Mit Breakdance statt Drogen Selbstwertgefühl stärken
Der Jugendgemeinderat befasste sich mit der Situation rund um das Quartier an der Bachmühle und den Radwegen.

Von Brunhild Wössner
Mosbach. Musik aus dem Imagefilm für die Stadt sorgte für einen lockeren Einstieg in eine lange Tagesordnung. Bei der jüngsten Sitzung des Mosbacher Jugendgemeinderats wartete auf die Anwesenden jedenfalls eine Menge Arbeit. "Eigentlich ist es ein Programm für zwei Sitzungen", so Oberbürgermeister Julian Stipp, der sich am Ende freute, es nach gut anderthalb Stunden geschafft zu haben. Eine "sehr effiziente Sitzung", lautete sein abschließend positives Urteil.
Zunächst wurde die Initiative "Real-Life" vorgestellt. Immanuel Böker und Jonathan Böke, Bildungsreferent der Evangelischen Stadtmission, machen sich Sorgen, dass vielen Jugendlichen die "Hoffnung abhandengekommen ist und die sich noch an keine Gruppe oder Aktivität angedockt" hätten.
Diese Entwicklung habe sich in den letzten zehn Monaten noch verstärkt. Die Jugend brauche mehr reale Erlebnisse, für die ein Einstieg mit niederschwelligen Angeboten geschaffen werden solle. Sehr gute Erfahrungen habe man mit Beachvolleyball im Gartenschaugelände oder mit Turnieren im Rahmen eines Spielefestes gemacht.
Zum Ausbau der Aktivitäten möchte man eine in die Jahre gekommene Halle unter Mithilfe von Jugendlichen, die teilweise auch sozial benachteiligt sind, ausbauen. Dazu sind Kooperationsprojekte mit der Hardbergschule, der DHBW oder mit dem Jugendhaus Mosbach geplant. Bezüglich der Halle sicherte Stipp Klärung zu, "wie man hier ins Gespräch kommen" könne.
Auch interessant
Auch Volker Schwende, der ehemalige stellvertretende Schulleiter der Meister-Ekkehard-Schule in Buchen, befasste sich mit den Herausforderungen und Chancen des "wirklichen Lebens". Er war als Referent im Zusammenhang mit dem Thema "Quartier an der Bachmühle" gekommen. In der Gegend zeigten schon verstärkt Polizei und Ordnungsamt Präsenz.
Manch einer stößt sich dort am Verhalten von Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Von Ruhestörung über die Erregung öffentlichen Ärgernisses bis zur Bedrohung reichte das Spektrum der Beschwerden. Jetzt sollte in der Sitzung des Jugendgemeinderates überlegt werden, wie künftig ein weniger gespanntes Miteinander zu gewährleisten sei.
Schwende berichtete in diesem Zusammenhang von seinem höchst erfolgreichen Breakdance-Projekt in Buchen. Der Altkreis Buchen hatte zu Schwendes aktiver beruflicher Zeit ein Drogenproblem unter Jugendlichen, das durch verstärkte Zuwanderung akzentuiert wurde. Die Lage geriet schließlich dermaßen außer Kontrolle, dass sich das Land Baden-Württemberg gezwungen sah, die Soko "Schneewind" ins Leben zu rufen.
In dieser Situation sann Schwende über Möglichkeiten nach, das Problem an der Wurzel zu bekämpfen, um das Selbstwertgefühl der Jugendlichen auf andere Weise als mit Drogen zu stärken. Seine Idee bestand darin, Breakdance direkt vor Ort in der Schule anzubieten. Auch ein niederschwelliges Angebot, das bis heute enorm erfolgreich läuft. Schwende ist immer noch Organisator und Ansprechpartner.
Er betonte, wie wichtig es sei, diese Angebote öfter als einmal die Woche abzuhalten. Nach einer gewissen Zeit ließ sich feststellen, dass sich gerade die besonders problembehafteten Jungs besser verhielten, wenn sie in dieser Gruppe waren.
Die Mitglieder des Jugendgemeinderates zeigten sich von Schwende und seinen Schilderungen sehr beeindruckt. Auch OB Stipp nahm Impulse direkt auf und versprach, das Thema "Streetworking" gleich mit Projektangeboten zu verbinden, sobald dieses angeschoben sei.
Zuvor hatte Jürgen Ehler, Abteilungsleiter Personal und Organisation, kräftig die Werbetrommel für die Stadt als Arbeitgeber gerührt. Die Stadt Mosbach bietet jungen Menschen eine breite Palette an Möglichkeiten – von Schnupperangeboten wie Praktika bis zum Einstieg in die Berufsausbildung. Julian Stipp wollte danach von den jungen Gemeinderäten wissen, was in ihren Augen heute nötig sei, um als Arbeitgeber attraktiv zu sein und wo man werben müsse, um die Jugendlichen zu erreichen. Und so erfuhr er gewissermaßen aus erster Hand, dass für diese eine "sinnstiftende Tätigkeit" das Wichtigste sei. Instagram würde als Plattform für Werbung in diese Richtung "gerade noch gehen", über Tik Tok sei das schon schwieriger.
Mit einem Vorschlag aus dem realen Leben stellte sich auch die "FirstLegoLeague" (FLL) aus Obrigheim vor. In jedem Jahr gilt es, ein konkretes Problem in der Gesellschaft zu lösen. 2023 lautet der Forschungsgegenstand "Energie". Die FLL hat sich dabei zum Ziel gesetzt, Einsparpotenzial an den Schulen zu identifizieren. Licht konsequent auszumachen, wenn es nicht benötigt wird, oder den Beamer abschalten statt ihn nur in den Stand-by-Modus zu versetzen, ist einfach umsetzbar und bringt einiges.
Damit dieses Ziel tatsächlich erreicht wird, schlugen die Schüler der FLL auch Anreize vor: Die eingesparten Energiekosten sollten zumindest teilweise dem Etat der entsprechenden Schule zufließen und nicht im städtischen Haushalt anderweitig "versacken". Stipp regte an, die eingesparten Kosten sogar gezielt den einzelnen Klassen zukommen lassen. Das fand auch die einstimmige Zustimmung der Jugendgemeinderäte.
Ein wichtiges Thema der Jugendgemeinderäte sind die Radwege, besonders die Situation um die Schulen bezeichnen sie als "teilweise katastrophal". Um die Belange der Jugend in der Waldstadt ging es danach. Die Stadt organisiert dort am 26. Februar in der Turnhalle ein "World Café", in dem mit Beteiligung der Jugendlichen geklärt werden soll, was sie im Stadtteil vermissen und was sie benötigen.
Die Jugendgemeinderäte sollen dabei als Moderatoren mitmachen. Auch für die Mosbacher Kernstadt soll es diese Veranstaltung am 29. April geben. Registriert wurde von Stipp ein Kritikpunkt am Jugendgemeinderat in Mosbach, dass nur Personen gewählt werden können, die in Mosbach wohnen und nicht solche, die in Mosbach zur Schule gehen. Da das letzte Spielefest gut angenommen worden sei, wird es in diesem Jahr wieder stattfinden.
Der Jugendgemeinderat regte seinerseits ein gemeinsames Frühstück in Kooperation mit der Johannes-Diakonie an.Einstimmig wurden Erik Brunner und Quirin Peters als Vertreter für den Arbeitskreis Fairtrade-Town bestimmt und zu guter Letzt begrüßte der Jugendgemeinderat den Schulversuch G9 am Auguste-Pattberg-Gymnasium in Neckarelz.