Der erste Schnee fällt, das Salz "greift"
Der Wintereinbruch hält vielerorts Straßenmeisterei und Bauhof auf Trab. Die Polizei meldet einige Unfälle, die Feuerwehren sind jedoch kaum gefordert.

Neckar-Odenwald-Kreis. (schat/jam) Gute Seiten, schlechte Seiten – der erste Wintereinbruch kam in der Region durchaus unterschiedlich an. Während sich der zarte Schneefall am vergangenen Wochenende und am Montag noch auf den Hohen Odenwald und seine Ausläufer beschränkt hatte, schneite es am gestrigen Dienstag auch in tieferen Lagen, meist von kräftigem Wind begleitet. Die weiße Pracht war zwar nicht überall von Dauer, auf den Straßen sorgte sie aber dennoch über geraume Zeit für Schwierigkeiten und Behinderungen. Abseits der Wege und geplagter Verkehrsteilnehmer malten Schnee und Wind im Zusammenspiel mitunter tolle Bilder.
"Niemand denkt an uns, wenn er nicht gerade feststeckt"
Weniger mit malerischer Atmosphäre als vielmehr mit Kampf brachte man ein im Hohen Odenwald die ersten Schneefälle der Saison in Verbindung. "Wir haben in der Tat gut zu tun", gab am gestrigen Dienstagvormittag auf Nachfrage der RNZ der Bauhofleiter der Gemeinde Waldbrunn, Marko Stephan, eine Momentaufnahme des Winterdienstgeschehens weiter. Ab 4 Uhr in der Früh war das krankheitsbedingt schwer dezimierte Bauhofteam in etlichen Ecken der Gesamtgemeinde gefordert. Erst recht, nachdem ab 5 Uhr wieder neuer Schneefall einsetzte. Hier ein Laster, der im Schneetreiben nicht mehr weiterkam, da ein Bus, der sich festgefahren hatte. Auf den zahlreichen Steigungs- und Gefällestrecken auf den Kreis- und Landesstraßen in und um Waldbrunn ging in den Morgenstunden vielfach nichts mehr, bis die Männer vom Bauhof mit ihren Fahrzeugen den Weg wieder einigermaßen frei machten. "Problem war diesmal der Wind bzw. die Schneeverwehungen, die daraus entstanden sind", erklärt Stephan. Aus drei Zentimetern Schnee auf der Straße konnten dann überraschend ein paar Meter weiter schnell mal 30 werden, für manchen Verkehrsteilnehmer zum Weiterkommen zu viel.
Sattelzüge standen quer
Immerhin: Größere Unfälle blieben nach Informationen der Polizei aus. Unter anderem verletzte sich ein 18-Jähriger bei Mudau, als sein Auto aufgrund der Glätte gegen einen Baum prallte. Zahlreiche Lkw konnten etwa in Buchen, Mosbach, Osterburken, Obrigheim und Schefflenz aufgrund von Glätte nicht weiterfahren oder scheiterten an Anstiegen. Einige Sattelzüge standen quer auf der Fahrbahn und mussten geborgen werden. In Limbach blieb ein Schulbus mit circa 40 Schülern stecken und musste auf ein Streufahrzeug warten.
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In Mudau, Limbach, Fahrenbach, Waldbrunn und Elztal rutschten Pkw, Transporter, Lkw und ein Bus in den Graben. Ein Autofahrer kam daraufhin ins Krankenhaus. Auffahrunfälle ereigneten sich in Aglasterhausen und Limbach. In Waldbrunn kippte ein Lkw um, und ein Autofahrer überfuhr eine Verkehrsinsel.
"Ein umgestürzter Baum bei Fahrenbach, der die Fahrbahn blockierte, war der einzige Einsatz, bei dem die Feuerwehr eingreifen musste", teilte Kreisbrandmeister Jörg Kirschenlohr der RNZ mit. Er rechnete am Nachmittag damit, dass der Regen, der am Dienstagnachmittag vielerorts den Schnee ablöste, noch bis in die Nacht hinein zu Schneebruch führen könnte. Dementsprechend genau beobachteten die Feuerwehren im Kreis das Wetter und hielten sich einsatzbereit, um eventuell herabfallende Äste oder entwurzelte Bäume zeitnah zu beseitigen.

