Unwetter im Neckar-Odenwaldkreis: "Bei jedem Tropfen zittert man"

Nach den Unwettern wird weiter aufgeräumt und aufgebaut – Der Sickersaft der Sondermülldeponie musste umgepumpt werden

31.05.2016 UPDATE: 01.06.2016 06:00 Uhr 3 Minuten, 6 Sekunden

Das Rückhaltebecken für den Sickersaft konnte die anfallenden Wassermassen nicht mehr aufnehmen. Landratsamt und Regierungspräsidium schafften mit Fässern Abhilfe. "Es ist nichts ausgelaufen", sagte gestern Kreisbrandmeister Jörg Kirschenlohr. Foto: Peter Lahr

Von Stephanie Kern

Neckar-Odenwald-Kreis. Die einen räumen noch auf, bei den anderen wird schon Bilanz gezogen: Der Kreis wurde am Wochenende gleich zweimal von schweren Unwettern getroffen. Und während man in Waldbrunn und Neckargerach schon langsam wieder an den Wiederaufbau denkt, war man in Allfeld gestern noch mit Freiräumen beschäftigt.

"Es gab keine Möglichkeit, zu reagieren", fasste Kreisbrandmeister Jörg Kirschenlohr die schweren Unwetter am Samstagabend und am späten Sonntagabend zusammen. Besonders heftig sei die Geschwindigkeit gewesen, mit der das Wasser kam. Dagegen sei das Hochwasser entlang des Neckars "ganz entspannt" abgelaufen. Besonders in Allfeld, wo gestern "noch richtig gearbeitet" wurde (Kirschenlohr), kam man aber nicht so glimpflich davon: Dort wurde auch in nicht unerheblichem Ausmaß die Kläranlage beschädigt. Und das zieht auch Konsequenzen für die Sondermülldeponie in Billigheim nach sich. "Ich kann nur sagen, dass nichts ausgelaufen ist. Aber die Gefahr war da", bestätigt Jörg Kirschenlohr auf Nachfrage. Denn der starke Niederschlag habe das Rückhaltebecken für den Sickersaft bald an seine Grenzen gebracht. 20 Kubikmeter Wasser fasst es normalerweise pro Tag, bevor es gereinigt und an die Kläranlage abgegeben wird. Am Sonntag waren es bis zu 50 Kubikmeter Wasser pro Stunde.

"Wir hätten vom Betreiber unterrichtet werden müssen, wurden aber vom Landratsamt informiert", sagt Uwe Herzel, Pressesprecher des Regierungspräsidiums Karlsruhe. Das ist Aufsichtsbehörde für die Sondermülldeponie, und daher muss das RP informiert werden, wenn es Störungen gibt. "Da laufen Gespräche, um für die Zukunft sicher zu stellen, dass die Kommunikationswege funktionieren", so Herzel weiter. Die Güllegemeinschaft Neckar-Odenwald-Kreis sowie die Feuerwehr Miltenberg unterstützen die Einsatzkräfte vor Ort mit großen Behältnissen, um das überschüssige Sickerwasser aufzunehmen. "Das ist eine Selbstverständlichkeit, dass wir da helfen", erzählt Walter Leibfried vom Maschinenring Mosbach. Inzwischen wird das Sickerwasser mit Fahrzeugen abtransportiert, um für neue Regenfälle Kapazitäten zu schaffen.

Die Lage in Allfeld direkt nach der Sturmflut nannte Billigheims Bürgermeister Berberich "dramatisch": Der "Schloßberg" wurde weggespült, der Straßenaufbau lag in der Ortsdurchfahrt. Die sollte gestern wieder für den Verkehr frei gegeben werden. "Es gab viele Helfer und einen großen Zusammenhalt", lobte Berberich die Hilfsbereitschaft. Auch der Friedhof in Billigheim wurde durch die Wassermassen beschädigt: Es wurden einige Gräber zerstört, das Urnengrabfeld wurde überspült. Auch zwei Urnen riss es aus dem Boden, wie Berberich berichtet. "Die Hochwasser-Maßnahmen haben nicht so gegriffen, wie sie sollten, weil das Wasser von allen Seiten und sehr schnell kam", erklärt der Bürgermeister noch. "Dieser Ausnahmefall war gar nicht erkennbar."

Auch interessant
: Helfer zu mehr als 2200 Einsätzen gerufen
: Unwetter "Elvira": Schäden sofort der Versicherung melden

Auch Dallau hat es beim zweiten Unwetter am Wochenende hart getroffen. Der Talweg ist ein "Totalschaden", so Bürgermeister Marco Eckl, der (erst am Samstag eingeweihte) neue Schlossplatz wurde im vorderen Bereich in Mitleidenschaft gezogen, daneben haben natürlich auch einige Privatleute Schäden zu vermelden. Das Wasser schoss vom Talweg kommend über die Kreuzung B 27 in die Dorfstraße und suchte sich seinen Weg in die Elz. Dabei rissen die Wassermassen auch Autos mit sich. Nun soll so schnell wie möglich der Talweg provisorisch repariert werden. "Die Feuerwehr hat bis an die Grenze der Belastbarkeit und darüber hinaus gearbeitet", zeigt sich Eckl stolz auf die Helfer und auch auf die vielen Privatleute, die in den vergangenen zwei Tagen mit anpackten. Die Wehrmänner hat es dabei doppelt getroffen: Am Samstagabend eilten sie den Schollbrunnern und Neckargerachern zu Hilfe. Am Sonntag waren sie gerade unterwegs nach Billigheim, um dort Hilfe zu leisten, als sie zum Notfall nach Dallau zurückbeordert wurden. "Da kann man nur den Hut ziehen", so Eckl.

Dem stimmen auch die Bürgermeister aus Waldbrunn und Neckargerach, Markus Haas und Norman Link, zu. In Neckargerach versucht man nun, sich "Stück für Stück ein Bild zu machen". Auch von den Schäden, die man vielleicht auf den ersten Blick nicht sieht. Die Odenwaldstraße und die Friedensstraße bleiben weiterhin gesperrt, auch der Gemeindeverbindungsweg nach Lauerskreuz (erst vier Jahre alt) ist nur beschränkt befahrbar. "Es sind nur materielle Schäden, aber es wird einige Zeit dauern, sie zu beseitigen", so Norman Link. Auch am Neckar und am Seebach habe es erhebliche Schäden gegeben. "Die Nächte waren unruhig, bei jedem Tropfen zittert man", beschreibt er die Gefühlslage in den betroffenen Orten.

Auch in Schollbrunn sehe man "natürlich noch Schäden", so Markus Haas. Am Freitag wird es eine Straßensammlung der AWN geben, damit die Anwohner ihren Müll fortschaffen können. Die Straße zwischen Weisbach und Schollbrunn bleibt gesperrt. Für die Gemeinde stehe nun eine erste Kostenabschätzung an. Bei der Schadensbeseitigung hofft Haas auf (finanzielle) Hilfe von der Landesregierung.

Die Landtagsabgeordneten Georg Nelius (SPD) und Peter Hauk (CDU) machten sich auch ein Bild von der Lage. "Beeindruckend fand ich die Art und Weise, wie die Dorfgemeinschaft zusammen stand", schildert Nelius seine Eindrücke aus Allfeld. "Das Land muss und wird den Kommunen als starker Partner bei der Bewerkstelligung der Folgen zur Seite stehen", verspricht Hauk.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.