Neckar-Odenwald-Kreis

So kritisch sehen Mediziner Start der kostenlosen Schnelltests

Wie Mediziner aus dem Neckar-Odenwaldkreis den Start der kostenfreie Corona-Schnelltests bewerten - "Es funktioniert einfach nicht"

09.03.2021 UPDATE: 10.03.2021 06:00 Uhr 3 Minuten, 6 Sekunden
Apotheker Wolfgang Pretzsch-Eckhard bearbeitet einen Corona-Schnelltest. Gerne würde auch er die kostenfreien Tests für jeden anbieten, am Dienstag fehlte aber noch die entsprechende Verordnung. Foto: Stephanie Kern

Von Stephanie Kern

Neckar-Odenwald-Kreis. Allen asymptomatischen Bürgerinnen und Bürgern soll es möglich sein, mindestens einmal pro Woche einen kostenlosen Corona-Schnelltest zu machen. Möglich sein soll das in einem von der Kommune betriebenen Testzentrum, bei von dem jeweiligen Land oder der jeweiligen Kommune beauftragten Dritten oder bei niedergelassenen Ärzten. Die Kosten übernimmt ab dem 8. März der Bund. So weit die Ansage des Bundesgesundheitsministeriums. In Wahrheit ist es aber gar nicht so einfach, einen Termin für einen kostenfreien Corona-Schnelltest zu bekommen – weil die Regelungen vor allem zur Abrechnung auch am Dienstagvormittag noch nicht klar waren.

So musste Wolfgang Pretzsch-Eckhard am Dienstagmorgen noch abkassieren, wenn sich jemand bei ihm auf das Coronavirus schnell testen lassen wollte. Seit Anfang Januar bietet er in der Apotheke Billigheim die Tests an. "Ich habe zum Glück die personellen Ressourcen und auch den Platz, um die Tests vornehmen zu können", sagt der Apotheker. Im Hof steht ein Zelt, dreimal in der Woche nimmt Pretzsch-Eckhard Tests vor. "Ich bin meinem Team sehr dankbar, dass es mir dafür den Rücken freihält. Und ich bin froh, so einen Beitrag leisten zu können, um die Pandemie in den Griff zu bekommen."

Auch die Bürgertests würde er gerne machen. "Aber die Verordnung fehlt noch", meinte er am Dienstagmorgen – also einen Tag nachdem die Tests eigentlich schon für alle möglich sein sollten. Es gebe eine größere Nachfrage nach den kostenlosen Tests, sie seien auch am Markt verfügbar – handeln kann Pretzsch-Eckhard nur bedingt, denn nicht jeder möchte die Kosten dafür selbst tragen oder hat einen Berechtigungsschein. "Ich würde mir grundsätzlich wünschen, dass es eine richtige Strategie gibt. Und dass man das Angekündigte auch umsetzen kann." Bei der Verteilung der FFP2-Masken sei es ähnlich gewesen: Innerhalb von wenigen Tagen sollten die Apotheker darauf vorbereitet sein, Menschen mit diesen Masken auszustatten. "Das war sehr kurzfristig, und da hat die Kommunikation nicht funktioniert. Bei den Bürgertests ist es ähnlich, und auch da funktioniert es einfach nicht."

Er selbst hat sich Ende Dezember recht zügig auf die Einrichtung eines Testzelts einstellen können. "Tests waren verfügbar, das Zelt war in zwei Tagen da, und die Schulung der Landesapothekerkammer war auch schnell absolviert", berichtet der Apotheker. Aber nicht jede Apotheke habe das Personal und den Platz, um die Schnelltests vorzunehmen. "Es gibt immer wieder Überlegungen, die dann kurzfristig umgesetzt werden sollen. Wie das gehen soll, weiß aber keiner", fasst Pretzsch-Eckhard zusammen.

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Schnelltests sind möglich, kostenlos sind sie noch nicht (für alle). Foto: Stephanie Kern

Eine Hausärztin aus dem Neckar-Odenwald-Kreis, die ihren Namen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte, kann die kostenfreien Bürgertests auch (noch) nicht anbieten. "Es ist nicht so einfach, weil es noch keine eindeutigen Regelungen gibt", erklärt sie. So werden die Tests in ihrer Praxis vorerst nur für Berechtigte und als Privatleistung angeboten. "Es kommen aber sehr viele Nachfragen", erzählt die Medizinerin. Gespräche, die das Praxisteam nun zusätzlich führen muss.

"Bevor man so etwas öffentlich macht, sollte man klare Regelungen aufstellen", ist sie überzeugt. Das Versprechen, dass jeder Bürger einmal die Woche getestet werden kann, sei so ohnehin nicht umsetzbar. Deshalb wird die Ärztin den kostenlosen Selbsttest auch nur den eigenen Patienten anbieten – selbst da wird es nicht möglich sein, alle einmal pro Woche zu testen. "Ansonsten machen wir nichts anderes mehr."

Gunther Leibfried ist Allgemeinmediziner in Neckarelz. "Wir werden die Schnelltests für unsere Patienten anbieten. Das können wir organisatorisch mit Mühe und Not schaffen", sagt er. "Ich hätte mir mehr Vorlaufzeit gewünscht – und dass man vorher mit uns spricht und uns fragt, was wir leisten können." In die Verfahren werde man nicht eingebunden, bekomme dann Entscheidungen präsentiert, die man dann umsetzen müsse.

In der Praxis von Thomas Ulmer in Neckarelz gibt es ebenfalls noch keine Schnelltests. "Wir müssen es erst einmal logistisch aufarbeiten." Dass die Ärzte nun Schnelltests anbieten sollen, habe er – wie viele andere – aus der Zeitung erfahren. Für ihn steht fest: "Wir bieten es an, wenn es sich logistisch einrichten lässt."

Daniel Körting ist Allgemeinmediziner in Waldbrunn. Seine Praxis ist auch Corona-Schwerpunktpraxis; PCR- und Schnelltestabstriche sind an der Tagesordnung. Die kostenlosen Bürgertests wird er aber nicht anbieten. "Erstens haben wir auch noch viele andere Patienten zu versorgen, zweitens müssen wir für die Tests in Vorleistung gehen." Und das, was die Ärzte dann dafür bekommen, deckt nicht einmal den Einkaufspreis – geschweige denn den Aufwand, den Körting damit hätte, die Schnelltests für alle anzubieten. "Es ist nicht kostendeckend und unwirtschaftlich", lautet Körtings Urteil. "Die Versorgung der Patienten, die Behandlung der Krankheiten hat Vorrang."

Weiterhin anbieten will er in seiner Praxis die PCR-Abstriche und die Schnelltests für Menschen mit Berechtigungsschein. "Auch das machen wir schon zusätzlich zu unseren normalen Aufgaben", betont Körting. Übrigens: Am Dienstagnachmittag gab es dann wohl doch noch eine Direktive, wie die Bürgertests für alle abgerechnet werden können. Bis überall Klarheit herrscht, bis an mancher Stelle getestet werden kann, wird es aber noch Geduld brauchen ...

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