Nur noch drei Isolationsbetten frei
Mehr als 1000 Covid-Patienten und Verdachtsfälle wurden seit Pandemiebeginn in den Neckar-Odenwald-Kliniken behandelt. Aktuell ist die Lage auch hier angespannt.

Neckar-Odenwald-Kreis. (lra/stk) Mehr als 1000 Fälle mit Sars-CoV-2 oder Verdachtsabklärung wurden bisher in den Krankenhäusern in Mosbach und Buchen behandelt. Das gab das Landratsamt am gestrigen Freitag in einer Pressemitteilung bekannt. Am Freitagvormittag lag die Zahl um 10 Uhr bei 1010 Patienten. Auf diese Zahl weist die ärztliche Klinikleitung hin, um die enormen Leistungen in der Pandemiebekämpfung zu unterstreichen.
Ganz aktuell sei die Situation an beiden Klinikstandorten im Kreis sehr angespannt: Am Standort Buchen werden derzeit 17 Positivfälle und zehn Verdachtsfälle auf den beiden Isolierstationen behandelt; nur 3 der 30 Isolationsbetten sind noch frei. Aktuell gibt es am Standort Buchen keinen Corona-Fall auf der Intensivstation, es sind aber dennoch ein Beatmungsplatz sowie ein "Intermediate-Care-Bett" (IMC) belegt. Somit sind in Buchen zwei Beatmungsplätze und zwei IMC-Betten verfügbar.
In Mosbach gibt es 19 Positivfälle, von denen 16 auf den Isolierstationen behandelt werden. Von sieben Verdachtsfällen befinden sich sechs ebenfalls auf der Isolierstation. Drei der Positivfälle und ein Verdachtsfall liegen auf der Intensivstation. Beatmet werden ein positiv getesteter Patient sowie der Verdachtsfall. Alle 22 Isolationsbetten in Mosbach sind derzeit belegt. In Mosbach sind aktuell alle vier Beatmungsplätze belegt, und auch die IMC-Betten sind komplett belegt. Nicht alle dieser Patienten sind an Covid-19 erkrankt.
Die Zahl der Isolationsbetten wurde in den vergangenen Wochen auf 52 gesteigert. Sie könne ebenso wie die Zahl der Intensivbetten nach den Worten des Ärztlichen Leiters und Chefarztes der Anästhesie, Harald Genzwürker, bei einem weiterem Anstieg der Fallzahlen notfalls erhöht werden, wenn sämtliche geplanten Operationen verschoben werden. "Die Neckar-Odenwald-Kliniken haben in den vergangenen Wochen und Monaten dank ihrer engagierten Pflegekräfte, Ärzte und sonstigen Mitarbeiter fast übermenschliche Anstrengungen unternommen, um in dieser schweren Zeit den Menschen in der Region medizinisch und oft genug auch menschlich zur Seite zu stehen. Dafür gebührt allen Beteiligten großer Dank und Anerkennung", sagte Genzwürker.
Eine Infektion mit Sars-CoV-2 wurde in 168 Fällen bestätigt – 107-mal in Buchen und 61-mal in Mosbach. Das durchschnittliche Alter der positiv getesteten Patienten lag bei 71 Jahren und reichte von 21 bis 100 Jahren. Die Behandlungsdauer von insgesamt über 8100 Pflegetagen lag pro Fall bei durchschnittlich 8,1 Tagen, im Einzelfall zwischen einem und bis zu 52 Tagen. Das durchschnittliche Alter der 19 in Buchen und 13 in Mosbach verstorbenen Patienten lag bei 83 Jahren und reichte von 68 bis 100.
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Der diagnostische, therapeutische und pflegerische Aufwand bei der Bekämpfung der Pandemie ist immens, wie Harald Genzwürker betont. In jedem einzelnen Fall – also auch bei der Verdachtsabklärung bis zur Aufhebung der Isolation und eben nicht nur bei den positiv getesteten Patienten – sei der Aufwand an Schutzkleidung und Isolationsbetten identisch. Wichtig ist den Klinik-Verantwortlichen aber noch ein anderer Aspekt: Der große Aufwand für die Versorgung der Corona-Patienten mache nur knapp ein Achtel der insgesamt über 69.000 Pflegetage aus, die an beiden Klinikstandorten in diesem schwierigen Jahr bisher erbracht wurden.
Auch Aufsichtsratsvorsitzender und Landrat Achim Brötel weist anlässlich des Überschreitens der 1000-Patienten-Marke erneut auf die unerlässliche Rolle der Klinken bei der Pandemiebekämpfung hin: "Ich habe größte Hochachtung vor dem, was in den Neckar-Odenwald-Kliniken tagein tagaus geleistet wird. Ärztinnen und Ärzte, Krankenschwestern und Krankenpfleger und viele andere bieten dem Virus dort unter schwierigsten Bedingungen die Stirn. Umso unverständlicher ist es mir deshalb, dass uns der Bundesgesetzgeber auch jetzt wieder einmal im Regen stehen lässt. Keine Freihaltepauschale, kein Ausgleich. Die komplette Basis-Notfallversorgung in der Fläche bleibt mit einem Federstrich außen vor. Die warmen Amtsstuben des Bundesgesundheitsministeriums sind offenbar Lichtjahre von der Realität entfernt. Für mich ist und bleibt das schlicht ein Skandal. Vor Ort sind wir uns aber trotzdem einig: Jetzt erst recht! Die Neckar-Odenwald-Kliniken werden die Menschen in der Region nicht im Stich lassen. Es reicht schon, dass die Politik uns immer wieder im Stich lässt."
Die deutschen Intensivmediziner appellieren derweil an die Politik, unverzüglich zu handeln. "Jeder weitere Tag ohne durchgreifende und nachhaltige Lockdown-Maßnahmen kostet Menschenleben", sagt der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), Uwe Janssens. "Ein Zögern und Warten auf Weihnachten ist schier unverantwortlich", so Janssens, der auch Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Internistische Intensivmedizin am St.-Antonius-Hospital in Eschweiler ist.



