RNZ-Sommertour nach Buchen

Auf der AWN-Deponie gab es spannende Einblicke in die Kreislaufwirtschaft (Fotogalerie)

Wie das Grüngut zu hochwertigem Kompost und Edelsubstraten wie die Terra Preta verarbeitet wird, bekamen die Teilnehmer im Biomassezentrum gezeigt.

17.08.2024 UPDATE: 17.08.2024 04:00 Uhr 3 Minuten, 17 Sekunden
Nach der knapp dreistündigen Führung waren die Teilnehmer der Sommertour hochzufrieden. Sie erfuhren, wie der Grüngutplatz, die Deponie und das Biomassezentrum funktionieren. Foto: Tanja Radan

Von Tanja Radan

Buchen. "Jeder verursacht Müll. Wir laden hier regelmäßig Grüngut ab, aber eigentlich wissen wir überhaupt nicht, was dann damit passiert." So oder so ähnlich war dieser Satz gleich mehrfach zu hören, als die Teilnehmer der RNZ-Sommertour am neuen, zentralen Grüngutplatz der AWN ihre orangenen Warnwesten anzogen und sich sichtlich auf die Führung über das Areal der AWN freuten. Um es gleich vorwegzunehmen: Die Führung war so interessant, und die RNZ-Leser hatten so viele Fragen, dass aus den geplanten zwei Stunden fast drei wurden.

Los ging es am neuen Grüngutplatz, wo KWiN-Vorstand Sebastian Damm die Gruppe begrüßte. Auf dem Platz, der im April 2023 eröffnet wurde, werden pro Woche beachtliche 300 Tonnen Grüngut angeliefert. Und da der Sommer 2024 vegetationsfreundlich verläuft, werden für das gesamte Jahr kreisweit an die 30.000 Tonnen erwartet. "Der Bürger liefert das Grüngut an, woraus dann wieder ein hochwertiges Produkt entsteht.

Dahin soll die Reise gehen: "Kreislaufwirtschaft statt Abfallwirtschaft", erläuterte der KWiN-Vorstand. Wie das Grüngut zu hochwertigem Kompost und Edelsubstraten wie die Terra Preta verarbeitet wird, bekamen die Teilnehmer dann später im Biomassezentrum gezeigt. "Wichtig ist, dass das Grüngut unbehandelt ist. Behandeltes Pflanzenmaterial wie zum Beispiel Friedhofsblumen können hier nicht verwertet werden, da diese meist mit Draht, Kunststoffteilen und Dekorationsmaterial vermischt sind." Auch organischer Hausmüll darf nicht ins Grüngut, dafür gibt es die Bioenergietonne.

In der Diskussion mit den Lesern kam im Zusammenhang mit der Biotonne auch der "Dauerbrenner" Fehlwürfe auf. Sebastian Damm warf daraufhin einen spannenden Blick in die Zukunft: "In einigen Jahren werden Fehlwürfe mithilfe von Künstlicher Intelligenz erkannt."

Grundsätzlich rät er, in Sachen Müll und Müllvermeidung Verantwortung zu übernehmen: "Wir sind alle Konsumenten, und je mehr wir konsumieren, desto mehr Abfall produzieren wir."

Die nächste Station der Sommertour führte an einen Ort, den – so Organisator Martin Hahn – "alle brauchen, aber keiner haben will": die Deponie. Dort erklärte Deponieleiter Benno Ehmann, wie die Deponie aufgebaut ist, und ging auf die Erweiterungspläne ein. Es entstand eine rege Gesprächsrunde, in der sich die RNZ-Leser über Recycling, das Ausfuhrverbot von Plastik nach Südostasien und Akkus im Restmüll – ein häufiges und gefährliches Problem, das Brände verursachen kann – informierten.

