wir in unsere Gesellschaft verhindern, dass Einbrecher zu Einbrechern werden", merkte Teilnehmer Ludwig Jost an.
Wie sich Werkzeug-, Fußspuren und Fingerabdrücke sichern lassen, zeigte Kriminaltechnikerin Petra Nohe den Sommertourern. Allerlei Spezialgerät führte sie vor, erklärte, wie sich auch die kleinsten DNA-Reste erst finden und dann analysieren lassen. Beeindruckt zeigten sich die Besucher von dem Kopf aus Knete, den Nohe anhand von Schädelknochen modelliert hat.
Während vor allem die Kinder Spaß daran hatten, ihre Fingerabdrücke einzuscannen, nahmen einige Erwachsene den Kopf genauer unter die Lupe. Mit dem Bild eines Fingerabdrucks, der gleichzeitig ein Gesicht zeigt, bereitete wiederum eine Teilnehmerin der Kriminaltechnikerin eine große Freude. "Den stelle ich mir auf den Schreibtisch", bedankte sich Nohe für dieses außergewöhnliche Geschenk.
Zum Abschluss versammelten sich alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Tour noch einmal im Hof, wo sie ein Polizeiauto in Augenschein nehmen und auch einmal drin Platz nehmen durften. Wer wollte und noch Zeit hatte, durfte sich zudem die Gewahrsamszellen anschauen und auch einen Blick in die Leitstelle werfen. "Das war echt toll, einmal hinter die Kulissen der Polizei zu sehen", zog RNZ-Leser Albrecht Dinkelacker ein positives Fazit nach der Sommertour.
Info: Eine kostenlose Beratung zum Einbruchsschutz kann unter Telefon 06261/809150 vereinbart werden.