Neunkirchen

Die Gemeinde möchte die Bürger ab 2025 mit Nahwärme versorgen

Sie informierte darüber beim Nahwärmetag. Viele Fragen, individuelle Antworten.

01.12.2021 UPDATE: 02.12.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 36 Sekunden
So sieht eine Nahwärmeheizanlage aus. Beim Nahwärmetag in Neunkirchen wurde über die Hintergründe des ambitionierten Projekts, Voraussetzungen und Möglichkeiten informiert. Foto: Eisner-Just

Von Gabriele Eisner-Just

Neunkirchen. Das Projekt hat schon mal einen griffigen Namen: "100 Prozent Neunkirchen Wärmeversorgung lokal, regenerativ und nachhaltig". Ab 2025 sollen unter diesem griffigen Namen möglichst viele Anschlussnehmer in Neunkirchen mit Wärme aus Holzhackschnitzeln und Solarthermie versorgt werden. Nun waren interessierte Neunkirchener eingeladen, mehr zur geplanten Neunkirchener Nahwärme zu erfahren. Etwa 125 Bürgerinnen und Bürger hatten sich dazu angemeldet und stellten den Fachleuten Fragen zur Funktionsweise, zum Nahwärmevertrag und zu den Fördermöglichkeiten.

Die Fachplaner von der IBS Ingenieurgesellschaft in Bietigheim-Bissingen erklärten noch einmal die Vorteile der Nahwärmeversorgung für Neunkirchen: In einem Holzhackschnitzelheizkessel wird durch die Verbrennung von heimischem Restholz Wärme produziert, die über Heißwasserleitungen an die Hausanschlüsse geführt wird. Hier wird die Wärme auf einen internen Heizkreislauf übertragen. Zusätzlich sorgen Solarkollektoren für Warmwasser und eine Fotovoltaikanlage für den Pumpenstrom. Auf diese Weise entsteht Wärme für Warmwasser und Heizung rein aus regenerativen Energien. Damit werden nicht nur CO2- und Lärm-Emissionen vermieden, sondern auch Feinstaub, denn durch seine hochwirksamen Filter entlässt das Heizwerk nur Wasserdampf in die Luft.

"Was passiert mit meinem restlichen Heizöl?", wollte ein Besucher wissen. Die teilnehmenden Handwerker rieten dazu, den Brennstoffverbrauch im Auge zu behalten und im Jahr vor der Fertigstellung zurückhaltend zu ordern. "Kann ich meinen Pufferspeicher behalten und wie sieht es mit der vorhandenen Heizung aus?", auch diese Frage konnte beantwortet werden. Denn ein gut erhaltener Speicherbehälter kann weiterverwendet werden und die Nahwärme ist für Fußboden- und Heizkörperheizungen geeignet. Die eigene Solarthermieanlage kann ebenfalls in die häusliche Wärmeerzeugung eingebunden werden. Überflüssig wird dagegen der Schornstein, denn Nahwärme erzeugt ja am Einsatzort keinerlei Emissionen.

Einige Besucher störten sich an der Größe des 600-Liter-Pufferspeichers, der Heißwasser vorhält. Dieser hat eine Auswirkung auf die gesamte Versorgung, denn so müssen gleichzeitig benötigte Wärmemengen nicht sofort erzeugt werden. Somit kann das Heizwerk kleiner dimensioniert werden, und damit bleiben auch die Anschlusskosten für die Nahwärmeabnehmer niedriger. "Das ist ein handfester Vorteil, genau wie die Wertsteigerung meines Hauses!", äußerte sich ein Besucher zufrieden. Der Pufferspeicher kann aber auch kleiner sein oder bei Platzproblemen weggelassen werden.

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"Was passiert, wenn das Heizwerk einmal ausfällt?" Die Fachplaner erläuterten, wie das System, das aus zwei Biomasseheizkesseln, den Solarthermie-Kollektoren und einem großen Heißwasserspeicher besteht, mehrfach abgesichert wird. Auch bei Reparatur- oder Wartungsarbeiten bleibt also die Nahwärmeversorgung gesichert.

Sehr großes Interesse zeigten die Besucher am Themenkomplex "Vertragsbindung". Die Anbindung an die Nahwärme kostet die Nutzer einmalig 8330 Euro bis 30 kW, inklusive Übergabestation, Pufferspeicher und 15 Meter Anschlussleitung. Der jährliche Grundpreis für die Nahwärmelieferung beträgt 500 Euro, der Arbeitspreis 9,52 Cent. Dieser Preis errechnet sich aus der Verordnung über allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme und ist beim verwendeten Brennstoff Holzhackschnitzel – im Gegensatz zu Heizöl und Erdgas – seit Jahren ziemlich stabil. Damit besteht für die Kunden nicht nur Versorgungs-, sondern auch Kostensicherheit. "Und wenn jetzt mein Ölkessel kaputtgeht?", wollte ein Besucher wissen. Für diesen Fall konnte Bürgermeister Knörzer für die späteren Nahwärmekunden eine Ausnahmegenehmigung vom Landratsamt erwirken, ein gebrauchtes, aber besseres Gerät als Zwischenlösung zu installieren.

Schließlich ging es noch um das umfangreiche Thema Förderanträge, für die es jetzt eine Muster-Kalkulation gibt. Nach Bewilligung des Förderantrags erhalten Nahwärme-Anschlussnehmer 35 bis 50 Prozent über die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG). Dies gilt auch für die so genannten Sekundärkosten, zu denen der Austausch alter Ölheizungen, die Anbindung an den Heizkreis und die Einbindung bestehender Solarthermieanlagen oder Kaminöfen gehören.

Bleibt noch der Nutzen für die Allgemeinheit: Neben Umwelt- und Klimaschutz möchte die Gemeinde auch wirtschaftlich von der Nahwärme profitieren, um mit dem Gewinn den Gemeindehaushalt zu stärken. "Am Heizöl", so Bürgermeister Knörzer, "verdienen vor allem internationale Konzerne, bei Holzhackschnitzeln bleiben aber satte 80 Prozent Wertschöpfung in Neunkirchen." Dazu äußerte sich eine Besucherin treffend: "Wir bezahlen dann also nicht das neueste Luxusauto für den Ölscheich!" Auch ziemlich griffig formuliert ...

Info: www.neunkirchen-baden.de; außerdem richtet die Gemeinde Neunkirchen eine Fördersprechstunde ein, Anmeldung bei Annika Kandora-Dinkeldein, Tel.: (0 62 62) 92 12 24.

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