Neckargerach

Lebendige Ortsmitte mit Betreutem Wohnen und Café soll entstehen

Drei Schritte zum großen Wurf. Eine Verkehrsberuhigung soll dabei helfen.

12.09.2025 UPDATE: 12.09.2025 04:00 Uhr 2 Minuten, 54 Sekunden
So könnte das Betreute Wohnen in der Neckargeracher Ortsmitte aussehen. Das aus dieser Ansicht rechte Gebäude ist etwas nach hinten geneigt, um das Rathaus nicht zu verdecken. Grafik: Thomas Fabrinsky Architekten (Karlsruhe) & stuchlik3d (Pfinztal)

Von Sebastian Schuch

Neckargerach. Es ist ein hehres Ziel, das viele Gemeinden und Städte verfolgen: eine attraktive Ortsmitte. Insofern ist es nicht außergewöhnlich, dass auch Neckargerach dieses Vorhaben anstrebt.

Nachdem einige private Vorhaben in diese Richtung umgesetzt und die Gemeinde mit Minneburgplatz und Inselpark ihren ersten Anteil dazu geleistet hat, nimmt man nun für den ganz großen Wurf Anlauf. Mit Betreutem Wohnen, einem Café und erweiterter Verkehrsberuhigung soll Wohn- und Lebensqualität im Ortskern rund um das Rathaus steigen.

Seit 2014 ist Neckargerach im Landessanierungsprogramm, mit dessen Hilfe neben Modernisierung auch "die Neugestaltung des öffentlichen Raums" als Zielsetzung definiert ist. "Es soll schöner und attraktiver sein", bringt es Bürgermeister Norman Link auf den Punkt. Im Zuge dessen hat die Gemeinde bereits alte Gebäude erworben, mit einem Konzept neu aufgebaut und wieder veräußert. So entstand auch der Dorfplatz südlich des Seebachs. Jetzt soll der nördliche Bereich im unmittelbaren Umgriff des Rathauses folgen.

Betreutes Wohnen

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Zwar noch in den Pantoffeln, aber dennoch am weitesten gediehen ist das Betreute Wohnen auf dem "Engel-Areal" direkt neben dem Rathaus. Lange Verhandlungen seien es gewesen, bis die Gemeinde in den Besitz der Grundstücke gekommen ist, berichtet Link. Bereits vergangenes Jahr fand ein Architektenwettbewerb statt, der Zuschlag ging an das Architekturbüro Fabrinsky aus Karlsruhe.

Dabei überzeugte vor allem die Gestaltung des hinteren Gebäudes. Dieses schwenkt leicht zurück, sodass das Rathaus nicht überdeckt wird, sichtbar bleibt. Auf der Straßenseite entsteht ein zweiter, kleinerer Dorfplatz, in den die vorhandene Jesus-Statue integriert wird.

Aktuell sind auf dem „Engel-Areal“ ein Parkplatz und eine Wiese, die Jesus-Statur soll auf dem „kleinen Dorfplatz“ erhalten bleiben. Foto: ses

16 Wohnungen sollen auf dem Engel-Areal entstehen, grundsätzlich für eine eigenständige Lebensweise. Dazu ein Gemeinschaftsraum. Die evangelische Sozialstation bietet einen Grundservice an – Organisation gemeinsamer Nachmittage und Unterstützung –, der von den Bewohnern pauschal bezahlt werden muss.

Mehr Hilfe soll per Aufpreis möglich sein. Einziehen darf man erst ab 60 Jahren oder einem Schwerbehindertengrad von mindestens 50 Prozent. Bei einer Info-Veranstaltung im September 2024 wurde das Interesse eruiert. Die Hoffnung: Ältere Bürger ziehen ins Betreute Wohnen und so wird Wohnraum für jüngere Familien frei. "Eine Art Generationenvertrag", beschreibt es Link.

Denkbar ist sowohl ein Kauf mit Selbstbezug, aber auch eine Weitervermietung. Investor/Bauträger ist die FWD Hausbau- und Grundstücks GmbH aus Dossenheim. Die erstellt gerade den Bauantrag und untersucht den Bauuntergrund. "Die FWD will im Herbst an den Markt gehen", sagt Link, der hofft, dass die Bagger 2026 rollen.

Café

"Die Gemeinde hat schon lange den Wunsch, im Dorf ein Café oder Bistro zu installieren", sagt Link. Dieser war ursprünglich mit dem Betreuten Wohnen verbunden, ein Café im Erdgeschoss eines der Gebäude angedacht. Doch das hätte bei dem begrenzten Platz Wohnungen gekostet.

Ein Treffpunkt im Zentrum soll das Café oder Bistro im aktuellen Sparkassengebäude werden. Grafik: Thomas Fabrinsky Architekten (Karlsruhe) & stuchlik3d (Pfinztal)

Also entstand die Idee, eine "Gastronomie im weitesten Sinne" davon abzukoppeln. Schnell geriet das Sparkassengebäude gegenüber des Rathauses ins Blickfeld. Dort gibt es im vorderen Bereich nur noch Automaten, im hinteren hat sich eine Fahrschule eingemietet. Ein Hinweis des Büros Fabrinsky bestätigte die Gemeinde, der Architekt fertigte einen Entwurf, wie ein Café an dieser Stelle aussehen könnte.

Für Sparkassenkunden ist ein Automat an der Fassade angedacht. Das Café soll außerdem das Angebot für Radfahrer und Besucher des Neckarsteigs erweitern. Erste Gespräche mit der Sparkasse als Eigentümerin fanden bereits statt.

Verkehrsberuhigung

Dorfplatz, Betreutes Wohnen und Café im Zentrum sind schön und gut. Es geht auch darum, die Elemente zu verbinden, für alle zugänglich zu machen. Das soll über eine Verkehrsberuhigung gelingen. Derzeit werde die Hauptstraße noch oft als Abkürzung Richtung Sinsheim genutzt, berichtet Link.

Da ist es zum Beispiel trotz Tempo 30 nicht ganz so einfach, mit Rollator vom Betreuten Wohnen zum Café zu kommen, um schon ein paar Jahre in die Zukunft zu blicken. Oder als Kind vom Dorfplatz über den Seebach zum Café. Bei einer Ortsbesichtigung mit dem Planungsbüro Pesch und Partner aus Stuttgart entstanden drei Handlungsempfehlungen: breitere Gehwege, weniger Autos, mehr Grün. "Überraschend war das nicht", meint Link.

Jetzt geht es darum, wie die Zielsetzung erreicht werden kann. Neben baulichen Maßnahmen für die Gehwege sind auch eine weitere Geschwindigkeitsreduktion oder Änderungen des Verkehrs denkbar. "Das wird in einen Auftrag an einen Verkehrsplaner münden", sagt Link.

Was wann komme, entscheide sich im Zusammenspiel von Gemeinderat und Verwaltung, Planungsbüro und Straßenverkehrsbehörde. Wichtig ist Link, zu betonen: "Wir wollen nicht die eigenen Leute bestrafen." Maßnahmen mit Außenmaß also.

Die Ziele für eine lebendige Ortsmitte hat die Gemeinde formuliert, jetzt sollen Taten folgen. Bürgermeister Norman Link wünscht sich, die Punkte auch zeitlich in einen Zusammenhang zu bringen, noch dieses Jahr mit der Planung voranzukommen und kommendes Jahr mit der Umsetzung zu beginnen. Dann wäre es an den Neckargerachern, das neue Zentrum zu einem lebendigen Ortsteil zu machen.

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