Walldürner Bauhof war gewappnet
Deutlich entspannter sah man in Walldürn dem ersten Schneetreiben entgegen. "Wir hatten ja schon am Sonntag damit gerechnet", berichtet Bauhofleiter Armin Baumann der RNZ. "Von daher waren wir gut vorbereitet." Zum Dienstbeginn um 3.30 Uhr ließ sich noch keine Schneeflocke blicken, gegen halb 6 war es dann aber auch in der Wallfahrtsstadt endlich so weit. Endlich, denn: "Normalerweise geht es bei uns schon früher los", spricht der Walldürner Bauhofleiter aus Erfahrung.
Er hat vor allem in den vergangenen Wintern einige Wetterkapriolen beobachtet. "Früher dauerte der Winter noch zuverlässig von Mitte November bis März", erinnert sich Baumann zurück. Seit einigen Jahren erwarte seine Leute in der eigentlich so kalten Jahreszeit jedoch jeden Tag ein anderes Wetter. "Die Voraussagen werden immer schwerer", sagt er.
Dank dem Einsatz der sieben Bauhofmitarbeiter, die pro Schicht auf den innerörtlichen Straßen unterwegs sind, blieb Walldürn jedoch bis zum Ende des Schneetreibens in der Nachmittagszeit von "untypischen" Ereignissen verschont. "Es hat null Grad, das Salz greift", erklärt Baumann, wieso das befürchtete Verkehrschaos zum Wintereinbruch in der Wallfahrtsstadt ausblieb. Dass seine Truppe die Walldürner Straßen so effektiv räumt, treibt zum Teil seltsame Blüten. So hat sich eine Einwohnerin, die aus den Vorjahren schneefreie Straßen zum Arbeitsbeginn gewohnt ist, gegenüber einem Bauhofmitarbeiter darüber gewundert, dass es in Walldürn überhaupt einen Winterdienst gibt. Es zeigt sich also: Beim Winterdienst greift das gleiche Präventionsparadox wie bei den Corona-Maßnahmen. Sind sie effektiv, zweifeln hinterher viele daran, ob sie überhaupt notwendig sind.
Bauhofleiter Baumann kennt dieses Problem: "Kaum jemand verschwendet einen Gedanken an unser Geschäft, wenn er nicht gerade irgendwo im Schnee feststeckt." Dabei würde etwas Umsicht seinem Team die Arbeit erheblich erleichtern. So appelliert er an alle Bürger, bei drohendem Schneefall so zu parken, dass die breiten Schneepflüge alle Straßen befahren können. Davon profitieren dann auch die Nachbarn, denn: Wenn jemand den Gehweg oder die Straße für den Winterdienst blockiert, gibt es eine klare Vorgabe von oben: "Umdrehen und die nächste Straße freiräumen!", erklärt Baumann.
Prioritäten setzen
Ebenfalls nicht überraschend, dafür aber herausfordernd gestaltete sich der Start in die Schneesaison für die Straßenmeistereien des Neckar-Odenwald-Kreises. Mit Blick auf die Wetterprognose waren zwölf Fahrzeuge bereits am vorgestrigen Montagabend unterwegs, um die Straßen abzustreuen. Am gestrigen Dienstagmorgen waren die Fahrzeuge dann wiederum ab 3 Uhr unterwegs. Der eigentliche Schneefall fiel dann allerdings mit dem Berufsverkehr zusammen, was das Räumen der 760 Kilometer Kreis-, Landes- und Bundesstraßen in der Zuständigkeit der Meistereien sogar mit Unterstützung von Fremdfirmen erheblich erschwerte.
"Bei einem so ausgeprägten Schneefall und einem starken Wind muss immer mit Behinderungen durch Schneereste oder geschlossene Schneedecken gerechnet werden", betont Harald Steinbach, der Leiter des Fachdiensts Straßen. Selbst mit den maximal einsetzbaren Fahrzeugen benötigten die Mitarbeiter je nach Strecke bis zu zwei Stunden für einen Rundkurs bei der Räumung beider Fahrspuren. "Das bedeutet, bis das Fahrzeug wieder am Ausgangsort seiner Route angekommen ist, kann die Fahrbahn mitunter erneut komplett verschneit sein. Zudem müssen wir die Priorität auf stark befahrene Straßen setzen", erklärt Steinbach. Die Straßenmeistereien appellieren in diesem Zusammenhang insbesondere an Fahrer von Sattelzügen, bei Einsetzen von Schneefall das Fahrzeug sicher am Fahrbahnrand zu parken und den Winterdienst abzuwarten.