Wie Martin Hahn erklärte, sei eine moderne Deponie ein "Glück für die Natur". Noch vor wenigen Jahrzehnten habe es im Neckar-Odenwald-Kreis an die 200 "ungeordnete Müllkippen" gegeben. "Das kann man sich heute kaum noch vorstellen." Seit 2005 wird in die Deponie übrigens kein Hausmüll mehr eingebaut. "Dennoch entsteht nach wie vor Gas, das aus dem bis dahin eingelagerten Hausmüll entsteht. Das Gas, das zur Stromerzeugung verwendet wird, wird jedoch von Jahr zu Jahr weniger. Auf der Deponie werden mineralische Abfälle eingelagert, die nicht wiederverwertet werden können, also zum Beispiel Bauschutt, Straßenaufbruch und Gießereisande."

Im Biomassezentrum, der nächsten Station, erklärte Leiter Christian Gramlich, wie Komposte und Edelsubstrate, Pflanzenkohle und die weithin bekannte Terra Preta hergestellt werden. Kompostiert wird das Grüngut, das auf dem Grüngutplatz zusammenkommt, und auch die Straßenmeistereien liefern Pflanzenmaterial an. "Das Material wird dann geschreddert und in zwei verschiedenen Produktionslinien weiterverarbeitet: Bei der üblichen Boxenkompostierung, das Material ist hier mit einer Goretexfolie abgedeckt, entsteht Frisch- und Fertigkompost, der vorwiegend in der Landwirtschaft verwendet wird."

Dieser Prozess läuft sozusagen von selbst ab: Feuchtigkeit und Wärme sorgen für Bakterien und Pilze. Bei den Edelsubstraten, so Gramlich weiter, wird unter Zugabe von Pferdemist, tonhaltiger Erde, frischem Grün, Urgesteinsmehl und der eigenen Pflanzenkohle eine so genannte Dreiecksmiete aufgesetzt. Diese muss immer wieder gewendet und bewässert werden. Am Ende entstehen die wunderbar krümeligen Edelsubstrate "Nährhumus" oder "Terra Preta", eine Vollwertnahrung für Pflanzen. In beiden Fällen ist es eine Hygienisierung – alle Samen, Salmonellen und Schädlinge sind durch die Temperatur von über 60 Grad Celsius abgetötet.

Ein Vorurteil ist, dass beim Kompostieren wenig angenehmer Geruch entsteht. Die Teilnehmer der RNZ-Sommertour können nun bestätigen, dass das nicht der Fall ist. Wer wollte, konnte an der Terra Preta schnuppern, und jeder hatte noch die Möglichkeit, einen Sack mit der "schwarzen Erde" zu füllen und mit nach Hause zu nehmen. "Wir verwenden die Erde schon länger für unser Hochbeet, und die Pflanzen wachsen hervorragend", meinte eine Leserin.

Als die Tour langsam auf ihr Ende zuging, konnten die "Sommertouristen" noch die Pyreg-Anlage besichtigen. Und sie erwartete ein seltener Anblick: Da die 2016 in Betrieb genommene Anlage gerade gewartet wird, ist sie nicht in Betrieb und teilweise demontiert. In der Anlage werden Hackschnitzel und Restholz aus den regionalen Wäldern bei rund 600 Grad Celsius verkohlt. "Die Pflanzenkohle, die dabei entsteht, ist so rein, dass sie als Tierfutterbeimengung zugelassen ist", informierte Gramlich.

Rund 85 Prozent der Kohle würden in die Schweiz exportiert, wo sie auch als Einstreu für Ställe verwendet werde, was Gerüche verhindere. "In Deutschland ist diese Methode jedoch noch nicht angekommen", bedauert Gramlich.

Nach knapp drei kurzweiligen und interessanten Stunden konnten sich die RNZ-Leser bei Brezeln und kühlen Getränken untereinander und mit den Experten auszutauschen. Dabei bedankten sie sich für die vielen Infos und die Zeit, die man sich für sie genommen hatte. Die Sommertour bot einen tiefen Einblick in die moderne Kreislaufwirtschaft und verdeutlichte, wie wertvoll eine bewusste Mülltrennung ist.

Dieser Artikel wurde geschrieben von:
(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.